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Wie aus der Hanse- die Residenzstadt Braunschweig wurde

Die Hanse-Urkunde aus dem Jahr 1476. Foto Stadtarchiv Braunschweig
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Aus dem Stadtarchiv, Folge 2: Zwei Jahrhunderte lang wehrten sich Braunschweiger Kaufleute gegen den Einfluss der Wolfenbütteler Herzöge.

Ist Hanse nicht ein Thema, das vor allem mit den Städten an Nord- und Ostsee verbunden ist? Das stimmt natürlich, aber neben den hansischen Seestädten wie Lübeck, Hamburg, Bremen oder Rostock gab es eine ganze Reihe von Städten, die zwar im Binnenland lagen, aber dennoch für die Hanse eine wichtige Rolle spielten. Dazu zählten etwa Köln, Soest, Magdeburg und nicht zuletzt auch Braunschweig.

Handel und Gewerbe

Seit dem 13. Jahrhundert sind Braunschweiger Kaufleute im Hanseraum nachweisbar. Schon zu dieser Zeit bestanden Handelskontakte nach England, Flandern, Dänemark, Gotland und Russland. Braunschweig war allerdings keine reine Handelsstadt wie die Mehrzahl der Seestädte, sondern gleichzeitig ein wichtiger Gewerbestandort. Hier wurden vor allem Tuche, Metallwaren und Waffen hergestellt.

Ein hochgeschätztes Erzeugnis war außerdem die auch noch heute bekannte Braunschweiger Mumme, ein Bier mit hohem Malzgehalt, dessen Verkauf erstmals 1390 belegt ist. Weitere Handelsgüter waren Getreide und Wolle aus dem Braunschweiger Umland. Der Warentransport wurde dabei übrigens hauptsächlich auf der Straße mit Frachtwagen abgewickelt. Eine Nutzung des Wasserwegs über die Oker ist für den Fernhandel nur für wenige Jahrzehnte während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisbar.

Hansetag 1427 in Braunschweig

An der in erster Linie auf die Wahrung der handelswirtschaftlichen Interessen und die Absicherung der politischen Freiheit der Mitgliedstädte abzielende Politik der Hanse hat sich Braunschweig wiederholt aktiv beteiligt. Auf den Treffen der Städte, den sogenannten Hansetagen, war Braunschweig bis ins 17. Jahrhundert regelmäßig präsent. Im Jahr 1427 fand der Hansetag sogar in Braunschweig statt. Im ostsächsischen Raum gab es neben Braunschweig eine Reihe weiterer Städte, die auch Mitglieder der Hanse waren, darunter Hildesheim, Goslar, Halberstadt und Helmstedt.

Diese Städte bildeten das sächsische Drittel der Hanse, dessen führende Stadt seit 1494 Braunschweig war. Braunschweig nahm damit eine Art Mittlerrolle ein, indem es einerseits die sächsischen Städte auf den hansischen Versammlungen vertrat und andererseits die hansischen Anliegen im Kreise dieser Städte kommunizierte.

Das Haus zur Hanse steht für den früheren Wohlstand. Foto: Elmar Arnhold

Das Haus zur Hanse steht für den früheren Wohlstand. Foto: Elmar Arnhold

Konflikt mit den Herzögen

Seit dem 15. Jahrhundert gerieten die weitgehend autonomen Hansestädte zunehmend in Wiederspruch zu den erstarkenden fürstlichen Territorien. Die Fürsten strebten danach, die Städte ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Ein bekanntes Beispiel für einen solchen Konflikt sind die langjährigen Auseinandersetzungen zwischen den Wolfenbütteler Herzögen und der Stadt Braunschweig. In ihrem Kampf um den Erhalt der städtischen Autonomie konnten die Braunschweiger mehrfach auf die tatkräftige Hilfe der Hansestädte zurückgreifen.

Die Okerstadt gehörte im 16. und 17. Jahrhundert zu den aktivsten Mitgliedern der Hanse, die jetzt immer stärker den Charakter eines Städtebundes annahm. Letztlich unterlagen die Bürger den Welfen 1671 aber doch und aus der Hansestadt Braunschweig wurde die Residenzstadt Braunschweig.

Im historischen Bewusstsein

Die Pflege hansestädtischer Tradition spielt hingegen bis heute eine wichtige Rolle im historischen Bewusstsein der Stadt. Die bedeutende Position, die Braunschweig in der Hanse innehatte, ist bis heute durch eine ausgesprochen umfangreiche schriftliche Überlieferung dokumentiert. Dazu zählen nicht zuletzt zahlreiche im Stadtarchiv Braunschweig erhaltene Urkunden über Bündnisse, die Braunschweig mit anderen Hansestädten einging.

So handelte es sich bei der Urkunde von 1476 um ein einen Bündnis- und Hilfeleistungsvertrag zwischen 19 Hansestädten, die gemeinsam ihre Handelsinteressen gegen politische oder militärische Gegner verteidigen wollten. An dem Bündnis waren Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar, Lüneburg, Stade, Uelzen, Magdeburg, Braunschweig, Halle/Saale, Halberstadt, Goslar, Hildesheim, Göttingen, Stendal, Hannover und Einbeck beteiligt.

Die Hanse-Urkunde von 1476 war in vier Exemplaren ausgefertigt worden, die im Umlaufverfahren in den beteiligten Städten besiegelt wurden. Die Ausfertigungen wurden in Braunschweig, Hamburg, Lübeck und Magdeburg niedergelegt. Da das Magdeburger Exemplar im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde und die Hamburger Urkunde beim Stadtbrand von 1712 verloren ging, sind heute nur noch die Exemplare in Braunschweig und Lübeck erhalten.

Dr. Henning Steinführer ist Leiter des Stadtarchivs Braunschweig. Der Beitrag erschien zu großen Teilen zuerst im Buch „Von Asse bis Zucker. Fundamente Braunschweigischer Regionalgeschichte).

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