Nichts verstaubt nach 600 Jahren

Schulleiter Manfred Wildhage zeigt die Gründungsurkunde von Martineum und Katharineum vom 24. Februar 1415. Foto MK
Schulleiter Manfred Wildhage zeigt die Gründungsurkunde von Martineum und Katharineum vom 24. Februar 1415. Foto MK

Das Martino-Katha­ri­neum feiert als Braun­schweigs ältestes Gymnasium ein bemer­kens­wertes Jubiläum und erntet Lob für seine Moder­nität.

Das Martino-Katha­ri­neum ist Braun­schweigs ältestes Gymnasium und feiert in diesem Jahr mit Stolz, Engage­ment und Einfalls­reichtum sein 600-jähriges Bestehen. Am 24. Februar 1415 unter­zeich­nete Papst Johannes XXIII. im Rahmen des Konzils von Konstanz die Gründungs­ur­kunde für zwei städti­sche Latein­schulen, das Martineum und das Katha­ri­neum. Seit 1828 sind beide aber nun schon vereint. Der Binde­strich im Namen Martino-Katha­ri­neum (MK) macht‘s deutlich. Das MK zählt mit dieser weit zurück­rei­chenden Geschichte zu den tradi­ti­ons­reichsten Schulen Deutsch­lands.

Das heutige MK mit rund 900 Schüle­rinnen und Schülern lebt aber keines­wegs nur von seiner Historie, sondern überzeugt mit ausge­prägter Moder­nität. Aktuelle Stich­worte dazu lauten: Umwelt­schule in Europa, Partner­schule des Leistungs­sports für Volley­ball und Hockey, Partner­schaften zu Schulen in den USA, Mexiko, Japan und Frank­reich, Partner­schaften zu Wissen­schafts­ein­rich­tungen, zu Unter­nehmen und zur Allianz für die Region. Das MK ist weltoffen und trotzdem fest verankert in Braun­schweig. Ein Ausflug auf die aktuellen und gut gepflegten Inter­net­seiten des MK ist zur Bestä­ti­gung dieser These empfohlen.

Dort findet sich auch das komplette Jubilä­ums­pro­gramm mit zentralem Festakt, Musik-Revue, Theater­stück, einem Hörstück durch die MK-Geschichte, einer beson­deren Sport­schau, Sommer­fest, Weihnachts­got­tes­dienst und vielem mehr. Bei allem spielen übrigens Schüle­rinnen und Schüler die Haupt­rollen. Bei so viel Engage­ment müssen sie ihre Schule wohl sehr mögen. Bei der Finan­zie­rung der langan­hal­tenden Festlich­keiten haben eine ganze Reihe von Freunden, Förderern und Sponsoren geholfen, darunter auch die Richard Borek Stiftung.

Histo­riker Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, Leiter des Instituts für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte an der TU Braun­schweig (IBR), wertet die Schul­grün­dung vor 600 Jahren als ein heraus­ra­gendes Ereignis bürger­schaft­li­cher Initia­tive zur städti­schen Bildungs­po­litik. „Am Ende des 14. Jahrhun­derts gab es in Braun­schweig drei kirch­liche Latein­schulen. Diese Schulen waren zur Ausbil­dung späterer Priester bestimmt. Wie in anderen Städten auch, sollten aber noch zusätz­lich stadt­ei­gene Latein­schulen entstehen. Deshalb bat man den Papst, deren Einrich­tung zu geneh­migen“, erklärt Biegel den geschicht­li­chen Hinter­grund (Vortrag 18. Februar, 19 Uhr, Aula des MK).

Auch Braun­schweigs Stadt­pa­tri­ziat habe seiner­zeit die Notwen­dig­keit erkannt gehabt, seiner Jugend eine an den Aufgaben von Wirtschaft und Handel orien­tierten Ausbil­dung zu ermög­li­chen. Das habe mit der expan­die­renden städti­schen Wirtschaft und der wachsenden politi­schen Macht des städti­schen Bürger­tums zusam­men­ge­hangen. Die Pläne des Rates, bürger­liche Latein­schulen zu gründen, stießen auf erbit­terten Wider­stand der Geist­lich­keit, die eine ernst­hafte Gefähr­dung ihres Bildungs­mo­no­pols ebenso wie nicht unerheb­liche wirtschaft­liche Vorteile gefährdet sah, so Biegel.

