Urkunden als Fenster zum Kloster­leben in Riddags­hausen

Urkunde über die Grundstücksüberlassung durch Heinrich den Löwen (Kopie). Foto: Der Löwe

Horst-Rüdiger Jarck, pensio­nierter Leiter des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs in Wolfen­büttel, hat in jahre­langer Arbeit einen wahren Schatz gehoben.

Der große und bedeu­tende Urkun­den­be­stand des Klosters Riddags­hausen ist mit dem gerade erschienen „Urkun­den­buch des Klosters Riddags­hausen“ erstmalig aufbe­reitet und entschlüs­selt worden. Damit ist er für die Wissen­schaft und für Inter­es­sierte zugäng­lich und nutzbar gemacht worden. Horst Rüdiger Jarck, pensio­nierter Leiter des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs in Wolfen­büttel, stellt

einen Großteil der Urkunden in der zweibän­digen Publi­ka­tion auf 1078 Seiten vor. Das Buch ist in der Reihe „Veröf­fent­li­chungen der Histo­ri­schen Kommis­sion für Nieder­sachsen und Bremen“ erschienen. Band 317 wird am 22. September von 16.30 Uhr an in der Kloster­kirche, einge­rahmt von histo­ri­schen Vorträgen, öffent­lich vorge­stellt (Programm s.u.). Gefördert wurde die Publi­ka­tion von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Richard Borek Stiftung.

Ort der Schrift­lich­keit

Das Buchcover. Foto: Wallstein-Verlag

Seit jeher waren Klöster Orte der Schrift­lich­keit. Auch die in Riddags­hausen ansäs­sigen Zister­zi­enser verfassten und lagerten Urkunden. Ihre Begrün­dungen der Schen­kungen, Stiftungen und Amtsge­schäfte vermit­teln einen Eindruck des wirtschaft­li­chen und sozialen Lebens sowie des religiösen und politi­schen Wandels im Kloster. Die Zister­zi­enser betrieben vor allem Land- und Holzwirt­schaft sowie andere Gewerbe. Von ihrer einstigen Fisch­zucht künden noch heute die Riddags­häuser Teiche, heute eines der schönsten und belieb­testen Naherho­lungs­ge­biete in der Region Braun­schweig.

Rund 1.100 Urkunden enthalten

In den beiden Bänden werden sämtliche noch vorhan­denen und im Landes­ar­chiv gelagerten Urkunden des Klosters bis zum Jahre 1500, insgesamt rund 1.100, vorge­stellt. Die histo­ri­schen Urkunden zu lesen, ist äußerst schwierig. Sie sind in Latein oder dem Deutsch früherer Jahrhun­derte verfasst, ihre Schreiber verwen­deten heute kaum noch lesbare Schriften, benutzten Abkür­zungen und setzten beim damaligen Leser ein Wissen voraus, das heute nicht mehr geläufig ist. Sogar Fachleute stoßen an ihre Grenzen, denn die Fertig­keiten, mit Urkunden richtig umzugehen, werden an den Univer­si­täten in Deutsch­land kaum noch geübt und vermit­telt. Horst-Rüdiger verfügt aber noch über die dafür nötigen Fähig­keiten und Kennt­nisse. In der Publi­ka­tion sind die Urkunden übertragen in heutige Schrift und kommen­tiert. Eine Überset­zung aus dem Latei­ni­schen bietet das Buch nicht und ein Grund­wissen über das Mittel­alter ist weiterhin nötig.

Das Kloster Riddags­hausen prägte durch seine heraus­ra­gende Stellung als wirtschaft­li­ches und geist­li­ches Zentrum das Land Braun­schweig nachhaltig. Das Zister­zi­en­ser­kloster blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. 1145 im Inter­es­sen­be­reich des welfi­schen Hauses und der sich entwi­ckelnden Stadt Braun­schweig gegründet, wurde das Kloster mehrfach zu einem Stütz­punkt der Landes­herren gegenüber der Stadt. Dabei kam es verschie­dent­lich zu militä­ri­scher Bedrohung, in konfes­sio­nellen Ausein­an­der­set­zungen.

 

Das Programm:

16.30 – 17 Uhr, Grußworte:

  • Georg Renz (Evange­lisch-luthe­ri­sche Kirchen­ge­meinde Riddags­hausen)
  • Brunhilde Frye-Grunwald (Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz)
  • Brage Bei der Wieden (Braun­schwei­gi­scher Geschichts­verein)
  • Henning Stein­führer (Histo­ri­sche Kommis­sion für Nieder­sachsen und Bremen)

17 – 18 Uhr, Vorträge: Drei Einblicke in ein mittel­al­ter­li­ches Kloster

  • Horst-Rüdiger Jarck: Impres­sionen und „Werkstatt­schnitzel“ aus den Kloster­ur­kunden
  • Dr. Wolfgang Meibeyer: Riddags­hau­sen­sche Kloster­dörfer um und bei Braun­schweig
  • Dr. Harmen Thies: Zur Archi­tektur der Zister­zi­enser-Kloster­kirche Riddags­hausen

18:30 Uhr, Geführter Rundgang mit Reinhard Wetterau

 

Das Buch:

  • Urkun­den­buch des Klosters Riddags­hausen, 2 Bände
  • Bearbeitet von Horst Rüdiger Jarck
  • Reihe: Veröf­fent­li­chungen der Histo­ri­schen Kommis­sion für Nieder­sachsen und Bremen; Bd. 317
  • ‎Wallstein; 1. Edition (10. August 2022)
  • Gebundene Ausgabe: 1078 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3835351443
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978–3835351448
  • Preis: 79 Euro

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