Die „dulle Lotte“: Herzogin Philip­pine Charlotte von Braun­schweig-Wolfen­büttel

Porträt der Herzogin Philippine Charlotte von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1737. Johann Georg Pickhardt (Wolfenbüttel, 1699-1746). Auf dem roten Kissen rechts die Hand der Herzogin: Sie weist hin auf die aus Goldfäden gestickten Kürzel „CP HZBL“ – Carl I. und] Philippine Herzog von Braunschweig und Lüneburg (Gesamthaus).

Herzog­li­ches Kalen­der­blatt, Folge 7: Am 13. März 2025  jährte sich zum 309. Male der Geburtstag von Herzogin Philip­pine Charlotte. Wer war diese Tochter des bekannten „Solda­ten­kö­nigs“, und wie kam sie nach Braun­schweig?

Am 13. März 2025 jährte sich zum 309. Male der Geburtstag von Herzogin Philip­pine Charlotte (1716–1801), der Gemahlin von Herzog Carl I. von Braun­schweig-Wolfen­büttel (1713–1780). Sie entstammte dem preußi­schen Königs­haus, und ihr Vater, Friedrich Wilhelm I., nannte sie nach ihrem Rufnamen Charlotte zärtlich seine „dulle Lotte“.

Das verwun­dert vielleicht, denn der „Solda­ten­könig“ ist eher als herrsch­süchtig bekannt, dem aber auch die unbedingte Pflicht­er­fül­lung für das von ihm aufge­baute Land über alles gingen. „Lotte“ behielt ihre Spaßhaf­tig­keit bis ins Erwach­se­nen­leben, und mit ihren Necke­reien erhei­terte sie als Kind die vielköp­fige Königs­fa­milie, in der auch Spannungen und Intrigen vorherrschten, allen voran der schwere väter­liche Zwist mit Kronprinz Friedrich (II.). Die familiären Kosenamen waren daher in Anlehnung an die franzö­si­sche Umgangs­sprache am Hof „Lolotte“, Lottine“ und sogar Sanssouci“.

Auf der Suche nach einer geeig­neten Partie kam der Vater auf Ferdinand Albrecht II., den er als protes­tan­ti­schen Fürsten im Dienste des römisch-deutschen Kaisers schätzen gelernt hatte. Der Wiener Kaiserhof unter­stützte die Wahl, und so wurde am 19. Mai 1730 in Berlin die Verlobung gefeiert. Kostspielig war die Fahrt dorthin für die Bevern­sche Linie der Braun­schwei­gi­schen Herzöge. Aber eine preußi­sche Prinzessin als Schwie­ger­tochter im Fürsten­haus zerstreute alle finan­zi­ellen Bedenken. Der zukünf­tige Schwie­ger­vater gab dem schüch­ternen Carl den Rat, er solle sie nun „caressieren“ [liebkosen] und ihr „douceurs“ [Zärtlich­keiten] sagen.

Wegen der Jugend der Braut fand die Hochzeit erst 3 Jahre später, am 2. Juli 1733 in Berlin, statt. Da hatte die ältere Schwester Carls, Elisabeth Christine, bereits am 12. Juni 1733 in Schloß Salzdahlum den preußi­schen Kronprinzen gehei­ratet; die preußisch-braun­schwei­gi­sche Doppel­hoch­zeit, einge­fä­delt von den Vätern, hatte statt­ge­funden.

Zwischen Wolfen­büttel und Braun­schweig

Die Ehe Charlottes verlief gut. Ihr Einzug in Wolfen­büttel am 22. Juli war großartig, und ihr neues Zuhause im (erhal­tenen) Kronprin­zen­pa­lais fand sie „bequem und sauber“. Die Schwie­ger­el­tern und das regie­rende Herzogs­paar Ludwig Rudolf und Christine vergöt­terten sie. Aber viel zu rasch wurden sie und Carl nach ihrem Gefühl regie­rende Fürsten.

1735 starben am 21. März Herzog Ludwig Rudolf und nur ein halbes Jahr später am 13. September Herzog Ferdinand Albrecht II., ihr Schwie­ger­vater. Die unbeschwerte Zeit endete. Es folgten der Umzug ins Residenz­schloss und das Zusam­men­raufen mit drei Herzogs­witwen. Besonders im Grauen Hofschloss der Elisabeth Sophie Marie, Gemahlin von August Wilhelm (verstorben 1731), als man zur Braun­schweiger Sommer­messe fuhr, gab es Streit um die gemein­same Küchen­be­nut­zung. 1736 erhielt das Herzogs­paar dort aber den ganzen Südflügel und konnte standes­gemäß residieren.

Der Graue Hof, die Braun­schweiger Residenz der Herzöge, um 1830. Nach einer Litho­grafie von W. Pätz. Charlottes Wohnsitz lag mit Unter­bre­chungen von 1736 bis 1755 im äußeren Südflügel (rechts), und von da ab bis 1780 im äußeren Nordflügel (links).

Charlotte – eine Frohnatur

Komplett­an­sicht des Porträts, heute im Schloss­mu­seum Braun­schweig.

Charlotte behielt ihre Frohnatur. Damit überstand sie Vieles, wie den Kindstod von drei ihrer 13 Kinder und das frühe Ableben vor dem 35. Lebens­jahr von weiteren vier Kindern. Die Flucht aus Braun­schweig 1757/58 und 1761 vor den Franzosen, die Mätressen Carls I. und sein Tod 1780 belas­teten schwer. Trost boten die zahlrei­chen Briefe, die sie mit ihren Geschwis­tern austauschte und die Nähe zu den alten und neuen Verwandten.

Sie hatte auch großes Interesse an der deutschen Literatur und holte 1770 G. E. Lessing als Biblio­thekar nach Wolfen­büttel. Nach 1780 hatte sie sich zurück­ge­zogen und lebte schließ­lich in Schloss Antoi­net­ten­ruhe am Nordrand Wolfen­büt­tels, wo sie noch 21 Jahre einer kleinen Hofhal­tung vorstand (der Hof war 1755/56 nach Braun­schweig verzogen). Am 16. Februar 1801 verstarb sie. Im Schloss­mu­seum Braun­schweig gibt es von J. G. Pickhardt ein großes Porträt dieser Herzogin.

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