Auch zum Schmun­zeln: Schloss­ge­schichte in 15 Objekten

Im Zentrum der Kabinett-Ausstellung steht das Schlossmodell aus dem Jahr 1960. Foto: Der Löwe

Kabinett-Ausstel­lung im Schloss­mu­seum überzeugt mit zum Teil überra­schenden Exponaten und läuft bis zum 21. August.

Anläss­lich des Wieder­auf­baus des Residenz­schlosses vor 15 Jahren hat sich das Schloss­mu­seum etwas Beson­deres einfallen lassen: In einer kleinen, aber feinen Kabinett-Ausstel­lung mit dem Titel „Schloss­ge­schichte – in 15 Objekten“ wird die Historie des Pracht­baus übersicht­lich anhand eines Zeitstahls und unter­haltsam mit zum Teil überra­schenden Exponaten erzählt. Für echte Schloss­freunde ist der Besuch im Raum vor der Enfilade fast schon ein Muss. Anläss­lich des Jubiläums ist der Eintritt ins Schloss­mu­seum bis zum 15. Mai frei.

Diese beiden 3 D‑Druckfiguren zeigen die Brunonia, die Wagen­len­kerin der Quadriga. Foto: Der Löwe

Die Brunonia als 3D-Figur

Im Zentrum des Ausstel­lungs­raums steht das Schloss­model aus dem Jahr 1960, dessen Hersteller heute leider unbekannt ist. Um dieses Modell herum sind die 15 Stationen aufgebaut. Angefangen bei der Büste des Baumeis­ters Carl Theodor Ottmer bis hin zu den 3D-Druck-Figuren der Brunonia von Julian Rudolph reicht die Palette. Im Rahmen seiner Master­ar­beit, die die Verbin­dungs­tech­niken der Quadriga und anderer Mettal­fi­guren wie das Hermanns­denkmal im Teuto­burger Wald zum Thema hatte, fand Rudolph heraus, dass nur in Braun­schweig die nach der Herstel­ler­firma benannte „Howaldt­sche Technik“ zur Verbin­dung von Metall­platten verwendet wurde. Die 3D-Figuren der Brunonia waren quasi ein Neben­pro­dukt.

School’s‑out-Party mit Erdbeer­sekt

Mit einer Flasche Erdbeer­sekt wird an anderer Stelle an den Schloss­park erinnert, der 1963 nach dem Abriss des Schlosses angelegt worden war. Seit den 1980er Jahren bis 2004 läuteten Braun­schweigs Schüle­rinnen und Schüler dort die Sommer­fe­rien mit einer School’s‑out-Party ein. Nach Baubeginn der Schloss-Rekon­struk­tion und der Schloss-Arkaden war das nicht mehr möglich. Im Spring­brun­nen­be­cken des Schloss­parks erinnerten gerade einmal vier Kapitelle des Schloss­por­tikus an das einstige Schloss, das 1960 abgerissen worden war. Die Mehrzahl der Trümmer, etwa 90 Prozent, landeten in Kralen­riede und wurden zu einem Rodelberg. Wichtige Teile des Schlosses wurden jedoch im städti­schen Bauhof gelagert oder in einer Tonkuhle, über der ein Klein­gar­ten­verein entstand, vergraben. Zur Rekon­struk­tion wurden viele dieser Teile restau­riert und wieder verbaut. Sie sind wegen ihrer dunkleren Färbung gewollt und gut zu erkennen.

Bei den legen­dären School’s‑out-Partys wurde im Schloss­park auch mit Erdbeer­sekt gefeiert. Foto: Der Löwe

Grund­stein­platte von 1833

Touris­tisch war das Schloss schon seit jeher ein Anzie­hungs­punkt. In einem in der Ausstel­lung gezeigten Reise­führer aus dem Jahr 1914 wird das Schloss als einer der „schönsten Fürsten­sitze Deutsch­lands“ gepriesen. Für 1 Mark pro Person konnte das Schloss besich­tigt werden. Laut dem „Kleinen Führer durch Braun­schweig“ mussten sich Inter­es­senten aller­dings beim Schloss­ver­walter am Eingang zum Nordflügel melden. Heute geht es dort zum Roten Saal.

Noch weiter zurück reicht ein anderes, vielleicht das bedeu­tendste Exponat: die Grund­stein­platte aus Silber, die am 26. Mai 1833 geschützt durch eine Bleikas­sette, in das Fundament einge­mauert worden war. Bei Bauar­beiten des ehema­ligen Horten-Kaufhauses stieß ein Bagger­fahrer 1972 zufällig auf Kassette und Grund­stein­platte. Er behielt sie bis zu seinem Tod 2007. Die Erben schließ­lich übergaben beides dem Städti­schen Museum.

Drei Jahrhun­derte Schloss­his­torie

Neben weiteren sehens­werten Objekten sind auch zwei Stationen aus dem „Histo­ri­schen Menü“, das norma­ler­weise im Weißen Saal präsen­tiert wird, aufgebaut. Videos zeigen einen Rundgang durch das alte Schloss und die Entste­hung des rekon­stru­ierten Schlosses.

Über drei Jahrhun­derte und drei Bauwerke reicht die Geschichte des Braun­schweiger Residenz­schlosses: 1717 ließ Herzog August Wilhelm ein bestehendes Gebäude in ein Stadt­schloss, den so genannten „Grauen Hof“, umbauen. 1830 steckten es aufge­brachte Bürger und Bürge­rinnen in Brand als sie den ungeliebten Herzog Karl II. aus Braun­schweig vertrieben. Herzog Wilhelm ließ sein neues Schloss in klassi­zis­ti­scher Form von Baumeister Carl Theodor Ottmer errichten, das nach Beschä­di­gungen im Zweiten Weltkrieg 1960 abgerissen wurde. Heute ist das wieder­auf­ge­baute Residenz­schloss der Welfen ein öffent­lich zugäng­li­ches Bauwerk mit verschie­denen kultu­rellen Nutzungen. Das Gebäude beher­bergt neben dem Schloss­mu­seum die Stadt­bi­blio­thek, das Stadt­ar­chiv und den Fachbe­reich Kultur der Stadt Braun­schweig.

In diese Bleikas­sette wurde die Grund­stein­platte des Schlosses 1833 gelegt. Leihgabe des Städti­schen Museums. Foto: Der Löwe

Besucher­mei­nung gefragt

Besuche­rinnen und Besucher sind im Rahmen der Ausstel­lung „Schloss­ge­schichte – in 15 Objekten“ einge­laden, ihre eigenen Erleb­nisse zum Schloss an einer beson­deren Ausstel­lungs­wand zu äußern. Weitere Infor­ma­tionen zu Programm­punkten, wie die Jubilä­ums­kon­zerte auf einem histo­ri­schen Hammer­flügel von 1796, gibt es auf der Inter­net­seite des Schloss­mu­seums.

Kontakt:

Schloss­mu­seum Braun­schweig
Schloss­platz 1
38100 Braun­schweig

Telefon: 0531/470 4876
E‑Mail: schlossmuseum@residenzschloss-braunschweig.de
Inter­net­seite: www.schlossmuseum-braunschweig.de

Öffnungs­zeiten:

Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr, Mittwoch 13 – 20 Uhr.
Eintritt: Bis zum 15. Mai frei (sonst 4 Euro, Kinder und Jugend­liche bis 15 Jahre frei).

Mehr unter:

www.der-loewe.info/der-lemme-fluegel-kommt-zurueck-ins-schloss
www.der-loewe.info/wie-das-residenzschloss-zurueck-in-die-mitte-der-stadt-kam

 

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