In Braun­schweig heißt es Twete

Malertwete, Fotografie um 1930 (Blick in Richtung Scharrnstraße). Foto: Stadtarchiv Braunschweig
Malertwete, Fotografie um 1930 (Blick in Richtung Scharrnstraße). Foto: Stadtarchiv Braunschweig

Eine Umbenen­nung der Burgpas­sage in Burggasse stößt beim „Herren der Straßen­namen“ Jürgen Hodema­cher auf Unver­ständnis.

Die Fußgänger-Verbin­dung zwischen der Schuh­straße und Hutfil­tern heißt gegen­wärtig Burgpas­sage. Es handelt sich um eine überdachte Laden­pas­sage. Jetzt soll sie bekannt­lich umgebaut werden, die Überda­chung verlieren und deswegen künftig Burggasse heißen. Jeden­falls ist das die in der gegen­wär­tigen Kontro­verse gebräuch­liche Bezeich­nung. „Burggasse darf die Verbin­dung letztlich aber nicht heißen. Das wäre Geschichts­ver­gessen. Denn es handelt sich ohne das Dach darüber eben um eine typische braun­schwei­gi­sche Twete, eine klassi­sche Verbin­dung zwischen zwei Haupt­wegen“, sagt Jürgen Hodema­cher, Autor dreier Bücher über Braun­schweigs Straßen. Mehr Expertise geht nicht.

Die Tweten sind nahezu ein Allein­stel­lungs­merkmal für Braun­schweig. Lediglich noch in Hamburg gibt es mit den Twieten etwas Vergleich­bares. Gassen finden wir dagegen an vielen belie­bigen Orten – in Wien, in München, in Düssel­dorf, in Rüdesheim und überall. In seinen Büchern beschreibt Hodema­cher 450 Straßen in Braun­schweig vorwie­gend in der Innen­stadt und zwischen Okergraben und Stadtring. Darunter befinden sich viele Tweten, aber eben nicht eine einzige Gasse. Warum soll es also jetzt plötzlich eine Burggasse geben?

„Die Formu­lie­rung Gasse ist im Braun­schwei­gi­schen absolut unüblich, dem sollte die Stadt­ver­wal­tung bei der neuen Namens­ge­bung für die Burgpas­sage auf jeden Fall Rechnung tragen“, so Hodema­cher, dessen Bücher nicht mehr im Handel, sondern nur noch antiqua­risch erhält­lich sind. Aktuell gibt es 15 mit Namen versehene Tweten im Stadt­ge­biet. Dazu gesellt sich noch die Lütje Twetje in Masche­rode.

1904 schrieb Heinrich Meier in „Die Straßen­namen der Stadt Braun­schweig“ von sechs mit Namen verse­henen Tweten. Es waren die Bockst­wete, Herren­dorft­wete, Kaffet­wete, Kupfert­wete, Lindent­wete, Malert­wete und Opfert­wete. In der jüngeren Vergan­gen­heit kamen jedoch neue hinzu: die Bolchent­wete (1961), Mummet­wete (1963/64), Bartho­lo­mäust­wete (1975) und die Eulen­spie­gelt­wete (1977/78). Außerhalb der Kernin­nen­stadt gibt es noch die Badetwete, Drasel­witzt­wete, Fuchs­t­wete, Hampent­wete. Es gab früher noch weitaus mehr Tweten, nicht alle hatten einen Namen, einige wurden zugebaut und einige wurden umbenannt so wie die Deren­burgt­wete in Jakob-Hoffmann-Weg oder die Fried­hofst­wete in Katha­ri­nen­straße.

Bevor der Umbau der Burgpas­sage in Burggasse umbenannt würde, wäre „Braun­schweigs Straßen“-Autor Jürgen Hodema­cher eindeutig dafür, den angestammten und in der Region bekannten Namen zu behalten. Eine Burgtwete habe es bereits im Mittel­alter gegeben. Weil aber für die Erwei­te­rung des Presse­hauses 1955 die an dieser Stelle stehende Maria-Magda­lenen-Kapelle abgerissen wurde, böte sich auch wegen des histo­ri­schen Bezugs der Name Maria-Magda­lenen-Twete an, zumal die Burg ja doch recht weit entfernt sei . Die Maria-Magda­lenen-Kapelle wurde 1499 in der Nähe der Stifts­her­ren­häuser erbaut, zu denen auch die Fassade der nun vor dem Abriss stehenden Fassade Schuh­straße 6 zählt.

Die Burgpas­sage ist 1983 wie alle Tweten als Abkürzung zwischen den beiden attrak­tiven Geschäfts­straßen Schuh­straße und Hutfil­tern entstanden. Der 120 Meter lange Abschnitt wurde 1983 auf dem Gelände des ehema­ligen Presse­hauses gebaut. Ein Münchner Investor inves­tierte damals 18 Millionen Mark in das seiner­zeit hochmo­derne Konzept. Heute hat es sich überlebt, der Bedarf an dem Durchgang, der Funktion als Twete ist geblieben.

Die Schuh­straße wurde 1282 erstmals als die Straße der Schuh­ma­cher erwähnt. Im Jahr 1483 waren dort laut Hodema­cher sieben Schuma­cher angesie­delt. Hutfil­tern hatte zunächst „vor der korten brügge“ (1427) geheißen. Erst 1462 wurde die Straße als „hotfil­tern“ bezeichnet, weil sich dort die Hutmacher angesie­delt hatten.

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