Carl I. holte Stobwasser nach Braun­schweig

Karte zum 100-jährigen Gründungsjubiläum der Lackwarenmanufaktur Stobwasser. Foto: RBS

Serie über den berühmten Braun­schweiger Kunst­hand­werker, Folge 2: Lackwa­ren­ma­nu­faktur war Teil der erfolg­rei­chen Wirtschafts­po­litik für Braun­schweig im 18. Jahrhun­dert.

Eine gute Konjunktur stellt zu allen Zeiten einen wesent­li­chen Stand­ort­faktor dar. Die Wirtschafts­po­litik des 18. Jahrhun­derts unter­scheidet sich aber von den heutigen Maßnahmen erheblich. Damals begann erst die breite Ansie­de­lung von Manufak­turen für Luxus­waren, von Bankhäu­sern, Versi­che­rungen und ersten Sozial­ein­rich­tungen. Gebündelt entschieden sie nicht nur über die Attrak­ti­vität einer Region, sondern auch, verein­facht gesagt, über die Steuer­ein­nahmen eines Landes. Das Prinzip gilt bis heute.

Zu Herzog Carls Regie­rungs­an­tritt im Jahre 1735 (bis 1780) spielten im Fürstentum Braun­schweig-Wolfen­büttel noch Landwirt­schaft, Harzbergbau und einge­ses­sene Handwerks­be­triebe die zentrale Rolle des Wirtschafts­le­bens. Carl betrieb aller­dings eine neue, aktive Wirtschafts­po­litik. Sie richtete sich gegen die Finanz­schwäche der Bevöl­ke­rung und gegen die Massen­im­porte von franzö­si­schen Luxus­waren wie Stoff, Porzellan und Seide. Diese sollten besser vor Ort in Braun­schweig herge­stellt werden, um das Geld der zahlungs­kräf­tigen Bürger und des Adels im Land zu halten.

Auch die Lackwa­ren­ma­nu­faktur Stobwasser kam im Rahmen dieser Ansie­de­lungs­po­litik im Jahre 1763 nach Braun­schweig. Carl I. entschied sich, den nach einer Produk­ti­ons­stätte suchenden Sigismund Stobwasser aus Loben­stein im Vogtland in das Herzogtum zu holen. Dafür stellte er der Familie einen herzog­li­chen Schutz­brief aus. Nach ihrer Ankunft am 3. August 1763 erhielt die Familie eine günstige Wohn- und Arbeits­stätte. 1782 konnte der Sohn Johann Heinrich Stobwasser bereits das geräumige, noch heute bestehende Wohn- und Geschäfts­haus in der Echtern­straße in Braun­schweig erwerben, wo seine Nachfolger bis 1873 Lackwaren aller Art auch für den inter­na­tio­nalen Markt produ­zierten.

Porträt Carl I. Foto: RBS

Schach­teln aus Holz und Pappmaché, einfaches Blechzeug und Mobiliar wurden durch die von Stobwasser erfundene kratz­feste, farbige Lackma­lerei zu gesuchten Luxus­stü­cken. Sie konnte perfekt Stein‑, Metall- und Holzsorten nachbilden. Die Lackdosen zeigten in Feinma­lerei unter anderem die Porträts und Karika­turen berühmter Zeitge­nossen nach dem Vorbild der großen Meister. Dazu kamen in den doppelten Böden der Dosen auch erotische Darstel­lungen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun­derts hatte sich die Vorliebe für diese Art von Luxus­waren überlebt, weil auch die Konkur­renz aus dem Herzogtum im benach­barten Wolfen­büttel sowie aus dem Ausland wie Frank­reich, England und Russland den Markt gesättigt hatte. Wegen ihrer unüber­trof­fenen Qualität sind die Stobwas­ser­schen Lackwaren aller­dings bis heute begehrte Sammler­stücke.

Zu den merkan­tilen Projekten Carls I. gehörte zunächst die Erneue­rung der Schiff­bar­keit der Oker vom Harz bis nach Braun­schweig, Straßen‑, Wege- und Brückenbau sowie die Förderung der Braun­schweiger Messe. Es waren wichtige Schritte für die positive Entwick­lung Braun­schweigs als Wirtschafts­standort. Die Gründungen der Herzog­li­chen Brand­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft (1754/heute Öffent­liche Versi­che­rung), des Herzog­li­chen Leyhauses (1765/heute NORD/LB) und der Porzel­lan­ma­nu­faktur in Fürsten­berg an der Weser gelten dagegen bis heute als Meilen­steine.

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