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Wie das Horten-Kaufhaus das Magniviertel rettete

Magnikirche und Magnikirchplatz, um 1930. Foto: Stadtarchiv
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Braunschweigs Plätze, Folge 10: Der Magnikirchplatz drohte bis in die 1970er Jahre hinein, für eine autogerechte Ost-West-Tangente geopfert zu werden.

„Der Platz hat alles, was ich mir wünsche. So stelle ich mir Stadt vor“, zeigte sich Lessing-Preisträger, Dokumentarfilmer und Autor Dieter Wieland im Gespräch mit Stadtplaner Walter Ackers begeistert vom Magnikirchplatz (Video s.u.). Der Ur-Münchner Wieland, ein kritischer Geist, der immer wieder gesichtslose Bauarchitektur anprangert, geriet ins Schwärmen: „Wenn ich hier sitze, könnte ich mich in Braunschweig verlieben.“ Nicht nur vom Magnikirchplatz war Wieland beeindruckt, sondern auch vom grundsätzlichen Wiederaufbau der Traditionsinseln nach dem Krieg, von dem er wie so viele Auswärtige nichts gewusst habe. Dabei hätte es den Magnikirchplatz und das Magniviertel fast nicht mehr gegeben. Zum Glück wurde aber verhindert, dass eine breite Ost-West-Tangente zum Totalabriss geführt hätte.

Lessing-Preisträger Dieter Wieland (links) und Stadtplaner Walter Ackers auf dem Magnikirchplatz: Screenshot: Der Löwe

Lessing-Preisträger Dieter Wieland (links) und Stadtplaner Walter Ackers auf dem Magnikirchplatz: Screenshot: Der Löwe

Lange dem Verfall preisgegeben

Zerstörte Magnikirche, 1945. Foto: Archiv Elmar Arnhold

Zerstörte Magnikirche, 1945. Foto: Archiv Elmar Arnhold

In den ersten Nachkriegsjahren seien historische Stadtquartiere mit überalterter Bausubstanz ins Abseits geraten, erinnert Stadtteilheimatpfleger und Bauhistoriker Elmar Arnhold an die einstigen, frevelhaften Pläne. Diese damals weit verbreitete Geringschätzigkeit historischen Gebäuden gegenüber habe sich auch auf das Magniviertel ausgewirkt: Alte Fachwerkbauten wurden nicht saniert, sondern dem Verfall preisgegeben. Die Kehrtwende brachte letztlich tatsächlich erst der moderne Bau des Kaufhauses Horten und die Anlage der Georg-Eckert-Straße in den 1970er Jahren. Dadurch war der Durchbruch vom Waisenhausdamm in Richtung Leonhardstraße über den Magnikirchplatz endgültig vom Tisch. Zum Glück. Heute zählt die Traditionsinsel mit seinem ganz besonderen Flair zum Schönsten, was Braunschweig zu bieten hat.

Gemeinsam mit Elmar Arnhold stellt „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“ Braunschweigs Innenstadt-Plätze in monatlicher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung herausgegebenen Buch „Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestaltungspläne für den Hagenmarkt. Herausgekommen ist ein attraktives Standardwerk.

Umkehr nach den 1970er Jahren

Zugemauerte Fenster auf der Südseite der Magnikirche. Foto: Elmar Arnhold

Zugemauerte Fenster auf der Südseite der Magnikirche. Foto: Elmar Arnhold

Bis ins 20. Jahrhundert hatte sich das Umfeld des Magnikirchplatzes seit den Anfängen kaum verändert. Dort, im Weichbild Altewiek, lebten einst Handwerker, Kleinhändler und Tagelöhner. Das Magniviertel zählt zu den ältesten Quartieren der Stadt. „Südwestlich der Magnikirche entstand wohl spätestens um das Jahr 1000 eine Ansiedlung von Kaufleuten als Gegenstück zur Kohlmarktsiedlung“, schreibt Elmar Arnhold. Die Weiheurkunde der Magnikirche aus dem Jahr 1031 stellt übrigens die Ersterwähnung Braunschweigs (Brunesguik) dar.

Im Gegensatz zur Magnikirche waren nur wenige Häuser am Magnikichplatz von den Fliegerbomben des 23. April 1944 getroffen worden. Die Kirche aber brannte zu großen Teilen aus. Beim Wiederaufbau (1956-1964) wurden die südlichen Fenster zugemauert. Nicht gesichert ist, aber immer wieder kolportiert wird, dass das im Vorgriff auf den dein seinerzeit geplanten Straßendurchbruch zurückzuführen sei. „Von Mitte der 1970er Jahre bewegte sich das Pendel aber in Richtung Bewahrung der noch vorhandenen Altstädte und historischen Stadtquartiere. Seitdem wurde auch im Magniviertel ein Großteil der Häuser in die Denkmalliste eingetragen und saniert“, erläutert Bauhistoriker Elmar Arnhold, den Aufschwung des Magnikirchplatzes zu einem der stimmungsvollsten Orte Braunschweigs, dem Autoverkehr zum Trotz.

Blick auf den Magnikirchplatz. Foto: Elmar Arnhold

Blick auf den Magnikirchplatz. Foto: Elmar Arnhold

Fakten:

Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Herausgeber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestaltung: Elmar Arnhold
Herstellung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978-3-9823115-0-0
Preis: 12,90 Euro

Video: www.der-loewe.info/spaete-liebeserklaerung-an-braunschweig

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