591 Jahre alte Inschrift gerettet

Julia Köhler und Elmar Arnhold begutachten den Inschrift-Balken des Hauses Ackerhof 2. Foto: Der Löwe

Diplom­re­stau­ra­torin Julia Köhler konser­viert und restau­riert den von Pilzen und Insekten befal­lenen Schwell­balken am Haus Ackerhof 2 mit Hilfe moderner 3‑D-Technik.

Braun­schweigs denkmal­pfle­ge­risch spekta­ku­lärste Baustelle am Ackerhof im Magni­viertel wartet mit einem weiteren Super­lativ auf: Mit einem innova­tiven 3‑D-Verfahren wird der Inschrift-Balken des mit der Jahres­zahl 1432 ältesten datierten Fachwerk­hauses Deutsch­lands restau­riert. „Ein kleines Wunder“, nennt das Bauhis­to­riker Elmar Arnhold, der das Baupro­jekt der Borek Immobi­lien mit seiner Expertise wissen­schaft­lich begleitet. Der 591 Jahre alte Schwell­balken mit der Aufschrift MCCCCXXXII wird von Restau­ra­torin Julia Köhler für die Zukunft gesichert und wieder lesbar gemacht. Ein vergleich­bares Restau­rie­rungs­pro­jekt im Außen­be­reich ist ihr nicht bekannt.

Außer­ge­wöhn­liche Denkmal­pflege

Den Balken ziert die römische Zahl MCCCCXXXII. Foto: Der Löwe

„Dass der Bauherr so eine aufwen­dige Restau­rie­rung ermög­licht, ist bezeich­nend für dies auch bundes­weit heraus­ra­gende Projekt. Es werden die denkmal­pfle­ge­ri­schen Aspekte in einer außer­ge­wöhn­li­chen Art und Weise berück­sich­tigt“, lobt Arnhold die private Rettung des heraus­ra­genden Braun­schweiger Fachwerk­ensem­bles. Zuvor waren diverse Versuche von kommu­naler Seite, daraus ein natio­nales Denkmal-Förder­pro­jekt zu reali­sieren, geschei­tert.

Das Haus Ackerhof 2 wurde ursprüng­lich für Borchard Smed errichtet. Er war vermut­lich Schmied, entspre­chende Hinweise konnten im Rahmen der Sanierung auch archäo­lo­gisch nachge­wiesen werden. Die weiteren Häuser des Ensembles, die an der Lange­damm­straße und am Ölschlä­gern erhalten und saniert werden, stammen aus den Jahren 1517, 1645 und 1646. Teil des Gesamt­pro­jekts sind auch zwei neue Gebäude, die sich in ihrer Gestal­tung harmo­nisch in das histo­ri­sche Ambiente der Nachbar­schaft einbetten werden.

Der Inschrift-Balken lag einst wohl über dem Haupt­ein­gang vom Ackerhof. Bei Umbauten im 18. Jahrhun­dert wurde er jedoch umgesetzt, so dass er heute an der Seite zur Lange­damm­straße zu finden ist. Weil er tragender Bestand­teil des Fachwerks ist, muss er an Ort und Stelle restau­riert werden. Zu sehen war der Schriftzug, nachdem im Erdge­schoss die Geschäfts­räume einge­richtet worden waren, lange Zeit nicht. Unterhalb von ihm war ein Vorbau angebracht worden. Außerdem verlief oberhalb ein Regenrohr.

Staunässe, Pilz- und Insek­ten­be­fall

„Der Balken war durch Staunässe, Pilz- und Insek­ten­be­fall stark in Mitlei­den­schaft gezogen“, erläutert Julia Köhler. Zunächst reinigte sie das Objekt, trug diverse spätere Überma­lungen ab und entdeckte die, mögli­cher­weise originale Farbge­bung. Die römische Zahl war mit Blattgold belegt, der Hinter­grund mit einem dunklen Rot auf einer Öl-Kreide-Grundie­rung gestri­chen. Zur Sicherung des Balkens brachte Julia Köhler mittels Spritze Kunstharz in das geschä­digte Holz ein.

Das als „Ochsen­blut“ bezeich­nete mittel­al­ter­liche Rot wird übrigens bei der Farbge­bung des Fachwerks des Hauses Ackerhof 2 wieder aufge­nommen. Alle Häuser des Gesamt­pro­jekts werden nach ihrer Epoche entspre­chend farblich gestaltet. Der nächste Schritt für Restau­ra­torin Julia Köhler ist der Aufbau des unteren Teils des Balkens. Nach dem 3D-Scan wird ein Negativ-Relief, ein sogenanntes Inlay herge­stellt, das passgenau die zerstörten Teile ersetzen wird.

Das Haus Ackerhof 2 kann zwar nicht nach dem mittel­al­ter­li­chen Erschei­nungs­bild restau­riert werden. Doch bleiben zahlreiche Bestand­teile des 1432 errich­teten Hauses erhalten. „Das Dachwerk, die Balken­lagen und Teile der Rückwand sind erhalten und können genügend Rückschlüsse auf die ursprüng­liche Gesamt­erschei­nung des Hauses geben“, sagt Bauhis­to­riker Elmar Arnhold und fügt hinzu: „Das wird ein phantas­ti­sches Ensemble“.

Das könnte Sie auch interessieren