Herzog Wilhelm als später Namens­geber

Postkarte aus dem Jahr 1910 anlässlich des 25-jährigen Bestehens. Foto: Wikipedia
Postkarte aus dem Jahr 1910 anlässlich des 25-jährigen Bestehens. Foto: Wikipedia

Braun­schweigs Schulen, Teil 4: Das WG wurde 1885 als „Herzog­lich Neues Gymnasium“ gegründet.

Umgekommen ist Heinrich Jasper 1945 im Konzen­tra­ti­ons­lager Bergen-Belsen. Der große Braun­schweiger Sozial­de­mo­krat war von 1919 bis 1930 mit einigen Unter­bre­chungen Minis­ter­prä­si­dent des Freistaats Braun­schweig. Ihm zu Ehren wurde nach der Nazi-Schre­ckens­herr­schaft die Braun­schweiger Kaiser-Wilhelm-Straße in Jaspe­r­allee umbenannt.

Friedrich-Werner Graf von der Schulen­burg war einer der führenden Köpfe des geschei­terten Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944. Er wurde wegen Hochver­rats im Gefängnis Berlin-Plötzensee gehängt. Zwei traurige Schick­sale bedeu­tender Persön­lich­keiten, die jeweils das Wilhelm-Gymnasium besucht hatten und mit Fug und Recht als leuch­tende Beispiele für die humanis­ti­sche Bildung gelten dürfen.

Für Jasper wurde ein Stolper­stein auf der Straße vor dem WG gelegt. Zuvor gab es bereits solche Gedenk­stein für die jüdischen WG-Schüler Otto Lipmann, Bruno Mielziner und Norbert Regens­burger, die ebenfalls Opfer der Nazis geworden waren. An Friedrich Graf von der Schulen­burg erinnert in Braun­schweig eine Inschrift an der elter­li­chen Grabstätte auf dem Haupt­friedhof. An seinem Geburts­haus in Kemberg (Landkreis Witten­ber­g/­Sachsen-Anhalt) erinnert eine weitere Gedenk­tafel an den Wider­stands­kämpfer.

Erst 1906 umbenannt

Das Wilhelm-Gymnasium vom Löwenwall aus fotografiert. Foto: Der Löwe
Das Wilhelm-Gymnasium vom Löwenwall aus fotogra­fiert. Foto: Der Löwe

Seit dem 20. April 1906 heißt die Schule an der Leonhard­straße Wilhelm-Gymnasium. Benannt ist sie nach Herzog Wilhelm (1806 – 1884), unter dessen Herrschaft der Bau noch begonnen worden war. Die Geburts­stunde dieser „höheren Lehran­stalt“ lag rund 30 Jahre früher. Am 26. Oktober 1885 wurde das „Herzog­liche Neue Gymnasium“ gegründet. Gefühlt möchte man meinen, es sei nach dem Martino Katha­ri­neum (1415) das altehr­wür­digste Gymnasium Braun­schweigs, aber das stimmt nicht, wie der früherer Stadt­hei­mat­pfleger Manfred Gruner in seinem Vortrag zur Feier des 100-jährigen Namens­ju­bi­läums 2006 ausführte. Es gab schon fünf weitere Gymnasien oder Oberschulen in der Stadt als das WG, wie wir heute kurz und bündig, vielleicht sogar ohne den nötigen Respekt sagen.

Altsprach­li­ches Gymnasium

Das Wilhelm Gymnasium an der Leonhardstraße. Foto: Der Löwe
Das Wilhelm Gymnasium an der Leonhard­straße. Foto: Der Löwe

Bereits 1677 wurde eine Waisen­hausschule Hinter Liebfrauen gegründet. Sie wurde im Jahr 1917 geschlossen. Das Gymnasium Kleine Burg geht auf Höhere Privat-Töchter­schule (1815) zurück. Der Ursprung für die Neue Oberschule fand 1825 statt. Der Vorläufer der Raabe­schule war 1861 ein Privat­in­stitut. Und die Hoffmann-von-Fallers­leben-Schule ging aus einer 1876 gegrün­deten Städti­schen Realschule hervor. Das WG ist noch eines der 15 altsprach­li­chen Gymnasien in Nieder­sachsen. Dazu zählt aus Braun­schweig auch noch die NO.

