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Stillleben lebenslang – der Helmstedter Maler Horst Schmidt

Horst Schmidt: „Morandi gewidmet“, Öl auf Malkarton, 2019. Foto: Florian Arnold
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Eine Werkschau in Braunschweig würdigt den 84-jährigen Künstler, der seit Jahrzehnten im Zisterzienserkloster Mariental lebt und arbeitet.

Dieser Mann ist mit sich, seinem Leben und seiner Kunst offenbar im Reinen. Wunderbar gelassen und mit trockenem Humor erzählt Horst Schmidt, wie er mit Mutter und Vater, „einem kleinen Parteimitglied“, als sechsjähriger Knirps gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von Montabaur im Westerwald – gen Osten floh, weil der Vater Angst vor den Amerikanern hatte. Unter russischer Knute wollte man aber auch nicht leben, und so landete die Familie schließlich in Lehre, wo eine ältere Schwester hingeheiratet hatte.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 19.10.2021 (Bezahl-Artikel)

„Ich habe schon als Kind gerne gemalt und dann den Anstreicherberuf erlernt. Man hatte mir gesagt, das sei so etwas Ähnliches wie eine künstlerische Tätigkeit“, erklärt Schmidt gestern in der Jakob-Kemenate am Braunschweiger Eiermarkt. Dort und in der Kemenate Hagenbrücke zeigt die Prüsse-Stiftung ab Freitag bis zum 31. Dezember mehr als 80 Stillleben und Landschaftsbilder des mittlerweile 83-jährigen „Semi-Kunstprofis“, wie sich Schmidt verschmitzt selbst bezeichnet.

Frühe Malereien zeigten Schinken und Brezeln

Der Rat mit der Malerlehre sei nämlich gar nicht so verkehrt gewesen. „Ich hatte Glück mit meinem Betrieb“, sagt der ruhige, schmale Mann, der seit den 80er Jahren im früheren Dormitorium des Zisterzienserklosters Mariental bei Helmstedt lebt und malt. „In den Wintermonaten haben wir damals auch Werbetafeln für Bäcker, Schlachter und andere Betriebe gemalt, auf denen auch mal ein Schinken oder eine Brezel abzubilden waren.“ So lernte Schmidt früh, was seine Gemälde bis heute kennzeichnet: Genauigkeit der Darstellung, des Pinselstrichs, aber auch eine gewisse Plakativität.

Nach kurzer Gesellenzeit schloss Schmidt ein Studium der Angewandten Malerei an der damaligen Werkkunstschule Braunschweig an, später noch ein Lehramtsstudium mit dem Wahlfach Kunst. Viele Jahre arbeitete er dann als Kunst- und Werklehrer an diversen Schulen der Region, zuletzt an der Realschule Königslutter. Die Gemälde, die er nun in Braunschweig ausstellt, sind seit den 80er Jahren entstanden, darunter gut ein Drittel Leihgaben von „Freunden und Bekannten“, aber vermutlich auch von einigen Käufern.

Spiel mit Zitaten von Cezanne, Morandi, Chirico und Schwitters

Schmidts Domäne sind Stillleben: Kompositionen mit Gläsern, Schalen, Vasen, aber auch Obst, Gemüse und Blumen, die sich in seiner Wohnung finden, die er dort real zusammenstellt und dann in aller Ruhe abmalt. Die Anmutung ist realistisch, in der gekonnten Wiedergabe der Materialien, Keramik, Porzellan, Holz., Glas, in der Darstellung von Lichtreflexen und Schatten. Und doch atmen Schmidts Bilder den Geist der Klassischen Moderne, arbeiten auch mit Farbflächen, Vereinfachung, Aufhebung der Perspektive, Reduktion, Flächigkeit.

Der Maler hat Freude daran, geschätzten Größen der Kunstgeschichte durch Zitate von Stilen oder Motiven seine Referenz zu erweisen: den Stillleben-Meistern Paul Cézanne oder Giorgio Morandi beispielsweise, oder dem frühen Surrealisten Giorgio de Chirico. Aber auch Magrittes blauweiße Wölkchenhimmel und Anspielungen auf Schwitters, Ernst, Klee tauchen in seinen Gemälden auf. Bemerkenswert sind drei souverän ausgeführte Bilder in Hinterglasmalerei. Die Rahmen für seine Ölgemälde findet Schmidt auf Flohmärkten, arbeitet sie auf und passt ihnen seine Formate an. „Deshalb male ich meist auf auf Karton“, erläutert er.

Kontemplative Ruhe, Konzentration und handwerkliche Meisterschaft

In der Kemenate Hagenbrücke sind überwiegend Bilder südlicher Landschaften und Ortsansichten zu sehen. Mehr noch als in seinen Stillleben arbeitet er hier mit adaptierten Stilen. Mit leichtem Spott, aber auch Selbstironie erzählt Schmidt, dass seine Aufnahme in den Bund Bildender Künstler 1983 umstritten war, da er „keinen eigenen Stil“ habe, wie ein Teil der Jury damals meinte. Für die Landschaftsansichten mag das gelten. Viele Stillleben hingegen offenbaren trotz des Zugs zum Eklektizismus eine eigene Handschrift, gekennzeichnet durch kontemplative Ruhe, Konzentration und handwerkliche Meisterschaft.

22. Oktober bis 31. Dez., Jakob-Kemenate (Eiermarkt) und Kemenate Hagenbrücke. Mo.-Sa. 11-17, So. 12-17 Uhr.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 19.10.2021 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/kultur/article233622205/Stillleben-lebenslang-der-Helmstedter-Maler-Horst-Schmidt.html (Bezahl-Artikel)

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