Lessing-Preis für Dokumen­tar­filmer

Autor und Dokumentarfilmer Dieter Wieland. Foto: Bildarchiv Bayrischer Landtag
Autor und Dokumentarfilmer Dieter Wieland. Foto: Bildarchiv Bayrischer Landtag

Jury über Dieter Wieland: Unabhän­gig­keit, Sicher­heit seines Urteils und sein Kampf gegen insti­tu­tio­na­li­sierte Borniert­heit erinnern an den großen Aufklärer.

Das Geheimnis gelüftet: Die Jury hat den Preis­träger des Lessing-Preises für Kritik 2016 bekannt­ge­geben. Ausge­zeichnet wird Autor und Dokumen­tar­filmer Dieter Wieland. Die Ehrung findet am 8. Mai 2016 in der Herzog August Biblio­thek Wolfen­büttel statt. Der Lessing-Preis für Kritik wird seit dem Jahr 2000 alle zwei Jahre von der Lessing-Akademie Wolfen­büttel und Die Braun­schwei­gi­sche Stiftung vergeben.

Nach Auffas­sung der Jury hat Wieland seit den frühen 1970er Jahren mit einer großen Zahl an Filmen auf einzig­ar­tige Weise Archi­tektur- und Bebau­ungs­kritik geübt. Er habe genaues Schauen auf die Sache und intel­lek­tu­elle Kritik mitein­ander verbunden. In ruhiger und unauf­dring­li­cher Kamera­füh­rung kombi­nieren seine Filme die Ästhetik des unabhän­gigen Dokumen­tar­films mit der Tradition bayerisch-öster­rei­chi­scher Sprach­kritik.

An Lessings publi­zis­ti­sches Werk erinnerten die Unabhän­gig­keit und Sicher­heit seines Urteils, der Kampf gegen insti­tu­tio­na­li­sierte Borniert­heit und der grund­sätz­liche Anspruch auf Öffent­lich­keit. Dieter Wielands Schaffen sei anzuer­kennen, so die Jury, als eine durch ihre Form und ihren Weitblick in die Gesell­schaft anhaltend wirkende Kritik. Mit dem Preis wird, nach dem Vorbild Lessings, Kritik in einem elemen­taren, fachüber­grei­fenden, auch gesell­schaft­lich wirksamen Sinn ausge­zeichnet sowie eine bedeu­tende, geistig und insti­tu­tio­nell unabhän­gige, risiko­freu­dige kritische Leistung.

„Fernsehen kann mehr als unter­halten, es kann etwas bewegen, wenn es weiß, was es will. Es kann Gedanken vermit­teln, kann Haltungen vorleben, kann Sehen lehren und die Augen öffnen. Es kann zeigen, was hinter den Dingen steckt. Es kann den Hunger nach Qualität fördern und den kriti­schen Umgang mit Natur und Umwelt. Es kann, es muss die Nähe zeigen, denn die nächste Nähe ist oft unbekannter als die Ferne”, wird Dieter Wieland auf der Seite des Bayri­schen Rundfunks zitiert.

Der 78-Jährige ist gebür­tiger Berliner, kam als Student nach München. Er studierte Bayeri­sche Landes­ge­schichte, Neuere Geschichte und Kunst­ge­schichte an der Univer­sität München. Seit 1964 arbeitete er als freier Mitar­beiter für den Bayeri­schen Rundfunk. Einer breiten Öffent­lich­keit wurde er durch die Dokumen­tar­film­reihe Topogra­phie bekannt, die von 1972 an in der Sende­reihe „Unter unserem Himmel“ des Bayeri­schen Rundfunks gezeigt wurde.

In der Begrün­dung der Jury des Lessing-Preises für Kritik heißt es weiter: „Wie nebenbei erhält der Zuschauer eine ebenso gründ­liche wie präzise, kultur­his­to­risch fundierte Unter­wei­sung über die Zusam­men­hänge von Geschichte, Politik,  Landschaft, Gesell­schafts­struktur und Formbe­wusst­sein. Dieter Wieland hat das Medium des Fernse­hens als kriti­sches Genre für den Erhalt gewach­sener Lebens­räume genutzt, ohne persön­lich zu verletzen.“

Es gehört zu der Beson­der­heit der Auszeich­nung, dass der Preis­träger einen Förder­preis­träger eigener Wahl bestimmen darf. Dieter Wieland wählte den Publi­zisten und Journa­listen Thies Marsen aus. Marsen ist seit 1998 freier Mitar­beiter beim Hörfunk des Bayeri­schen Rundfunks. Als Journa­list setzt er sich insbe­son­dere mit der NS-Vergan­gen­heit und dem Neofa­schismus in der Bundes­re­pu­blik ausein­ander. Für seine Repor­tagen und Features wurde er mehrfach ausge­zeichnet.

Dotiert ist der Lessing-Preis für Kritik mit insgesamt 20.000 Euro (15.000 und 5.000). Die bishe­rigen Preis­träger und Förder­preis­träger waren Karl Heinz Bohrer / Michael Maar (2000), Alexander Kluge / St. Peters­burger Cello-Duo (2002), Elfriede Jelinek / Antonio Fian (2004), Moshe Zimmer­mann / Sayed Kashua (2006), Peter Sloter­dijk / Dietmar Dath (2008), Kurt Flasch / Fiorella Retucci (2010) Claus Peymann / Nele Winkler (2012) sowie Hans-Ulrich Wehler/Albrecht von Lucke im Jahr 2014.

Zur Jury gehören die Publi­zistin Dr. Franziska Augstein, die Romanistin Prof. Dr. Ulrike Sprenger, der Leiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Braun­schweig Prof. Dr. Joachim Block, der Hallenser Germanist Prof. Dr. Daniel Fulda, Prof. Dr. Erich Unglaub, Germanist und Vorstands­mit­glied der Lessing-Akademie Wolfen­büttel und der frühere Direktor der Herzog August Biblio­thek, Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer.

Mehr über Dieter Weiland: http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/unter-unserem-himmel/dieter-wieland-topographie-100.html

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