Die Himmels­kräfte sind stärker als Luzifer

Szene aus „Ordo Virtutum“. Foto: Veranstalter
Szene aus „Ordo Virtutum“. Foto: Veranstalter

Hildegard von Bingens „Ordo Virtutum“ wird in der Kloster­kirche Riddags­hausen aufge­führt.

Anläss­lich der 750. Wieder­kehr der Weihe erklingt mit „Ordo Virtutum“ die Musik der Hildegard von Bingen (1098 – 1179) der Kloster­kirche Riddags­hausen. Die Musik wurde für diese Insze­nie­rung von der mittler­weile verstor­benen Sängerin Maria Jonas (1957 – 2024) aus dem Original transkri­biert. Die Frauen­en­schola „Ars Choralis Coeln“ entführt mit dem Stück in eine visuelle und akusti­sche Zeitreise in die Welt der Musik und Mystik. Die Auffüh­rung findet am Samstag, 16. August (20 Uhr) statt. Eintritts­karten sind über die Website der Kloster­kirche oder bei Musika­lien Bartels für 25 Euro erhält­lich.

Höhepunkt des Schaffens

Als sich im Jahr 1145 Zister­zi­en­ser­mönche in Riddags­hausen nieder­ließen und damit den Grund­stein für die Kloster­kirche legten, befand sich Hildegard von Bingen auf dem Höhepunkt ihres Wirkens. Sie ist allgemein für ihre frühen Schriften zu Medizin und Kräuter­kunde bekannt. Aber ihr Werk umfasst viel mehr als das: Mit ihren visio­nären Schriften und Gesängen hat sie eine Art theolo­gi­sches Gesamt­kunst­werk hinter­lassen.

2012 wurde sie von Papst Benedikt XVI. heilig­ge­spro­chen. Er erhob sie auch zur Kirchen­leh­rerin (Doctor Ecclesiae univer­salis). Damit ist sie neben Albertus Magnus (um 1200–1280) die einzige Deutsche, der dieser Titel von der römisch-katho­li­schen Kirche verliehen wurde. Mit dem „Ordo Virtutum“ schuf sie das erste schrift­lich überlie­ferte Myste­ri­en­spiel Europas.

Der Titel des Stücks ist nur ungenau zu übersetzen. Das latei­ni­sche Wort „virtus“ wird meistens mit Tugend übersetzt. Hildegard von Bingen sah jedoch eine Verwandt­schaft zu dem Wort „vis“, womit sie Kraft und Stärke bezeich­nete. Das latei­ni­sche Wort „Ordo“, wird oft mit „Spiel“ oder „Reigen“ übersetzt, trifft aber auch nicht die Bedeutung, die sie meinte. Im „Ordo Virtutum“ handelt es sich um die Ordnungen und die Regeln, die Gott aufge­stellt hat.

Hilfe für die Seele

Es ist die szenische Umsetzung einer Grundidee von Hildegard von Bingen: Die Himmels­kräfte helfen der mensch­li­chen Seele, umwerben sie und wollen sie zur Zusam­men­ar­beit mit Gott gewinnen. Doch die Seele lässt sich auf Luzifer, den Teufel ein. Als sie erkennt, dass sie sich mit dieser Entschei­dung selbst geschadet hat, bittet sie die Himmels­kräfte um Hilfe.

Das Ensemble „Ars Choralis Coeln“ gab 2004 in der Kölner Romani­schen Nacht sein Debüt­kon­zert. Seit dieser Zeit hat es das Ensemble geschafft, sich national wie inter­na­tional in der Mittel­alter-Musik­szene zu etablieren. Im Mittel­punkt des Reper­toires steht die Musik von Frauen­klös­tern des Mittel­al­ters. Dazu gehört an erster Stelle die Musik Hildegard von Bingens, aber auch die in zahlrei­chen Handschriften überlie­ferte Musik der Beginen und der Devotio Moderna. Die Insze­nie­rung schließt zeitge­nös­si­sche und inter­kul­tu­relle Elemente sowie Experi­men­tier­freude mit ein.

Mitwir­kende sind Uta Kirsten, Cora Schmeiser, Lucia Mense (Flöten), Maria Jonas, Amanda Simmons, Petra Koerdt, Susanne Ansorg (Fidel, Glocken), Pamela Petsch (Rahmen­trommel), Stefanie Brijoux und Sylvia Dörnemann. Die Patri­ar­chen und Propheten singt die Männer­schola Grego­riana der Kloster­kirche Riddags­hausen unter Leitung von Hans-Dieter Karras.

Das könnte Sie auch interessieren