Vergeb­lich, wie wir heute wissen. Mit dem Jubiläum 2015 bietet sich, so sagt Schul­leiter Manfred Wildhage, die Möglich­keit einer reflek­tierten Stand­ort­be­stim­mung in der Gegenwart. Dabei soll deutlich werden, dass sich Tradition und Innova­tion nicht wieder­spre­chen, sondern sich im Sinne eines zukunfts­fä­higen gymna­sialen Profils ergänzten. Er sagt: „In einer schnell­le­bigen Bildungs­ge­sell­schaft sind wir auch in Zukunft gut beraten, den Kern von Schule nicht aus den Augen zu verlieren.“

Wildhage meint damit guten Unter­richt, Förderung von Talenten, vertrau­ens­vollen Umgang zwischen Lehrern und Schülern, Eltern, die die Arbeit der Lehre­rinnen und Lehrer unter­stützen. Daran ist nichts verstaubt, das alles sind für ihn Faktoren für Stabi­lität und Konti­nuität in Zeiten der schuli­schen Verän­de­rung. Für das MK stellt der Schul­leiter fest: „Bei uns steht immer der Mensch im Mittel­punkt. Ganz so, wie es im Leitbild unserer Schule steht: virtuti-humani­tati-pietati.“

Lob und Anerken­nung gibt es zum Jubiläum von vielen Seiten. So meint Braun­schweigs Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth, einst selbst MK-Schüler, dass es dem MK in der jüngeren Vergan­gen­heit gelungen sei, seinen exzel­lenten Ruf als Gymnasium nicht nur zu festigen, sondern sich zu einer noch leistungs­stär­keren, moder­neren Schule zu entwi­ckeln. Und für den Nieder­säch­si­schen Minis­ter­prä­si­denten Stephan Weil ist das MK ein Gymnasium, das in der Schul­land­schaft von Stadt und Umland hohes Ansehen genießt und eine besondere Stellung innehat – nicht zuletzt auch oder gerade wegen seines ausge­zeichnet guten Schul­klimas. So etwas hört ein Schul­leiter natürlich gern.

Zurück zur Geschichte: Das MK war nicht von Anfang an der Breiten Straße behei­matet. Dorthin zog es erst 1869, als ein Neubau fertig­ge­stellt worden war. Zunächst lagen die noch getrennten Schulen in der Nähe von St.-Martini-Kirche und St.-Katharinen-Kirche – daher auch die Namens­ge­bung. In der Bomben­nacht vom 15. Oktober 1944 wurde das Schul­ge­bäude schwer getroffen und beschä­digt. Der Wieder­aufbau dauerte bis in die Mitte der 1950er Jahre. Für den Aula-Neubau wurde das noch heute prägende, histo­ri­sche Martins-Portal aus den Trümmern des ebenfalls zerstörten alten „Marti­neums“ wieder errichtet. Es steht gleichsam die lange Geschichte der Schule.

Das Stadt­mar­ke­ting Braun­schweig würdigt das fraglos heraus­ra­gende Jubiläum mit einer bemer­kens­werten Plakat­serie. Darin werden bedeu­tende Persön­lich­keiten, die einst das MK besuchten, aktuellen Schülern gegen­über­ge­stellt. Unter dem Titel „Einer von uns“ symbo­li­sieren Komponist Louis Spohr (1784–1859), Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallers­leben (1798–1874) der Mathe­ma­tiker Carl Friedrich Gauß (1777–1855) und Lehrer Konrad Koch (1846–1911), der das Fußball­spiel in Deutsch­land einführte, die immense Tradition und auch Bedeutung. Die Schüle­rinnen und Schüler von heute verdeut­li­chen Lebhaf­tig­keit und Moder­nität, die Braun­schweigs älteste Schule heute auszeichnen.

Infor­ma­tionen:
http://mk-braunschweig.de/mk600/start/
http://www.braunschweig.de/kultur/veranstaltungen/blickpunkte/bsm_artikel/2015–02-24_mk600-Startseite.html

Ausstel­lung:
Stadt – Schule – Kirche: Martino-Katha­ri­neum 1415–2015

Ausstel­lung in der Martini-Kirche und im Altstadt­rat­haus

Dienstag, 24.Februar bis Mittwoch, 22.April 2015

Fotos

Das könnte Sie auch interessieren

  • Die älteste Schule der Stadt

    Die älteste Schule der Stadt

    Braunschweigs Schulen, Teil 1: Das Martino-Katharineum hat in 600 Jahren mehrfach deutsche Geschichte geschrieben. Weiterlesen

  • MK-Geschichte liest sich wie ein Krimi

    MK-Geschichte liest sich wie ein Krimi

    Das Stadt­ar­chiv Braun­schweig zeigt im Altstadt­rat­haus noch bis zum 22. April eine Kabinett­aus­stel­lung zum 600-jährigen Gründungs­ju­bi­läum des Gymna­siums Martino-Katha­ri­neum. Das Stadt­ar­chiv Braun­schweig bewahrt in den weitläu­figen Magazin­räumen große Schätze der Lokal­ge­schichte auf. Wieder einmal deutlich wird dies bei der Kabinett­aus­stel­lung „Stadt – Schule – Kirche. Martino-Katha­ri­neum 1415–2015, die anläss­lich der 600-Jahrfeier der ältesten Schule Braun­schweigs… Weiterlesen

  • Von der höheren Töchter­schule zur Kleinen Burg

    Von der höheren Töchter­schule zur Kleinen Burg

    Braunschweigs Schulen, Teil 6: Aufsichtsdamen stellten sicher, dass die engen Grenzen des weiblichen Anstands nicht überschritten wurden. Weiterlesen