Einst eine Perle im städti­schen Bild

Der Bäckerklint mit Eulenspiegelbrunnen auf einer kolorierten Postkarte, um 1941. Foto: Stadtarchiv
Der Bäckerklint mit Eulenspiegelbrunnen auf einer kolorierten Postkarte, um 1941. Foto: Stadtarchiv

Braun­schweigs Plätze, Folge 1: Bäcker­klint verlor durch die Zerstö­rung im Zweiten Weltkrieg sein Gesicht und wird heute von archi­tek­to­ni­schen Banali­täten beherrscht.

Eulenspiegelbrunnen mit Eulenspiegelhaus und „Flohwinkel“. Foto: Archiv Heimatpfleger
Eulen­spie­gel­brunnen mit Eulen­spie­gel­haus und „Flohwinkel“. Foto: Archiv Heimat­pfleger

Platz­an­lagen spielen in Städten heraus­ra­gende Rollen. Nach der enormen Zerstö­rung der Innen­stadt durch den Zweiten Weltkrieg erhielten sie für Braun­schweig besonders identi­täts­stif­tende Bedeutung. „Während der wenig beschä­digte Burgplatz und der verwüs­tete Altstadt­markt als Tradi­ti­ons­in­seln herge­richtet wurden, erfuhren Plätze wie der Radeklint oder der ehemalige August­platz eine völlige Neuge­stal­tung als Verkehrs­dreh­scheiben. Einstige Perlen wie der Bäcker­klint haben durch Zerstö­rung und Neuaufbau ihr Gesicht völlig verloren“, erklärt der renom­mierte Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger Innen­stadt Elmar Arnhold. Gemeinsam mit ihm stellt „Der Löwe – das Portal für das Braun­schwei­gi­sche“ Braun­schweigs unbekann­tere Innen­stadt-Plätze in monat­li­cher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung heraus­ge­geben Buch „Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.)

In Folge 1 geht es um den Bäcker­klint. Dort laufen zwei der einst wichtigsten Straßen­züge der Altstadt zusammen: Breite Straße und Scharrn­straße. Der Bäcker­klint hat heute jedoch seine frühere große städte­bau­liche Bedeutung verloren. Nichts ist übrig von dem einst so pitto­resken Ambiente. Die präch­tigen Fachwerk­bauten aus dem 15. und 16. Jahrhun­dert erlitten Total­schäden und wurden abgerissen.

„Wunder“ um den Eulen­spie­gel­brunnen

Die bekann­testen Gebäude am sogenannten „Flohwinkel“ waren das Eulen­spiegel- und das Mummehaus, in dem die Kniepsche Mummen­brauerei unter­ge­bracht war. Das weitge­hend unbeschä­digt geblie­bene prächtige Spätre­nais­sance­portal des Mumme­hauses befindet sich heute im Städti­schen Museum. Ebenfalls aus dem Jahr 1630 stammte das Eulen­spie­gel­haus, in dem eine Bäckerei betrieben wurde. Wie durch ein Wunder überstand wenigs­tens der Eulen­spie­gel­brunnen den schweren Bomben­an­griff vom 15. Oktober 1944 unbeschadet.

Einmündung von Breite Straße und Scharrnstraße, um 1930. Foto: Nds. Landesamt für Denkmalpflege
Einmün­dung von Breite Straße und Scharrn­straße, um 1930. Foto: Nds. Landesamt für Denkmal­pflege

Der Brunnen wurde am 27. September 1906 enthüllt und erinnert an den Schelm aus Kneit­lingen, der der Sage nach hier am Bäcker­klint statt Brot und Brötchen eben Eulen und Meerkatzen gebacken haben soll. Der Bankier Bernhard Meyers­feld hatte den Brunnen der Stadt gestiftet. Während der Schre­ckens­herr­schaft der Nazis musste er später seine geliebte Heimat­stadt verlassen und kehrte nicht mehr zurück.

Der Bäcker­klint habe vor der Zerstö­rung zu den schönsten Orten der histo­ri­schen Innen­stadt Braun­schweigs gehört, erläutert Bauhis­to­riker Elmar Arnhold in seinem Buch. Das Fachwerk­ensemble mit dem Brunnen habe zu den heraus­ra­genden Vierteln und den größten Kostbar­keiten der Stadt gehört. „Der Neuaufbau nach 1945 bewahrte zwar im Großen und Ganzen die Platzform, die Bebauung besteht heute jedoch ausschließ­lich aus archi­tek­to­ni­schen Banali­täten“, kriti­siert der Autor.

Im 12. Jahrhun­dert entstanden

Erstmals erwähnt wurde der Name des Platzes 1397 als „upme deme Becker-Clinte“. Entstanden war er jedoch mindes­tens 200 Jahre zuvor. lm Jahr 1196, so Bauhis­to­riker Arnhold, fand das unweit gelegene Petritor seine erste Nennung. Der Name „Klint“ bedeutet übrigens eine Anhöhe über der Okernie­de­rung. Zu sehen ist davon heute nichts mehr.

In den vergan­genen Jahren sind einige Plätze in der Innen­stadt neu gestaltet worden, weitere Projekte, wie beispiels­weise der Hagen­markt, sind gegen­wärtig in Planung. Die langwie­rigen und kompli­zierten Planungs­pro­zesse sind von kontro­versen Diskus­sionen begleitet, die sich besonders um die Verkehrs­pro­ble­matik und um das Bedürfnis nach mehr Stadtgrün drehen. Nach Auffas­sung Arnholds sollte das Augenmerk aber besonders auch auf die histo­ri­schen Dimen­sionen gelegt werden.

Gegen­wärtig werde geplant, den Bäcker­klint als inner­städ­ti­schen „Pocket Park“ zu gestalten. Damit wäre die Erinne­rung an diesen histo­ri­schen Stadt­platz endgültig aufge­geben, schließt Bauhis­to­riker Elmar Arnhold sein Kapitel über den Bäcker­klint.

Fakten:

Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Heraus­geber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestal­tung: Elmar Arnhold
Herstel­lung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978–3‑9823115–0‑0
Preis: 12.90 Euro

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