Wer sich aktuell um das Wilhelm-Gymnasium schlau machen will, ist erstaunt: Auf dem Schulhof steht ein großes, weiß-rotes Contai­ner­en­semble, in dem sechs Klassen­räume unter­ge­bracht werden. Sukzes­sive werden Bereiche der Schule brand­schutz­tech­nisch auf Vorder­mann gebracht und die Schüle­rinnen und Schüler müssen dafür umziehen. Die Brand­schutz­er­tüch­ti­gung, wie Experten formu­lieren, ist der erste Schritt für eine fraglos nötige, umfas­sende Sanierung. Mit dem Altbau war 1883 begonnen worden. Nach Kriegs­zer­stö­rungen folgte der Wieder­aufbau zwischen 1946 und 1951. Der natur­wis­sen­schaft­liche Trakt wurde zu Beginn des Schul­jahres 1962/63 einge­weiht. 1974 folgte eine General­sa­nie­rung des Altbaus.

Einwoh­ner­zahl verdop­pelt

Erste Bestre­bungen für den Bau eines zweiten humanis­ti­schen Gymna­siums kamen bereits 1880 auf, weil das Martino Katha­ri­neum aus allen Nähten platzte und keine Schüler mehr aufnehmen konnte. Von Schüle­rinnen war damals noch keine Rede. Die Koedu­ka­tion am WG sollte auch erst 1964 ermög­licht werden. Durch die fortschrei­tende Indus­tria­li­sie­rung hatte sich die Einwoh­ner­zahl der Stadt zwischen 1850 und 1880 auf fast 75.000 verdop­pelt. Es dauerte dennoch fünf weitere Jahre bis die Schule gebaut war und ihren Betrieb aufnehmen konnte. 521 Schüler wechselten zum WG. Das Schulgeld, das die Eltern bezahlen mussten, betrug je nach Alters­stufe von 136 bis 150 Mark, wie Manfred Gruner berich­tete.

Partner­schule des DLR und der TU

Das Wilhelm Gymnasium von der Schulhofseite. Foto: Der Löwe
Das Wilhelm Gymnasium von der Schul­hof­seite. Foto: Der Löwe

Heute ist längst kein Schulgeld mehr fällig, die Beliebt­heit des Wilhelm-Gymna­siums hat sich dagegen behauptet. Das Gymnasium hat ein stark ausge­prägtes Profil. Die Schule ist seit 2003 das Zentrum für die Hochbe­ga­bungs­för­de­rung in der Region Braun­schweig. Sie ist Partner­schule des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der TU Braun­schweig. Außerdem ist sie Mitglied im Natio­nalen Schul­netz­werk MINT-EC (Mathe­matik, Infor­matik, Natur­wis­sen­schaften, Technik).

Heute gehen rund 1000 Schüle­rinnen und Schüler auf das Wilhelm-Gymnasium. Ihnen stehen Schüler­aus­tau­sche nach Griechen­land, Frank­reich, Polen, Israel, USA und China offen. Außerdem hat das WG als Allein­stel­lungs­merkmal in Nieder­sachsen vom fünften Jahrgang an eine Chorklasse zu bieten. Und nicht zu vergessen: einen schul­ei­genen Boots­an­leger an der Oker. Wenn das nicht Motiva­tion genug ist…

Die Schul­leiter:

  • 1885–1893: Alfred Eberhard
  • 1893–1916: Karl Dauber
  • 1916–1923: Ferdinand Beckurts
  • 1924–1950: Karl Gronau
  • 1950–1958: Karl Lange
  • 1959–1978: Dietrich Mack
  • 1978–2000: Bodo Gatz
  • 2000–2017: Gerhard Thamm van Balen
  • Seit 2017: Volker Ovelgönne

Weitere Infor­ma­tionen:

Schul-Homepage: https://wilhelm-gym.de/
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm-Gymnasium_(Braunschweig)

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