Alle Orgeln Braun­schweigs

Die Orgel in St. Martini ziert den Bucheinband. Foto: meyermedia
Die Orgel in St. Martini ziert den Bucheinband. Foto: meyermedia

Autor Uwe Pape und Fotograf Jochen Weihmann legen ein umfang­rei­ches Standard­werk zum Orgelbau in der Stadt vom 13. Jahrhun­dert bis heute vor.

Weit vor Zucker­in­dus­trie, Konser­ven­fa­briken, Fahrzeug-und Maschi­nenbau oder optischer Industrie machten aus Braun­schweig bedeu­tende Orgel­bauer von sich reden. Mit der zweiten und wesent­lich erwei­terten Auflage des Buches „Orgeln und Orgel­bauer in Braun­schweig“ haben Uwe Pape (Text) und Jochen Weihmann (Fotos) dem Rechnung getragen und erstmals eine vollstän­dige Übersicht über den Orgelbau in der Stadt vom 13. Jahrhun­dert bis heute vorgelegt.

Alle wichtigen Instru­mente wurden neu fotogra­fiert. Außerdem enthält der Band bedeu­tende histo­ri­sche Aufnahmen aus der Kriegs- und Nachkriegs­zeit. Sie stammen aus dem Archiv des Landes­kirch­li­chen Bauamtes und aus privaten Archiven. Fast alle Orgeln waren im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Deswegen erlebte der Orgelbau nach 1945 eine wahre Renais­sance. Unter anderem Franz und Otto Dukowski, Siegfried Bürger oder Friedrich Weißen­born und sein Nachfolger Peter Reichmann machten sich als Orgel­bauer einen Namen.

Der erste Band war 1966 erschienen. Autor Pape hatte mit der Recherche dazu bereits 1959 begonnen. Bis 1971 war er Assistent für Angewandte Mathe­matik an der Techni­schen Univer­sität in Braun­schweig, ehe er an der TU Berlin eine Professur annahm. Seit 1963 veröf­fent­licht er in seinem Verlag Bücher über Orgel­bau­ge­schichte. Im Vergleich zur ersten Auflage sind vor allem alle Kirchen in den in den 1970er Jahren einge­mein­deten Orten neu aufge­nommen.

Auf 651 Seiten und in 177 Abbil­dungen werden in dem aktuellen Werk der histo­ri­sche und gegen­wär­tige Orgel­reichtum der Stadt sehr akribisch abgebildet. Braun­schweig und seine Bedeutung als Zentrum des Orgelbaus, insbe­son­dere im 17. Jahrhun­dert, stehen im Fokus. So enthält der Band auch ein 112 Seiten umfas­sendes Lexikon der Orgel­bauer und Instru­men­ten­ma­cher dieser Zeit. Heinrich Compenius, Gottfried Fritzsche und Jonas Weigel zählt der Autor zu den bekann­testen Meistern, die in Braun­schweig gewirkt haben.

Heute erinnern noch die Orgeln in St. Martini und in der Kloster­kirche Riddags­hausen an diese Hochzeit. Das Gehäuse der Orgel in St. Martini, von 1630 bis 1631 von Jonas Weigel geschaffen, überlebte bis heute. Beim Bomben­an­griff auf Braun­schweig 1944 war es bereits vorsorg­lich ausge­la­gert worden. In Riddags­hausen blieb ein Teil der histo­ri­schen Substanz der ersten Orgel von Heinrich Compenius erhalten. Der bei der Rekon­struk­tion 1979 wieder verwendet wurde. Für Pape gehören darüber hinaus die Orgeln im Dom, in St. Aegidien, St. Ulrici, St. Katha­rinen, St. Andreas, St. Magni, St. Petri und in St. Johannis zu den bedeu­tendsten. Beschrieben und abgelichtet sind alle Kirchen­or­geln der Stadt von Bevenrode bis Wenden.

Die Geschichte des Braun­schweiger Orgelbaus reicht bis weit ins Mittel­alter zurück.  Die meisten Innen­stadt-Kirchen hatten bereits im 14. und 15. Jahrhun­dert kleine Instru­mente. Aber nur im Dom und St.Kathrinen sind bereits Orgeln vor 1300 verbrieft, heißt es in dem von der Richard Borek Stiftung und der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz geför­derten Buch.

„Bisher blieb Braun­schweig von Kirchen­schlie­ßungen größeren Umfangs verschont. Insofern ist die hier vorge­legte Dokumen­ta­tion und objektive Bewertung der Braun­schweiger Orgeln von großer Wichtig­keit. Als Orgelsch­ver­stän­diger in der Ev.-luth. Landes­kirche in Braun­schweig weiß ich die sorgfäl­tige und vollstän­dige Erfassung auch vieler heute nicht mehr existie­render  Positive, kleiner Hausor­geln, Instru­mente für Synagogen und Schulen sehr zu schätzen“, lobte Rüdiger Wilhelm im Geleit­wort zum Buch.

Das Buch:

Uwe Pape, Jochen Weihmann

Orgeln und Orgel­bauer in Braun­schweig

ein histo­ri­scher Überblick von 1300 bis 2016.

ISBN 978–3—92114Q—99—4.

Preis: 68 Euro

Das könnte Sie auch interessieren

  • Bis nach Indone­sien: Klavierbau im Herzogtum Braun­schweig

    Bis nach Indone­sien: Klavierbau im Herzogtum Braun­schweig

    Lange vor den bekannten Klavierfirmen Steinway & Sons und Grotrian-Steinweg waren Braunschweiger Klaviere in aller Welt zu finden: Vom Bohlweg bis nach Indonesien, Finnland und Russland. Peter Karsten, Experte für historische Musikinstrumente aus dem Braunschweigischen, erzählt in seinem Beitrag ihre weitgehend unbekannte Geschichte. Weiterlesen

  • Runderneue­rung für eine Königin

    Runderneue­rung für eine Königin

    Kontemplative Ruhe und meditative Stille findet man nicht in diesem Sommer in der Geitelder Kirche. Es wird gehämmert, gesägt, gestrichen, es riecht nach Holz und Farbe. Die Orgel, seit vergangenem November in einer Orgelbauwerkstatt zur Restaurierung, kehrt zurück. Weiterlesen

  • Neues Standard­werk zu Braun­schweigs Okerbrü­cken

    Neues Standard­werk zu Braun­schweigs Okerbrü­cken

    Bauhistoriker Elmar Arnhold zeigt neben zum Teil erstmals veröffentlichten Plänen und eindrucksvollen historischen Fotos auch Aufnahmen von der aktuellen Bausituation und Luftbilder. Weiterlesen