Vier Skulp­turen zum Luther­jahr 2017

Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe und seine Skulptur „Christuskopf“ vor der Kirche in Salzgitter-Lesse. Foto: Stiftung Prüsse/Susanne Hübner
Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe und seine Skulptur „Christuskopf“ vor der Kirche in Salzgitter-Lesse. Foto: Stiftung Prüsse/Susanne Hübner

Die evange­li­sche Kirche feiert im kommenden Jahr das 500-jährige Refor­ma­ti­ons­ju­bi­läum, im Braun­schweiger Land erinnern Skulp­turen an die zentralen Werte Luthers.

„So sieht es gut aus“, zufrieden blickt der Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe auf die rund drei Meter hohe Skulptur, die ein Kran vor der Kirche in Salzgitter-Lesse auf einem kleinen Podest platziert hat. Andert­halb Jahre stand der Chris­tus­kopf aus einer rund 350 Jahre alten Eiche in Hornburg, in den nächsten Monaten wird er die Lesser begleiten. Die Skulptur wirbt für ein Kunst­pro­jekt aus Anlass des 500-jährigen Refor­ma­ti­ons­ju­bi­läums, das als Koope­ra­tion zwischen der Stiftung Prüsse und der evange­li­schen Landes­kirche initiiert wurde.

Bis zum Luther­jahr 2017 werden im Braun­schweiger Land insgesamt vier Skulp­turen von Kleine-Tebbe aufge­stellt. Zwei stehen bereits in Braun­schweig und Hornburg, zwei weitere folgen in diesem Jahr in Salzgitter-Lesse und im nächsten Jahr in Groß Denkte (Kreis Wolfen­büttel). Die Kunst­werke sollen die zentralen Glaubens­grund­sätze der Refor­ma­tion symbo­li­sieren: die Heilige Schrift, Jesus Christus, die Gnade und den Glauben.

Im Harzvor­land, auf dem Kleinen Fallstein bei Hornblick, blickt ein sich innig umschlin­gendes Engels­paar Richtung Brocken, die Flügel zum Himmel gestreckt. Die 3,60 Meter hohe Skulptur aus Koral­le­n­oo­lith steht für den Glauben (Sola Fide) und Kleine-Tebbe will den Glauben an Gott und das sich vertrau­ende Mitein­ander an einem Paar darstellen, das sich gegen­seitig ergänzt. Als Orien­tie­rung hat ihm ein irischer Sinnspruch gedient: „Wir Menschen gleichen Engeln mit nur einem Flügel. Wenn wir uns umarmen, können wir fliegen.“

Rund 40 Kilometer von Hornburg entfernt, am Nordufer des Bienroder Sees im Norden Braun­schweigs, befindet sich eine weitere, mehr als drei Meter hohe Skulptur von Kleine-Tebbe aus Obern­kirchner Sandstein. Inmitten von Obstbäumen, vor denen kleine Schilder auf die Taufdaten von Kindern aufmerksam machen, thront ein riesiger Kopf auf einem Stamm, halb Christus, halb Taube. Die Skulptur „Solus Christus“ (Allein Jesus Christus) wurde 2014 enthüllt und ist die erste des Kunst­pro­jekts, das die Braun­schweiger Karin und Joachim Prüsse Stiftung in Auftrag gegeben hat. Für Kleine-Tebbe versinn­bild­licht das Kunstwerk die „unmit­tel­bare Verbin­dung zwischen Mensch und Gott“, unter­stützt werde diese Verbin­dung durch den Heiligen Geist, dessen Symbol die Taube ist.

Der Bildhauer ist einer der wenigen in Deutsch­land, der vor allem figürlich arbeitet, unter der Sinnhaf­tig­keit christ­li­cher Gedanken. „Ich habe da fast ein Allein­stel­lungs­merkmal“, sagt Kleine Tebbe. Auf einem Werkhof im Braun­schweiger Stadtteil Querum hat er seine Werkstätten, und an der frischen Luft entstehen seine Skulp­turen, aus Marmor und Muschel­kalk, aus Kalk- und Sandstein.

