Wer war Bodo Kampmann?

Der Rufer (1958) auf der Magnikirche in Braunschweig. Foto: Bärbel Mäkeler
Der Rufer (1958) auf der Magnikirche in Braunschweig. Foto: Bärbel Mäkeler

Heute kaum noch bekannt, aber in Braun­schweig so präsent: Expertin Bärbel Mäkeler erinnert an den Künstler Bodo Kampmann und seine Werke.

Überle­bens­große Plastiken wie die Justitia (1956) am Landge­richts­ge­bäude am Domplatz, den Rufer (1958) auf der Magni­kirche oder den Hahn (1970) auf der Petri­kirche kennen die meisten Braun­schwei­ge­rinnen und Braun­schweiger. Aber den Künstler, der diese Werke geschaffen hat, den kennen nur (noch) wenige. Es war Bodo Kampmann (1913–1978).

Gold- und Silber­schmied, Metall­plas­tiker, Bildhauer, Produkt­de­si­gner, Filmar­chi­tekt sowie Bühnen- und Kostüm­bildner – das sind die Berufs­be­zeich­nungen, die einem begegnen, wenn man sich mit ihm beschäf­tigt.

In der Schaf­fens­zeit in Braun­schweig, also von 1954 bis 1977, schuf Bodo Kampmann über ein Dutzend Werke im (halb-)öffentlichen Raum. Kampmanns Arbeiten begleiten uns von der Wiege bis zur Bahre. Denn: Wir finden sie in einer Frauen­klinik, in Schulen, im Museum, im Rathaus sowie auf dem Gelände der PTB und schließ­lich auf dem Friedhof.

Wandschmuck (1969) auf dem Gelände der PTB, Foto: Bärbel Mäkeler.
Wandschmuck (1969) auf dem Gelände der PTB, Foto: Bärbel Mäkeler.

Ein vielsei­tiger Mann also. Und: Sein Leben war ebenso spannend wie seine Werke.

Bodo Kampmann wurde 1913 in Wuppertal geboren, später zogen die Kampmanns nach Berlin und Vater Walter heiratete ein zweites Mal. Sie bewegten sich in Künst­ler­kreisen, waren mit Persön­lich­keiten wie Paul Klee, Max Beckmann, Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger befreundet. Sohn Bodo wuchs also in einem kunst­af­finen Haushalt mit zwei Brüdern auf, später kamen noch drei Stief­ge­schwister dazu, die alle schöp­fe­risch tätig waren. Kampmann repro­du­zierte später dieses vorge­lebte Patchwork-Famili­en­leben, hatte er doch selbst fünf Kinder von drei Frauen.

Ein Leben im Zeichen der Kunst

Zurück zu Kampmanns Biografie: Der 16-jährige Bodo beginnt 1929 eine Lehre, studiert anschlie­ßend Bildhauerei, Gold- und Silber­schmiede an der Preußi­schen Akademie in Berlin und legt 1939 die Meister­prü­fung ab.

Während seines Studiums lernt er seine erste Frau Sheila kennen, die beiden heiraten 1936. Mit ihr hat Kampmann zwei Töchter. 25-jährig, als Ehemann und Vater wird er 1938 einge­zogen und muss im Zweiten Weltkrieg dienen.

Zu Ende des Krieges begegnet Bodo Kampmann in Innsbruck der Malerin Gerhild Diesner. Sie gehört zur Tiroler Avant­garde. Gerhild und Bodo werden ein Paar und leben in einer Künstler-WG. Das Haus avanciert schnell zu einem Künst­ler­treff: Kreative, Schau­spieler und Literaten gehen hier ein und aus.

1947 bekommen Gerhild und Bodo eine Tochter. Nach der Scheidung von Sheila heiraten die beiden 1949 und drei Jahre später kommt ein Sohn zur Welt. Bald darauf trifft Bodo Kampmann eine weitrei­chende Entschei­dung. Da er als Deutscher in Öster­reich keine Arbeit bekommt, geht er nach Remscheid, wo ein Auftrag auf ihn wartet. Und er nimmt seine Tochter mit. Die Ehe zerbricht kurze Zeit später und es folgt seine zweite Scheidung.

In Remscheid dann lernt Kampmann die junge Schau­spie­lerin Margit Nowak kennen. Margit ist erst 25 Jahre alt und damit 15 Jahre jünger als Kampmann. Groß, schön, rothaarig, extra­va­gant.

Erst kurze Zeit in Remscheid, bekommt er das Angebot, in Braun­schweig bei der Werkkunst­schule (WKS) zu unter­richten – und nimmt an. Die WKS stellt ihn als Studi­enrat ein, und das ohne Abitur! Welch Licht­blick nach den kargen Jahren.

Bildende Kunst und Theater: Kampmann in Braun­schweig

Als heraus­ra­gend in Bodo Kampmanns Karriere ist sicher­lich die XI. Triennale 1956 in Mailand zu nennen. Dort gewinnt er mit seinem Teeser­vice Form A die Silber­me­daille. Mit der asiatisch anmutenden Form hat er ein zeitloses Teege­schirr geschaffen, das heute nur noch in Auktionen zu erwerben ist. Mit der Gründung der Staat­li­chen Hochschule für Bildende Künste 1963 wird Kampmann zum Professor ernannt. Er unter­richtet u. a. die Fächer Metall, Indus­tri­elle Formge­bung und Goldschmied. In seiner Zeit in Braun­schweig entstehen für Kirchen und die öffent­liche Hand viele Kunst-am-Bau-Objekte, unzählige Plastiken und Plaketten. Für Kollegen, Freunde, Familie und andere Auftrag­geber fertigt er aufwen­digen Schmuck, wertvolle Dosen und Klein­plas­tiken.

Dose aus Silber mit Mondstein, Foto: Städtisches Museum Braunschweig/Dirk Scherer
Dose aus Silber mit Mondstein, Foto: Städti­sches Museum Braunschweig/Dirk Scherer

Das ist aber noch nicht alles: Kaum jemand weiß, dass Kampmann zwischen 1953 und 1974 Bühnen­bilder und Kostüme für Theater­stücke, Ballette und Opern entwarf. In Städten wie Remscheid, Berlin, Bad Ganders­heim und vor allem am Staats­theater Braun­schweig hat er rund 35 Ausstat­tungen umgesetzt.

Bühnenbild zu „Herodias“ 1967 im Staatstheater Braunschweig, Foto: Familienarchiv Kampmann
Bühnenbild zu „Herodias“ 1967 im Staatstheater Braunschweig, Foto: Familienarchiv Kampmann
Bühnen­bild zu „Herodias“ 1967 im Staats­theater Braun­schweig, Foto: Famili­en­ar­chiv Kampmann

Noch bis zum 31. Dezember findet im Städti­schen Museum eine Kabinett­aus­stel­lung statt: „Bodo Kampmann: Bildhauer und Goldschmied“.

Bärbel Mäkeler ist Germa­nistin, Lektorin, Kolum­nistin und Autorin. Zurzeit schreibt sie an einer Biografie zum Künstler und Theater­mann Bodo Kampmann. Das Buch erscheint Ende November.

Das könnte Sie auch interessieren