Erstkon­takt in Sachen Theater

Die digital Immigrants aus dem Stück „Trollwut“ von pulk fiktion. Foto: LOT
Die digital Immigrants aus dem Stück „Trollwut“ von pulk fiktion. Foto: LOT

Schräg, humorvoll, zeitgemäß – LOT veran­staltet die Kinder- und Jugend­thea­ter­wo­chen.

Vier Menschen, die nicht mit digitalen Techno­lo­gien aufge­wachsen sind, reisen ins world wide web. Die sogenannten digital Immigrants kommen dort nicht klar, sie scheitern im Dschungel des Internets. „Trollwut“ von pulk fiktion, einer Perfor­mance­gruppe aus Nordrhein-Westfalen, wirft einen kriti­schen Blick auf die digitale Lebens­wirk­lich­keit der Gegenwart. Das Stück richtet sich an Jugend­liche, für die eine Welt ohne Smart­phone längst undenkbar ist. Die Botschaft von den Gefahren, die im www lauern, kommt nicht mit erhobenem Zeige­finger daher, sondern schräg, humorvoll, zeitgemäß und eben perfekt passend für die Zielgruppe.

So soll es sein während der Kinder- und Jugend­tage im LOT, die noch bis zum 22. Februar laufen. „Wir wollen junge Menschen an das Theater heran­führen. Wenn wir sie nicht während der Schulzeit begeis­tern können, dann sind sie oft verloren für das Theater. Die sinkenden Zuschau­er­zahlen in den klassi­schen Theatern zeigen, dass die Gesell­schaft sich verändert, auch im Kultur­be­reich. Gehörte es für unsere Eltern­ge­nera­tion noch wie selbst­ver­ständ­lich dazu, ein Theater-Abo zu haben und die eigenen Kinder mit ins Theater zu nehmen, so ist das heute eher die Ausnahme“, nennt Stefani Theis, gemeinsam mit Martin von Hoyningen geschäfts­füh­render Vorstand des LOT, den Haupt­grund für die Kinder- und Jugend­tage.

Seit 2013 werden sie veran­staltet und von Jahr zu Jahr umfang­rei­cher. In diesem Jahr werden mehr als 1300 Kinder und Jugend­liche aus der Region die insgesamt dreizehn Auffüh­rungen auf der kleinen Bühne besucht haben. Ein voller Erfolg – nahezu alle Vorstel­lungen waren ausver­kauft. Neben „Trollwut“ standen „Die Sumpf­streu­nerin“ von der agentur T, das „Kleine Licht bin ich“ von T‑Werk und „Alles ist ok so“ von Kyra Mevert auf dem Programm. Alle vier Stücke gehören zum Genre des Musik­thea­ters, das war der Schwer­punkt des Festivals in diesem Jahr, bewegen sich aber weit ab von den üblichen Musicals.

Damit liegen die Stücke im Marken­kern des LOT, denn es versteht sich als Plattform für neue Entwick­lungen in den Bereichen Theater, Tanz, Musik und Perfor­mance. Das LOT existiert zwar schon seit 1996, aber erst seit 2009 hat es sein Profil bewusst geschärft. Nun ist es mehr als nur eine Bühne für Freies Theater. Seither arbeitet das LOT konzep­tio­nell, greift gesell­schaft­lich relevante und bisweilen brisante Themen auf und will unter anderem Impulse mit Festivals wie den Kinder- und Jugend­thea­ter­tagen geben, die von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz gefördert werden.

Die Nachwuchs­reihe frühSTÜCK, die Inter­kul­tu­relle Theater­werk­statt, die Tanzstelle Braun­schweig, das Festival Durch­starter Nieder­sachsen oder Festival Wechsel­blick, das in Zusam­men­ar­beit mit der Evange­li­sche Stiftung Neuerke­rode Kunst von Menschen mit Behin­de­rung zeigt, sowie thema­ti­sche Spiel­reihen und Workshops sind weitere Projekte, die entstanden sind, seit Stefani Theis, früher selbst Schau­spie­lerin, und Martin von Hoyningen als Inten­danten fungieren, und die Vielfalt demons­trieren. Damit zählt das LOT fraglos zu den führenden Freien Bühnen in Nieder­sachsen.

Das LOT, das ausschließ­lich Gastspiele zeigt und über kein eigenes Ensemble verfügt, wird in diesem Jahr mehr als 10.000 Besucher zählen. „Die Auslas­tung liegt damit bei rund 60 Prozent“, berichtet Stefani Theis. Ihr Ziel ist es, das LOT auch in ein Produk­ti­ons­haus zu verwan­deln, doch dazu müssten zusätz­liche Räume zur Verfügung stehen, um neben dem Spiel­be­trieb Proben zu ermög­li­chen.

Die Idee, in Braun­schweig Kinder- und Jugend­thea­ter­tage zu veran­stalten kam Stefani Theis 2012 beim Besuch von Norddeutsch­lands größtem Jugend­thea­ter­fes­tival „Hart am Wind“, das in Göttingen stattfand. „Die Straßen waren voll von jungen Menschen, die alle Lust auf Theater hatten. Ich habe die Atmosphäre als ganz toll wahrge­nommen und gedacht, dass es so etwas im Kleinen auch in Braun­schweig geben müsste“, erinnert sich Stefani Theis. Im kommenden Jahr nun wird „Hart am Wind“ in Braun­schweig als Koope­ra­tion zwischen dem Staats­theater Braun­schweig und dem LOT statt­finden. Damit hat sich ein Kreis für Stefani Theis geschlossen.

Die Kinder- und Jugend­thea­ter­tage im LOT werden deswegen 2020 pausieren. Aber keine Sorge im Jahr danach geht es weiter. Bestimmt!

Kontakt:
LOT-Theater e.V.
Kaffee­t­wete 4a
38100 Braun­schweig

Telefon: 0531–17303
E‑Mail: lot@lot-theater.de
Homepage: www.lot-theater.de

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