„Draußen, auf dem Hof, kann ich sehen, wie die Skulp­turen im Morgen­licht wirken, am Mittag und in der Abend­sonne und wie der Schatten zu unter­schied­li­chen Tages­zeiten fällt“, sagt der Bildhauer. Und noch einen Vorteil hat die Tätigkeit an der frischen Luft: Der Staub, der bim Meißeln entsteht, weht ganz einfach weg. Er weist auf einen mehr als zwei Meter hohen weißen Marmor­block aus dem italie­ni­schen Carrara, der im Sonnen­licht glitzert und auf dem bereits die Konturen eines Frauen­kopfes zu erkennen sind. Daraus soll das Kunstwerk Sola Scriptura („Allein die Heilige Schrift“) entstehen, das im Herbst in Salzgitter-Lesse aufge­stellt wird. Wie das einmal aussehen könnte, zeigt ein 30 Zenti­meter hohes Modell aus Model­lierton: eine geöffnete Bibel aus dem ein ebenmä­ßiger Frauen­kopf als Sinnbild für die Weisheit heraus­schaut.

Die Ideen für die vierte Skulptur „Allein aus Gnade“ (Sola Gratia) hat Kleine-Tebbe gezeichnet. Es wird im Luther-Jahr 2017 in Groß Denkte enthüllt und schließt das Kunst­pro­jekt ab. Sinnbild der Gnade wird eine segnende Hand sein, vor der sich eine Familie mit Eltern, Kindern und Großmutter befindet, auch ein Lamm ist zu sehen. Der Bildhauer fertig das Kunstwerk aus einem 2.20 Meter hohen und zwei Meter breiten Block aus franzö­si­schem Kalkstein.

Von oben betrachtet, ergeben die vier Standorte der Skulp­turen ein Kreuz, die später durch einen Wanderweg mitein­ander verbunden werden sollen und so an die Errun­gen­schaften der Refor­ma­tion erinnern. Stifter Joachim Prüsse will mit dem Kunst­pro­jekt etwas Bleibendes schaffen, das über das Luther­jahr 2017 hinaus Bestand hat: „Für mich sind die Skulp­turen eine Art Grenz­steine oder Landmarken für die Erkennt­nisse, die Luther postu­liert hat.“

Der Künstler

Der Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe studierte in Nürnberg an der Akademie der Bildenden Künste Bildhauerei und lebt seit 1994 in Braun­schweig. Er war Assistent des Bildhauers Prof. Jürgen Weber und hat in Braun­schweig beispiels­weise die Marmor­skulptur der Laodizea vor dem Natur­his­to­ri­schen Museum geschaffen und die Bronze­plastik der Bathseba im Audimax der Techni­schen Univer­sität Braun­schweig. Kleine-Tebbe ist freibe­ruf­lich tätig und lehrt am Bildungs­zen­trum für Stein­metze und Bildhauer, darüber hinaus gibt er Kurse an Schulen und Univer­si­täten.

Die Stiftung

Die gemein­nüt­zige Karin und Joachim Prüsse Stiftung setzt sich vor allem für den Erhalt von Baudenk­mä­lern im Braun­schweiger Land ein sowie für die Kunst- und Kultur­för­de­rung. So unterhält die Stiftung die denkmal­ge­schützten Kemenaten „Jakob-Kemenate“ und „Kemenate-Hagen­brücke“ in Braun­schweig. Darüber hinaus wird die Arbeit der evange­lisch-luthe­ri­schen Gemeinden in der braun­schwei­gi­schen Landes­kirche und die der jüdischen Gemeinde Braun­schweig gefördert. Ein weiterer Schwer­punkt ist das Kunst­pro­jekt mit vier Großskulp­turen des Bildhauers Magnus Kleine-Tebbe.

Termine

Sonnabend, 22. Oktober, 16 Uhr, 38228 Salzgitter-Lesse, Nähe Barbecker Weg, Landes­straße 619: Enthül­lung der Skulptur „Sola Skriptura“
Oktober 2017, 38321 Groß Denkte, Kreis Wolfen­büttel: Enthül­lung der Skulptur „Sola Gratia“, der genaue Termin steht noch nicht fest

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