Aus dem Stadtarchiv, Folge 4: Die Braunschweiger Unternehmen Voigtländer und Rollei genossen Weltruhm
Die Fotoindustrie ist ein wichtiger Teil der Braunschweiger Industriegeschichte. Obwohl Firmen wie Voigtländer oder Rollei mit ihren innovativen Produkten über lange Zeit Weltruf genossen, erinnert heute nur noch wenig an die einstigen Glanzzeiten. Da es keine gesetzlichen Vorschriften zur dauerhaften Archivierung von Unternehmensschriftgut gibt, ist die Überlieferung vieler Firmen des Braunschweiger Landes heute nicht mehr erhalten. Es ist glücklichen Umständen zu verdanken, dass im Stadtarchiv Braunschweig sowohl zur Firma Voigtländer als auch zu Firma Rollei nennenswerte Archivalienbestände überliefert sind.
Am Anfang der Geschichte der fotografischen Industrie in Braunschweig steht 1849 die Gründung der Firma Voigtländer Sohn, Optische Anstalt Peter Wilhelm Voigtländer (1812–1878). Dieses Unternehmen war zunächst ein Zweigwerk einer schon seit 1756 in Wien bestehenden optischen Firma, die Messgeräte und Operngläser sowie bereits seit den 1840 Jahren auch Objektive und Kameras herstellte.

Besondere Präzision
Die von Jozef Maximilian Petzval berechneten und konstruierten Objektive, zeichneten sich durch eine besondere Präzision aus und waren sehr begehrt. Der Firmensitz wurde noch in den 1850er Jahren ganz nach Braunschweig verlegt. Im Jahr 1898 erfolgte die Umwandlung des Familienunternehmens in eine Aktiengesellschaft. Nach Jahrzehnten des Wachstums geriet die mittlerweile zu Zeiss-Ikon gehörende Firma seit den 1960er Jahren in eine Absatzkrise, die schließlich 1971 zur Schließung des Werkes in Braunschweig-Gliesmarode führte.
Die Gründer des zweiten bekannten Braunschweiger Kameraherstellers Rollei, der Kaufmann Paul Franke (1888–1950) und der Mechaniker Reinhold Heidecke (1881–1960), waren zunächst Mitarbeiter bei Voigtländer gewesen. 1920 gründeten sie die „Werkstatt für Feinmechanik und Optik – Franke und Heidecke“ um von Heidecke konstruierte neuartige Rollfilmkameras zu produzieren. Der große wirtschaftliche Erfolg stellte sich 1928 mit dem Produktionsstart einer neuen Kamera unter Bezeichnung Rolleiflex ein. Es folgten weitere Innovationen und im Jahr 1937 errang die Firma mit der Rolleiflex Automat den Großen Preis der Weltausstellung in Paris.

Kameras millionenfach verkauft
Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Rollei wie auch die Firma Voigtländer vor allem optische Geräte für den militärischen Bedarf. Das erste Jahrzehnt der Bundesrepublik war für Rollei eine Phase des großen wirtschaftlichen Erfolgs. Die Fotografie war nun allgemein verbreitet und die Kameras der Firma wurden millionenfach verkauft. Jedoch geriet das Unternehmen seit den 1960er Jahren zunehmend in Absatzschwierigkeiten und musste 1981, nachdem man in den 1970er Jahren noch Anteile und die Namensrechte von Voigtländer erworben hatte, selbst Insolvenz anmelden. In der Folge wurden zahlreiche Versuche unternommen, die traditionsreiche Kameraproduktion in Braunschweig zu erhalten, doch letztlich waren diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt.
Die Reste des Werksarchivs von Voigtländer gelangten 1972 als Schenkung in die Obhut des Stadtarchivs. Überlieferung der Firma Rollei ist etwas umfangreicher. Eine große Sammlung von Kameras und Objektiven beider Hersteller hat sich im Städtischen Museum in Braunschweig erhalten.
Dr. Henning Steinführer ist Leiter des Stadtarchivs Braunschweig. Der Beitrag erschien zuerst im von der Braunschweigischen Landschaft herausgegeben Buch „Von Asse bis Zucker. Fundamente Braunschweigischer Regionalgeschichte“.
Mit dieser Reihe in Kooperation mit dem Stadtarchiv wollen wird unsere Leserinnen und Leser auch auf das Jubiläum zum 1000-jährigen Bestehen Braunschweigs im Jahr 2031 vorbereiten. Anlass dafür ist die Ersterwähnung der Stadt in der Weiheurkunde der Magnikirche von 1031.



