Undurchdringlicher Schutzwall rund um die Stadt

Die Frontseite des neuen BLIK-Schildes am Lammer Holz zeigt den Verlauf des Landwehrs. Links im Bild Rudolf Rischmann von der Schwabe-Stiftung Kuchelberg, rechts Sabrina Brandes, Ortsheimatpflegerin Lehndorf. Foto: Stadtheimatpflege
Objektschilder am Ölper Holz, am Lammer Holz und am Broitzemer Holz weisen auf die Braunschweiger Landwehr hin.
Drei weitere BLIK-Schilder erinnern seit kurzem an eine Braunschweiger Besonderheit: die mittelalterliche Landwehr. Unterstützt wurde das Vorhaben von der Schwabe-Stiftung Kuchelberg. Die neuen Standorte befinden sich am Ölper Holz, am Lammer Holz und am Broitzemer Holz. Sie ergänzen die bestehenden Hinweistafeln an der Landwehr Rühme und Lamme sowie am Gliesmaroder Turm, am Mascheroder Holz, am Ölper Turm, am Rautheimer Holz, am Rothenburger Turm und am Wendenturm.
Die einheitlichen, quadratischen und braun gefärbten Objektschilder weisen auf Braunschweiger Kulturdenkmale und Persönlichkeiten im Stadtgebiet hin. Weit mehr als 150 dieser Schilder existieren bereits. Die Idee dazu hatten Prof. Dr. Heiner Erke (TU Braunschweig) und Claudia Albrecht (Albrecht Design) bereits 1995. Sie entwickelten das Konzept „Braunschweiger Leit- und Informationssystem für Kultur“ (BLIK) zusammen mit der Stadt Braunschweig. Verantwortlich für die Schilder ist das städtische Referat Stadtbild und Denkmalpflege.
Unpassierbar gemacht
Die Braunschweiger Landwehr wurde Ende des 14. Jahrhunderts auf Beschluss des Rates der Stadt Braunschweig angelegt. Mit Zustimmung der welfischen Landesherrn, des Klosters Riddagshausen und des Stifts St. Blasius schützte sie so ihre Weiden und Ländereien. Dabei wurden natürliche Wasserläufe und Feuchtgebiete genutzt. Es wurden Doppelwälle aufgeschüttet, die mit undurchdringbarem Strauchwerk bepflanzt wurden. Dort, wo Straßen die Landwehr kreuzten, wurden Wachtürme aufgestellt.
Die Landwehr zwischen Raffturm und Ölper Turm ist mit ihren verfüllten Gräben in Luftbildern immer noch gut zu erkennen. Ein 35 Meter langer Abschnitt der Landwehr in Sichtweite der alten Zollstation Raffturm wurde 2018 rekonstruiert und vermittelt einen Eindruck vom einstigen Blick auf das mittelalterliche Braunschweig. Daneben ist die Landwehr aber auch im Lammer Holz und in den Wäldern von Mascherode noch gut erkennbar.
Überfälle der Landesfürsten
Hintergrund für die Anlage der Landwehr waren zunehmende räuberische Überfälle von Landesfürsten aufgrund massiver Ernteausfälle durch Überflutungen und daraus resultierender Armut. „Da kamen zum Beispiel 1382 Jan und Bertfeld von Oberg und ihre Helfer über Woltorf, Zweidorf, Leiferde, Veltenhof und Ölper mit ‚rove unde brande‘. Sie drangen in die Dörfer ein, raubten das Vieh, nahmen das gesamte Hab und Gut, steckten die Häuser in Brand, und jeder konnte froh sein, wenn er mit dem Leben davonkam. Auf den Handelsstraßen wurden die Wagenzüge der Kaufleute überfallen. Auch vor den Toren Braunschweigs war man sich vor Raub und Mord nicht mehr sicher“, erinnert Stefan Holland, Ortsheimatpfleger von Ölper, an die gefährlichen Zeiten ohne Landwehr.
Sieben Zollstationen
Es entstanden mit dem Wendenturm, dem Ölper Turm, dem Raffturm, dem Rothenburger Bergfried, dem Rüninger Turm, dem Schöppenstedter Turm und dem Gliesmaroder Turm sieben Wachtürme. Später wurden sie zu Zollstationen erweitert. „Man merkte sehr schnell, dass neben den Bauern und Anwohnern auch der gesamte Warenverkehr von und nach Braunschweig die Schlagbäume an den Wehrtürmen passieren musste und es sich hier anbot, Wegzoll zu kassieren.
Alle Stationen bekamen Gastronomie, Schlafmöglichkeiten für die Reisenden und für die Unterbringung der Zugtiere jeweils einen eigenen Pferdestall. Auf diese Weise erhielt dieses große, als Schutzanlage gedachte Bauwerk, eine noch größere wirtschaftliche Bedeutung“, erläutert Holland weiter. Die Initiative der Heimatpflege, mit den BLIK-Schildern die Erinnerung daran wachzuhalten, stärkt fraglos die Braunschweigische Identität.