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Braunschweiger Experiment: Denkmalschutz per Handy

Walter Dröge, Leiter Ortskuratorium Denkmalschutz, auf einer Braunschweiger Traditionsinsel – dem Burgplatz. Foto: Ortskuratorium Braunschweig
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Die Ehrenamtlichen des Ortskuratoriums der Stiftung Denkmalschutz halten am Internet-Angebot fest.

In der alten Stadt Braunschweig ist Denkmalschutz wichtig. Im April 2020 haben Ehrenamtliche eine Initiative gestartet, den Denkmalschutz stärker als bislang zu fördern. Das Ortskuratorium Braunschweig der Deutschen Stiftung Denkmalschutz entstand. Alle Pläne machte die Corona-Pandemie urplötzlich zunichte. Doch es erwuchsen aus der Pandemie heraus, so sagt Leiter Walter Dröge, „andere und ganz neue Pläne. Ohne Pandemie hätte es sie wohl nicht so schnell gegeben.“

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 29.05.2021 (Bezahl-Artikel)

Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bonn. 85 Kuratorien bundesweit, 500 Ehrenamtliche, 200.000 Unterstützer. Jährlich werden etwa 600 Denkmale gefördert. Jahresumsatz rund 50 Millionen Euro. Man könnte vermuten, so ein Kuratorium hätte Braunschweig längst. Dröge sagt: „Das ist nicht abhängig von der Zahl der Denkmale oder deren Bedeutung. Es geht um den Enthusiasmus in der Bürgerschaft, sich für den Denkmalschutz zu engagieren.“

Das hieße: In der Weltkulturerbe-Stadt Goslar finde man so ein Kuratorium bislang nicht. Wohl aber in Helmstedt, „wo ganz vorzügliche und beispielhafte Arbeit geleistet wird“. Mitunter fehle nur der Anstoß, damit sich so ein Kuratorium gründet. In Braunschweig sei das tatsächlich der Fall gewesen. Nur: „Niemand konnte ahnen, dass wir seit mehr als einem Jahr praktisch auf der Stelle treten.“

Begeisterung für alte Handwerkskunst

Denn die Pandemie verhinderte, dass im Vorjahr die zentrale Denkmalschutz-Veranstaltung in üblicher Form stattfinden konnte: der Tag des offenen Denkmals. Was das heißt, erklärt Dröge so: „An diesem Tag werden persönliche Kontakte geschlossen. Außerdem wollten wir uns als Kuratorium vorstellen, um Mitglieder und Unterstützer zu finden.“

Denn Dröge ist sicher, dass es vielen Braunschweigern wie ihm geht: „Nach meinem Architekturstudium arbeitete ich zunächst im Stadtkirchenamt und entdeckte die Faszination, die alte Handwerkskunst ausübt. Arbeiten, die man bewahren und wertschätzen muss.“

Tausende Braunschweiger sind normalerweise an jedem zweiten September-Sonntag unterwegs, um die alten Schätze ihrer Stadt neu kennenzulernen und verborgene Schätze zu entdecken. Im Vorjahr gab es auf die übliche Weise nichts zu entdecken. Das Ortskuratorium verlegte Braunschweigs Tag des Denkmals notgedrungen ins Internet. Ein schwerer Schlag, ja, sagt Dröge: „Aber es wurden Dinge zugänglich, die auf dem klassischen Weg – Besichtigungen und Führungen – nicht zu entdecken gewesen wären.“ Die Stadtentwässerung beteiligte sich nämlich mit Videoaufnahmen aus Braunschweigs unterirdischem Burgmühlengraben. „Ein Ort, den niemand hätte besuchen können.“

Nur ein Beispiel. Dröge sagt: „7400 Objekte kamen zusammen. Fotos, Videos. Es wurde erlebbar, was sonst nie erlebbar gewesen wäre. Nicht jeder will oder kann sein Haus öffnen, damit Gruppen von 30 Personen es besichtigen.“

Tag des Denkmals 2021 in Hybrid-Form

Ganz unerwartete Resonanz habe es gegeben: „Denkmalgeschützte Gebäude sind in aller Regel nicht barrierefrei. Eine Rollstuhlfahrerin bedankte sich ausdrücklich. Per Internet hat sie erstmals am Tag des Denkmals teilnehmen können. Das macht deutlich: Im Prinzip benötigt man nur ein Handy, um Denkmalgeschütztes öffentlich zu machen. Per Video. Oder per Foto. Das Potenzial war bislang unerkannt geblieben.“ Die Stiftung in Bonn stelle Anleitungen zur Verfügung.

Und so wird im nächsten September ein hybrider Tag des Denkmals in Braunschweig veranstaltet. Es wird neben Besichtigungen und Führungen zusätzlich ein Internet-Angebot geben. Motto: Sein und Schein – in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege. Es wird zum Beispiel gezeigt, wo einst alte Zierschnitzereien an Braunschweiger Fachwerkhäusern abgebeilt wurden, um die Gebäude „aufzuhübschen“ und dem Zeitgeist anzupassen.

Wer das Ortskuratorium unterstützen will, erreicht es unter dem Kontakt: ortskuratorium-braunschweig@denkmalschutz.de.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 29.05.2021 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article232408083/Braunschweiger-Experiment-Denkmalschutz-per-Handy.html (Bezahl-Artikel)

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