Kraft­symbol für das Braun­schweiger Land

Der Löwe auf dem Burgplatz. Foto: Peter Sierigk

Aus dem Stadt­ar­chiv, Folge 3: Gegen 1166 ließ Herzog Heinrich das Löwen­mo­nu­ment als selbst­be­wusstes Zeichen seiner Ansprüche errichten.

Das Braun­schweiger Symbol schlechthin ist der Löwe. Da verschlägt es nichts, dass es Löwen auch an anderen Orten gibt. Denn in Braun­schweig wirken mächtige Tradi­tionen. Herzog Heinrich hatte im 12. Jahrhun­dert als Herzog von Bayern und Sachsen eine könig­gleiche Stellung inne. Das brachte er provokant zum Ausdruck, indem er sich mit dem Löwen, dem König der Tiere, identi­fi­zierte. Ego sum Hinricus Leo: Ich bin Heinrich, der Löwe. Gegen 1166 ließ er das Löwen­mo­nu­ment im Braun­schweiger Burgbe­zirk errichten, ein sehr selbst­be­wusstes Zeichen seiner Ansprüche und seiner Möglich­keiten.

Die Stadt Braun­schweig setzte ein Abbild dieser Skulptur in ihr Siegel. Aber zum Wappen wählte sie einen aufrechten roten Leu mit hochge­strecktem Schwanz. Die Herzöge hingegen entfernten sich mit ihren Symbolen von der einfachen Monumen­ta­lität des Stand­bildes. Zwar führten auch sie, nament­lich als Regenten, bis ins 15. Jahrhun­dert einen schrei­tenden Löwen oder Leoparden in ihren Siegeln, doch zeigen ihre Wappen statt des einen zwei schrei­tende Löwen, die sie aus dem engli­schen Königs­wappen übernommen hatten.

Kaiser­li­cher Wappen­brief

Als die Stadt sich ihren Löwen 1438 durch einen kaiser­li­chen Wappen­brief bestä­tigen ließ, bedeutete das auch eine Heraus­for­de­rung der Herzöge, die (aus anderen Gründen) vermehrt das braun­schwei­gi­sche Pferd verwen­deten. Den Wappen­brief und viele Abdrücke der städti­schen Siegel bewahrt das Stadt­ar­chiv Braun­schweig. Quellen über die Errich­tung des Stand­bildes fehlen leider.

Das Original des Burglöwen steht zurzeit im Herzog Anton Ulrich-Museum und wird im nächsten Jahr für die Öffent­lich­keit wieder zugäng­lich sein. Foto: Foto: HAUM/Kathrin Ulrich

Aus dem Stadt­wappen leiten sich viele Verwen­dungen ab. Die Zahl der Abbil­dungen und grafi­schen Verwen­dungen ist, beginnend mit dem Siegel des Stifts St. Blasii und dem Wappen des Braun­schweiger Weich­bildes Sack, fast unüber­schaubar. Der Braun­schweiger Turn- und Sport­verein „Eintracht“ nahm 1895 den roten Löwen des Stadt­wap­pens in einfachem rotem Kreis als Emblem an. Auf das Löwen­stand­bild hingegen bezog sich zum Beispiel die Firma Heinrich Büssing in ihrem Logo, auf dem sich der Löwe – gegen die Gepflo­gen­heiten der Wappen­kunst – nach rechts richtet. Die Firma MAN SE übernahm 1971 mit Büssing auch dieses Marken­zei­chen, das sich seither auf dem Kühler­grill aller von MAN produ­zierten Nutzfahr­zeuge findet.

Streit mit dem Land

Um das Eigentum am Löwen­stand­bild kam es 1983/1984 zu einem Streit zwischen der Stadt, die das Kunstwerk 1982 für 500.000 D‑Mark hatte restau­rieren lassen, und dem Land Nieder­sachsen als Rechts­nach­folger der Herzöge. Besonders erboste die Braun­schweiger die Überle­gung der Landes­re­gie­rung, den Löwen nach Bonn auszu­leihen. Zur Restau­rie­rung 1982 liegen Akten im Stadt­ar­chiv Braun­schweig und im Nachlass das Landes­kon­ser­va­tors Dr. Kurt Seeleke im Landes­ar­chiv.

Der Streit wurde nicht gericht­lich ausge­tragen, sondern politisch beigelegt. Der echte Burglöwe steht vorüber­ge­hend im Herzog Anton Ulrich-Museum. Wegen der Sperrung der Ausstel­lungs­flä­chen in der Burg Dankwar­derode musste die Mittel­al­ter­samm­lung umziehen. Vom 5. März nächsten Jahres an werden rund 80 Prozent der kostbaren Kunst­werke in eigens dafür herge­rich­teten Ausstel­lungs­räumen wieder für Besucher zugäng­lich sein. Sowohl das HAUM als auch die Burg sind Gebäude des Landes, aber die Stadt hat deshalb ihre Ansprüche natürlich nicht aufge­geben.

Wirkung ungebro­chen

Die Wirkung des Löwen ist im Braun­schweiger Land nach wie vor stark: In einer Podiums­dis­kus­sion, die sich 2016 mit dem Löwen als Symbol und „Code der Macht“ beschäf­tigte, erklärte Braun­schweigs Ehren­bürger und früherer Minis­ter­prä­si­dent Nieder­sach­sens Gerhard Glogowski auch mit Blick nach Hannover: „Aus dem Löwen ziehen wir unsere Kraft!“

Dr. Brage Bei der Wieden leitet das Nieder­säch­si­sche Landes­ar­chiv Abteilung Wolfen­büttel. Der Beitrag erschien zuerst im Buch „Von Asse bis Zucker. Funda­mente Braun­schwei­gi­scher Regio­nal­ge­schichte“.

Mit unserer Reihe „Aus dem Stadt­ar­chiv“ wollen wird unsere Leserinnen und Leser auch auf das Jubiläum zum 1000-jährigen Bestehen Braun­schweigs im Jahr 2031 vorbe­reiten. Anlass dafür ist die Ersterwäh­nung der Stadt in der Weihe­ur­kunde der Magni­kirche von 1031.

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