Richtfest für das histo­ri­sche Ensemble am Ackerhof

Bauherr Christoph Borek (rechts) im Gespräch mit Bauhistoriker Elmar Arnhold (links) und Zimmerpolier Steffen Behrens vor dem Haus Ackerhof 2. Foto: Der Löwe

Die spekta­ku­läre Sanierung der vier Fachwerk­häuser aus den Jahren 1432, 1517, 1645 und 1646 soll bereits Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Mit Stolz steht Christoph Borek hoch oben auf einem Gerüst des Hauses Ackerhof 2, dem Flagg­schiff eines der bedeu­tendsten Fachwerk-Ensembles Deutsch­lands. „Am 27. Februar haben wir das Ackerhof-Ensemble mit dem Gedanken erworben, dieses alte Stück Braun­schweig den Braun­schwei­ge­rinnen und Braun­schwei­gern restau­riert zurück­zu­geben. Nun stehen wir zehn Jahre später hier und können mit Gewiss­heit sagen, dass sich die Anstren­gungen gelohnt haben“, ruft der Geschäfts­führer der Borek Immobi­lien den zahlrei­chen Gästen des Richt­festes zu. Mit Vehemenz werfen er und Zimmer­po­lier Steffen Behrens die obliga­to­ri­schen Schnaps­gläser nach unten. Die Gläser zerbersten in tausend Teile. So soll es sein, denn das verspricht Glück.

Christoph Borek (Mitte) und Zimmer­po­lier Steffen Behrens sprachen beim Richtfest. Foto: Der Löwe

Die der vier Fachwerk­häuser aus den Jahren 1432, 1517, 1645 und 1646 hatten den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden und stehen somit als Symbol für das „alte Braun­schweig“, das vor allem in der Bomben­nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1944 im Feuer­sturm weitge­hend unterging. Braun­schweig zählte weltweit zu den bedeu­tendsten Fachwerk­städten. Doch von ehemals 2.000 Fachwerk­bauten blieben nur knapp 100 stehen.

Nutzung der Gewer­be­flä­chen offen

Nach den Aussagen des Bauherrn liegt der Baufort­schritt bestens im Plan. Schon Ende des Jahres soll die aufwen­dige Sanierung abgeschlossen sein. Die Borek Immobi­lien erhalten damit das Herzstück der charak­te­ris­ti­schen Fachwerk­be­bauung des Magni­vier­tels. Das Ensemble wird im Bestand des Unter­neh­mens bleiben.

Zum Richtfest waren viele Betei­ligte gekommen. Foto: Der Löwe

Das Fachwerk ist komplett restau­riert. Es folgen als nächste Schritte die Ausfa­chung mit ungebrannten Lehmzie­geln, die Dämmung mit nachhal­tigem Material und der wasser­ab­wei­sende Leinöl­an­strich der Holzbalken, wie es auch im Mittel­alter Usus war, sowie die Einde­ckung der Dächer und der Innen­ausbau. Die großzü­gige Gewer­be­fläche des exponierten Ensembles ist noch nicht vergeben.

Auch für Zimmer­po­lier Steffen Behrens von der Werkstatt für Denkmal­pflege aus Quedlin­burg stellt das Projekt etwas ganz Beson­deres dar. „Das vier zusam­men­hän­gende, denkmal­ge­schützte Fachwerk­häuser auf einmal restau­riert werden, ist schon sehr ungewöhn­lich, noch dazu mit so großer Bedeutung und in so heraus­ra­gender Lage mitten in der Stadt“, sagt er. Das Haus Ackerhof 2 ist das mit der Inschrift 1432 am ältesten datierte Fachwerk­haus Deutsch­lands. Besondere Anerken­nung zollt Behrens der Borek Immobi­lien GmbH. „Es ist nicht selbst­ver­ständ­lich, dass ein Bauherr alles denkmal­pfle­ge­risch Wünschens­werte umsetzt und versucht, so viel wie möglich von der histo­ri­schen Substanz zu bewahren.“

Balken wird detail­ge­treu nachge­schnitzt

So bleibt das Haus Lange­damm­straße aus dem Jahr 1646 in der Außen­wir­kung so schief wie eh und je. Über die Jahrhun­derte war es auf einer Seite um 70 Zenti­meter abgesackt. Die Balken­lage sollte nicht verändert werden, was die Aufgabe für Archi­tekten und Handwerker erheblich erschwerte, im Inneren nutzbare Räume nach heutigen Anfor­de­rungen zu reali­sieren. Ein weiteres Beispiel für die Akribie, mit der saniert wird, ist das Haus Lange­damm­straße aus dem Jahr 1517. Es enthielt wie das Haus Ackerhof 2 einen Balken mit Inschrift, doch der war so verwit­tert, dass er nicht wieder auf Vorder­mann gebracht werden konnte. Doch Borek Immobi­lien beauf­tragte Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe, ihn detail­ge­treu nachzu­schnitzen.

Mit beson­derer Freude hat Bauhis­to­riker Elmar Arnhold, der das Vorhaben mit seiner wissen­schaft­li­chen Expertise begleitet, am Richtfest teilge­nommen. Er hatte im Jahr 2004 das erste bauhis­to­ri­sche Gutachten erstellt, in dem nachge­wiesen wurde, dass es sich bei dem Gebäude Ackerhof 2 um das älteste durch Inschrift datierte Fachwerk­haus Deutsch­lands handelt. Im 18. Jahrhun­dert wurde das Haus stark umgebaut. „Mindes­tens 50 Prozent der Bausub­stanz stammen noch aus dem 15 Jahrhun­dert“, versi­chert Arnhold. Seit dem 19. Jahrhun­dert kam es im Erdge­schoss immer wieder zu Ladenein- und ‑umbauten. Zuletzt war bis 2013 das Zooge­schäft Adam dort behei­matet.

Sanierte Balken­lage am 1646 erbauten Haus an der Lange­damm­straße. Foto: Der Löwe

Arnhold hatte stets die Bedeutung des Ensembles heraus­ge­stri­chen. „Seit dem Gutachten sind 19 Jahre vergangen, aber jetzt biegt das Projekt mit der Sanierung auf die Zielge­rade ein und Braun­schweig erhält dank der privaten Initia­tive der Boreks einen deutsch­land­weit strah­lenden Leucht­turm“ lobt er. Zuvor waren diverse Versuche von kommu­naler Seite, aus dem Ackerhof 2 ein natio­nales Denkmal-Förder­pro­jekt zu reali­sieren, geschei­tert.

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