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In der Kemenate lag das Geld säckeweise

Die Jakob Kemenate ist herausragend saniert worden und heute Ort für Kunstausstellungen . Foto: Gebautes Erbe
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Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 48: Vom Schutzraum zur Staatsbank.

Die Kemenate (vom Lat., Caminata, von caminus = Kamin) am Eiermarkt, heute bekannt als „Jakob-Kemenate“, gehörte einst als steinerner Schutzraum zu einem prächtigen Fachwerkbau. Die vermutlich im 13. Jahrhundert entstandene Kemenate weist an der Ostwand sogar Mauerfragmente aus dem 12. Jahrhundert auf. Sie gehörte einst zu einem größeren Ensemble Jakobstr. 3. Heute ist sie eines der ältesten profanen Steingebäude unserer Stadt.

Nur reiche Patrizier hatten seinerzeit das Recht, sich Steinbauten zu errichten. Kemenaten wurden gern den Fachwerkhäusern angefügt, um im Falle eines Angriffes auf die Stadt oder auch bei einem Feuer, den ursprünglich fensterlosen Raum als eine Art Schutzbunker zu verwenden. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft verwendet, später von der Stiftung Prüsse erworben und mit einem Anbau versehen. Kunstausstellungen, Feiern, standesamtliche Hochzeiten und vieles mehr finden seitdem hier statt.

Herzog Carl I. richtete in der ‚Jakob-Kemenate‘ auf Erlass vom 9. März 1765 ein „Öffentliches Leihhaus“ ein, das „zum wahren Nutzen“ für die Bürger werden sollte und ihnen die oft unglaublichen hohen Zinsen der privaten Geldverleiher ersparte. Allerdings wurde diese Einrichtung insbesondere dem Braunschweiger Hof nützlich, denn das Leben der Adligen im 18. Jahrhundert war sehr kostspielig. 1768 stand das Herzogtum praktisch vor dem Staatsbankrott, und die Landstände mussten als Nothelfer 2,5 Millionen Taler Schulden übernehmen. Das führte zur Amtsübernahme durch Carl Wilhelm Ferdinand, der eine rigorose Sparpolitik einführt und seinen Vater praktisch entmündigte.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts schuldeten die Staatskassen dem Leihhaus bereits 76.000 Taler. Während des napoleonischen Krieges verzehnfacht sich dieser Betrag als Darlehen auf 760.000 Taler.

Spannend wurde es noch einmal, als 1806 feindliche Besatzung drohtw. Der Geheime Rat Lyncker bekam den Auftrag, vier Beutel mit 63.500 Goldtalern sowie 15 Kisten und ein Fass mit 52.455 Talern und Edelmetallpfändern nach Dänemark in Sicherheit zu bringen und dort zinsgünstig anzulegen. Während der Transport klappte, gelang ihm die Geldanlage jedoch nicht.

In Braunschweig forderten die Gläubiger inzwischen die Auszahlung ihres Geldes, und Lyncker wurde zurückbeordert. Unter dem Schutz einer französischen Eskorte gelangte das Geld wieder nach Braunschweig. Das Leihhaus verlieh im 18. Jahrhundert Geld gegen Handpfand und auf ‚Mobilia‘, Gegenstände, die nicht in Gewahrsam genommen werden konnten, auf Hypothken und verwahrte kostenlos Geld in offenen Beuteln. Gebührenfrei!

Nach 1765 entstanden im Herzogtum weitere Leihhäuser. Sie vereinigten sich 1784 mit dem Leihhaus in Holzminden. Erlasse zu den Zinsen, die auch aktualisiert werden, regelten den Geldverkehr im Herzogtum. Aus diesem Leihhaus wurde 1919 die Braunschweigische Staatsbank, 1969 die Norddeutsche Landesbank und 2014 schließlich die Braunschweigische Landessparkase.

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