Weltre­kord für den ersten Büssing-Bus

Der erste Büssing-Omnibus fuhr von 1904 an regelmäßig die Strecke Wendeburg-Braunschweig. Foto: Braunschweigische Landschaft
Der erste Büssing-Omnibus fuhr von 1904 an regelmäßig die Strecke Wendeburg-Braunschweig. Foto: Braunschweigische Landschaft

Neue Vortrags­reihe der Arbeits­gruppe Heimat­pfleger in der Braun­schwei­gi­schen Landschaft zur Indus­tria­li­sie­rung unserer Region: Der Start am 9. Januar widmet sich Heinrich Büssing, dem Pionier des deutschen Lastwagen- und Omnibus­baus.

Heinrich Büssings Geburtstag jährt sich am 29. Juni diesen Jahres zum 175. Mal. Das Jubiläum ist in den nächsten zwölf Monaten in der Region präsent und Anlass für eine ganze Reihe von Veran­stal­tungen, die dem berühmten Braun­schweiger Pionier des deutschen Lastwagen- und Omnibus­baus gewidmet sind. Den Auftakt bildet am Dienstag, 9. Januar (18 Uhr), Rolf Ahlers in Wendeburg mit seinem Vortrag über das Leben des bedeu­tenden Konstruk­teurs und Unter­neh­mers (1843–1929).

Ahlers zeigt 54 Fotos, die er episo­den­artig und sehr persön­lich kommen­tiert. Der Gemein­de­hei­mat­pfleger von Wendeburg zählt zu den profun­desten Kennern von Person und Firma Büssing. Die Veran­stal­tung findet im Rahmen des von der Tradi­ti­ons­ge­mein­schaft Wende­zelle veran­stal­teten Denkmals­tages statt. Gefördert wird sie von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz.

Seit 1984 beschäf­tigt sich Rolf Ahlers intensiv mit dem Thema Büssing. Und das kam so: Immer wieder wurde seiner­zeit vermutet, die Strecke Wendeburg-Braun­schweig könnte die älteste perma­nente Buslinie der Welt sein. Dann aber platzte eine Anzeige von Mercedes in einem Nutzfahr­zeuge-Fachma­gazin herein, die dies Prädikat für Daimler rekla­mierte und die Busstrecke Siegen-Deutz anführte. Sie wurde in der Tat seit 1895 und damit fast zehn Jahre früher gefahren. Ahlers, damals Ortsbür­ger­meister, wollte es genau wissen und schrieb an das damalige MAN-Vorstands­mit­glied, Wilfried Lochte, einem ehema­ligen Büssing-Mitar­beiter.

Die Antwort kam postwen­dend: Büssing hatte 1903 seine „Motor­last­wagen und Motoren-Fabrik“ gegründet. Nach ersten Lastwagen baute er einen Omnibus, der im Linien­ver­kehr vom 5. Juni 1904 an auf der Strecke Wendeburg-Braun­schweig zum Einsatz kam. Der Omnibus verkehrte drei Mal täglich und erwies sich als betriebs­si­cher. Die kaiser­liche Post übertrug Büssing deswegen vom 1. September an die Postbe­för­de­rung auf dieser Strecke.

Seit 1986 gibt es dazu nun in Wendeburg das so genannte Kraft­post­denkmal. Die Inschrift lautet: Zur Erinne­rung an Heinrich Büssing, der hier ab 1904 die erste erfolg­reiche Kraft­post­om­ni­bus­linie der Welt, Wendeburg-Braun­schweig, betrieb. Immerhin blieb doch ein Weltre­kord. 1989 fand die einmalige Histo­ri­sche Busfahrt mit dem Nachbau des ersten Büssing-Omnibusses statt, den Lochte als den teuersten MAN-Bus aller Zeiten nannte. Der Bus steht heute im Museum in Salzgitter.

Das Unter­nehmen Büssing gab es zur Zeit der Tradi­ti­ons­fahrt längst nicht mehr. 1972 wurde es von MAN übernommen. Bis heute aber erinnert der Braun­schweiger Löwe in Kombi­na­tion mit dem MAN-Logo an das große Tradi­ti­ons­un­ter­nehmen, das in seiner Blüte 4500 Mitar­beiter beschäf­tigte. Büssing-Busse fuhren selbst in London.  

Die Arbeits­gruppe Heimat­pfleger in der Braun­schwei­gi­schen Landschaft bemüht sich seit mehr als zehn Jahren, ihre vielschich­tige Arbeit öffent­lich zu machen. Neuestes Projekt ist die Veran­stal­tungs­reihe „Die Geschichte von Industrie, Landwirt­schaft und Handel im Braun­schweiger Land“, deren Auftakt der Büssing-Vortrag ist.

In der Reihe soll die Geschichte der Indus­tria­li­sie­rung unserer Region aufge­ar­beitet werden. Geschichten, die erzählt werden könnten, gibt es viele: Voigt­länder, Rollei, Schimmel, Grotrian-Steinweg, Luther-Werke, BMA, MIAG und noch so viele mehr. Die Indus­trie­kultur im Braun­schweiger Land, angefangen beim Erzabbau im Harz vor mehr als 700 Jahren, zählt nachweis­lich zu den ältesten in Europa.

Die Reihe stellt also eine lohnende Aufgabe für die rund 370 Heimat­pfleger dar, die in der Braun­schwei­gi­schen Landschaft versam­melt sind. Sie pflegen die regionale Identität und halten die Historie des Braun­schwei­gi­schen wach. Die Arbeits­gruppe besteht aus Vertre­tern der Bereiche Braun­schweig, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfen­büttel und Wolfsburg.

Die neue Vortrags­reihe soll keine wissen­schaft­li­chen Abhand­lungen produ­zieren, sondern anschau­lich und lebhaft aus der Vergan­gen­heit der Indus­trie­be­triebe unserer Region berichten. Rolf Ahlers wird das über Büssing mit Sicher­heit gelingen. Er erzählt unter anderem, wie sich der Indus­tri­elle Max Jüdel und der bis dahin wirtschaft­lich erfolg­lose Tüftler Heinrich Büssing zusam­men­taten, welchen Einfluss der Wende­burger Pastor Otto Hayder auf die Kraft­post­om­ni­bus­linie hatte oder wie Büssing seine Fahrzeuge am Harzer Torfhaus testete – bergauf den Motor und  bergab die Bremsen.

Und er wird den Ausspruch Büssings zum Besten geben, der belegt, warum der Konstruk­teur Omnibusse und Lastwagen statt Perso­nen­kraft­wagen fertigen ließ: „Ich baue keine Autos für Leute, die früher Kutsche gefahren sind, sondern für Leute, die früher zu Fuß gegangen sind!“  Für die rund elf Kilometer lange Strecke Wendeburg-Braun­schweig fanden im ersten Büssing-Omnibus 20 Personen Platz. Bei einer Höchst­ge­schwin­dig­keit von 25 km/h dauerte die Fahrt nur rund eine halbe Stunde. Was für ein enormer Fortschritt!

Termin:
9. Januar, 18 Uhr: Vortrag zum 175. Geburtstag von Heinrich Büssing
Referent: Rolf Ahlers, Gemein­de­hei­mat­pfleger von Wendeburg
Treff­punkt: Kreuz Braun­schweiger Straße, Einmün­dung Neue Straße, anschlie­ßend: Wende­zeller Stuben, Braun­schweiger Straße 35, 38176 Wendeburg (Beginn des Vortrags ca. 18.45 Uhr)

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