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Glückliches Ende für „Bruno aus Bangkok“

Nussknacker Bruno steht seit 2003 zur Adventszeit am Landesmuseum. Foto: IBR
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Der Nussknacker vom Weihnachtsmarkt hat das Zeug dazu, als Braunschweiger Original in die Geschichtsbücher unserer Stadt einzugehen.

Wie das Weihnachtsmärchen im Staatstheater und der Weihnachtsmarkt selbst zählt der „Nussknacker Bruno“ längst zu den Wahrzeichen der  Braunschweiger Weihnacht. Doch kaum jemand wird noch wissen, dass er einst als „unerwünschter Ausländer“ nach Braunschweig kam. Seine Geschichte begann nämlich 2003 mit einer amtlichen Aufenthaltsverweigerung der Stadtverwaltung. Es war eine lange Geschichte, bis er seinen Platz in der Adventszeit am Braunschweigischen Landesmuseum fand. Der 5,95 Meter hohe lustige Geselle wiegt ohne sein Gestell stolze 6500 Kilogramm.

Unter den Figuren auf dem Weihnachtstisch ist der Nussknacker die gewichtigste Figur, uns heute meist bekannt als König Nussknacker mit Krone, Bart und großem, aufklappbarem Mund. Dieser „klassische“ Nussknacker in der Gestalt eines Königs entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach dem bekannten Buch des Arztes und Schriftstellers Heinrich Hoffmann (1809 – 1894), dem Autor des weltbekannten „Struwwelpeter“ (1848). In seinem Buch „König Nussknacker und der arme Reinhold“ hat er diese einprägsame Figur geschaffen und ein literarisches Denkmal gesetzt, auch wenn es eine sehr sozialkritische Betrachtung war. Zuvor hatte E.T.A. Hoffmann in seinem Kindermärchen „Nussknacker und Mäusekönig“ die Figur auf ein literarisches Podest gehoben, während Peter Tschaikowskys „Nussknacker-Suite“ erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Darin siegt in einem Traum der Nussknacker-Prinz über den Mäusekönig.

Seit dem 16. Jahrhundert

Figürliche Nussknacker heute stammen aus dem Erzgebirge und werden in vielfältigen Formen hergestellt und geliefert. Erstmals entstanden solche Nussknacker-Figuren aber im 17. Jahrhundert im Grödner Tal in Südtirol. Gelegentlich liest man auch, dass bereits seit dem 16. Jahrhundert aus Berchtesgaden Nussknacker ihre Wanderung mit fahrenden Händlern angetreten haben. Ihnen folgten die Thüringer Spielzeuggestalter im frühen 19. Jahrhundert.

Der monumentale Nussknacker vom Braunschweiger Weihnachtsmarkt war jedoch aus Bangkok eingereist, hatte keine rechtsgültigen Papiere, wie etwa Sondernutzungsgenehmigung oder Standgenehmigung. Für die städtischen Behörden galt er als Monstrum, das nicht „zur städtebaulich herausragenden Bebauung rund um den Weihnachtsmarkt mit Dom, Burg und Löwe und Rathaus“ gehörte.

 

Initiative der Schausteller

Wie aber kam „das Monstrum“ nach Braunschweig? Dieser Nussknacker entstand einst als Idee des Schaustellers Frank Berweke, unterstützt vom damaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Schaustellerverbandes Braunschweig, Stefan Franz und Thomas Bronswyk. Franz Berweke hatte nach einem Bangkok-Urlaub dort die Herstellung in Auftrag gegeben. Als Vorlage zur Anfertigung diente eine Miniaturfigur aus dem Erzgebirge. Sponsoren brachten die Kosten von 30.000 Euro auf und nach einer dreimonatigen Schiffsreise kam der monumentale Nussknacker im November 2003 in Braunschweig an. Geplant war, ihn zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes als neue Attraktion aufzustellen. Doch dann begannen die Probleme. Von der Stadtverwaltung wurde der Nussknacker nicht etwa als „Neubürger“ begrüßt, sondern umgehend zur unerwünschten Person erklärt. Die Schausteller waren entsetzt und zutiefst enttäuscht und suchten Hilfe.

Am 22. November berichtete erstmals die Braunschweiger Zeitung über diesen Fall und schnell boten Städte wie Wolfsburg, Goslar, Gifhorn oder Essen an, ihn aufzunehmen, hatten sie doch sofort die Werbewirksamkeit des Zuwanderers erkannt. Am Montag, dem 24. November 2003, kam es zum Ortstermin „Vor der Burg“ mit Vertretern der Stadt und Schaustellern. Es war nicht zu überhören, wie heftig die Argumente ausgetauscht, Paragraphen zitiert, Durchfahrtbehinderungen diskutiert und fehlende Dokumente kritisiert wurden.

Kompromiss gefunden

Als damaliger Direktor des Landesmuseums versuchte ich einen Kompromissvorschlag zu machen, nämlich den Nussknacker nahe am Vieweghaus, „in den Hoheitsbereich des Landesmuseums“ zu rücken, ihm also hier „Asyl“ zu bieten. Ich werde nie vergessen, wie dieser Vorschlag völlig überraschend allgemein (erleichterte) Zustimmung fand und die Stadtverwaltung umgehend unbürokratisch ihre Genehmigung erteilte.

Schon am Mittwoch, dem 26. November, morgens um 9.30 Uhr wurde der Nussknacker in der Straße „Vor der Burg“, unmittelbar beim Seiteneingang des Vieweghauses aufgestellt und war bereits bei der abendlichen Weihnachtsmarkteröffnung zu einer beliebten Attraktion für die Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsmarktes geworden.

Drei Tage später hatte die „Namenssuche“ der Braunschweiger Zeitung einen weiteren überwältigenden Erfolg. Ungeheuer viele Menschen beteiligten sich und etwa jeder Dritte wählte unter neun Vorschlägen den Namen „Bruno“ aus. Seitdem steht „Bruno“ auf dem Weihnachtsmarkt an der Stelle seines ursprünglichen Asyls am Vieweghaus. „Bruno der Nussknacker“ hat das Zeug dazu, als Braunschweiger Original in die Geschichtsbücher unserer Stadt einzugehen.

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