Der weiße Wal in dir

Kapitän Ahab. Foto: Kleinekistepengpeng
Kapitän Ahab. Foto: Kleinekistepengpeng

Theater Endlich führt „Moby Dick“ im LOT-Theater auf.

Das Schiff wird markiert in seinen Umrissen von einem Seil. Weiße Vorhänge taugen prima als sich in steifer Brise blähende Segel. Und blau lackierte Holzwellen könnten das tosende Meer nicht besser symbo­li­sieren. Manchmal braucht es nicht mehr, um die Enge, das immer gleiche Tagein Tagaus auf einem Walfänger zu symbo­li­sieren.
Die Mannschaft hat das Deck geentert, in einem gelun­genen Bewegungstanz geschrubbt und gewienert. Die erste Buddel voll Rum ist geleert – und da fragt einer: Was ist denn Moby Dick eigent­lich? Ein riiii­ieeeesiger Waaal, lautma­lert ein anderer respekt­voll die Wucht des Wals aus. Eine Klein­stadt soll er schon verschlungen haben. Und wenn er auf das Boot krachte, zersplit­terte es in 1000 Stücke. Da kann man schon mal Muffen­sausen unter der gelben Pelerine kriegen.

Das Theater Endlich verwendet Herman Melvilles Klassiker Moby Dick als Gerüst für ein eigenes Stück. Die Ausgangs­si­tua­tion spielt in den Planken des litera­ri­schen Vorbilds: Die Mannschaft der Pequod ist seit Wochen auf See. Die Stimmung an Bord schwappt mal hoch, mal tief. Wie die Wellen. Nur das Ziel ist klar: Moby Dick töten. Davon ist Kapitän Ahab besessen, seit der weiße Pottwal ihm ein Bein abriss. In blindem Hass führt er seine Mannschaft auf offener See in einem klaus­tro­pho­bi­schem Rache­feldzug ins Verderben.

Dazwi­schen ist der Alltag auf See mit Pflichten, Harpune schnitzen und Deck schrubben, Karten spielen und 15 Mann auf des toten Manns Kiste, hohohoho, dem weiten Horizont und den Sehnsüchten der Besatzung. Hier setzt das selbst entwi­ckelte Stück an: Der weiße Wal dient als Sinnbild für das Wahre, das Gute, das Schöne. Was ist für mich Wahrheit, was ist eigent­lich gut, was bedeutet Schönheit? Damit setzen sich die Spieler ausein­ander und suchen nach Antworten. Das Ensemble auf der Suche nach dem eigenen weißen Wal.

So wird zum Beispiel immer wieder der Satzan­fang „Schön ist es .… .“ vervoll­stän­digt. Da wird man bei der Premiere unter anderem dieses hören: „Schön ist Wasser. Schön ist es zum Enten­treffen zu gehen. Schön ist warm ums Herz.“
Und was ist die Kehrseite einer solchen Jagd, der wahnhaften Verfol­gung eigener Ziele, ohne Rücksicht auf Verluste, so wie es Ahab macht? Schlag­worte wie Scheitern, Burnout, Psycho­the­rapie und Kolla­bieren seien in unserer leistungs­ori­en­tierten Gesell­schaft keine Fremd­worte, so das Theater Endlich. Fragen und Antworten dazu würden verdichtet und mit den Figuren der Geschichte verbunden. Na dann, Leinen los und ab aufs Boot!

Moby Dick ist eine Produk­tion vom Theater Endlich in Koope­ra­tion mit der Evange­li­schen Stiftung Neuerke­rode. Die Braun­schwei­gi­sche Stiftung hat das Projekt gefördert. Die meisten der neun Spieler sind schon seit Jahren dabei, einige schon länger als zehn Jahre. Regie führt Mirja Lendt. Produk­ti­ons­lei­tung: Martin von Hoyningen Huene.

Premiere ist am 27. Februar, 20 Uhr. Weitere Termine 28.2., 5., 6., 7. März, 16., 17., 18. April, jeweils 20 Uhr sowie am 1. März um 15 Uhr.

Mehr über die Produk­tion und die Mitwir­kenden unter www.lot-theater.de

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