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„Eine aufgesetzte Namensdiskussion, die unnütz ist und schadet“

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Braunschweigs Ehrenbürger und Vorstandsvorsitzende bedeutender Stiftungen, Gerhard Glogowski und Richard Borek, erläutern, warum die Region weiter Braunschweiger Land heißen muss.

Einigkeit herrscht bei den beiden Ehrenbürgern der Stadt Braunschweig, Gerhard Glogowski und Richard Borek, darüber, dass die erneut angezettelte Namensdiskussion für die Region aufgesetzt ist und es dafür keinen respektablen Anlass gibt. Die technokratische und emotionslose Titulierung „Region Braunschweig-Wolfsburg“ stößt bei ihnen auf vehemente Ablehnung, weil sie erstens historisch gewachsene Strukturen ignoriert und zweitens große Teile der Region unberücksichtigt lässt, die sich jedoch sehr wohl unter dem Begriff Braunschweiger Land wiederfinden und versammeln können. Für Gerhard Glogowski und Richard Borek wäre eine derartige Namensgebung nicht wie von interessierter Seite behauptet „alternativlos“, sondern fatal für die positive Wahrnehmung des gesamten Braunschweiger Landes.

Namensvorschlag grenzt aus

„Kein Mensch in der Region sehnt sich nach einem neuen Namen für das Braunschweigische. Ich halte den Namen ‚Region Braunschweig-Wolfsburg‘ darüber hinaus für völlig ungeeignet, weil er zum Beispiel das dritte Oberzentrum der Region, Salzgitter, aber auch historisch sehr bedeutende Städte wie Wolfenbüttel, Helmstedt oder Königslutter ausgrenzt“, sagt Gerhard Glogowski, Vorstandsvorsitzender der Braunschweigischen Stiftung.

Gerhard Glogowski, Vorstandsvorsitzender der Braunschweigischen Stiftung. Foto: Die Braunschweigische Stiftung

„Kein Mensch in der Region sehnt sich nach einem neuen Namen für das Braunschweigische“, sagt Gerhard Glogowski, Vorstandsvorsitzender der Braunschweigischen Stiftung

Zum Hintergrund der Namensdebatte gehört auch eine zwanzig Jahre lang zurückliegende ordnungspolitische Entscheidung. 2002 wurden Wolfsburg (1938 als Stadt des KdF-Wagens nahe Fallersleben gegründet) und Salzgitter (durch das Zusammenlegen mehrerer Ortschaften 1942 entstanden) auf Bestreben des damaligen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel neben Braunschweig (erstmals 1031 urkundlich erwähnt) zu Oberzentren. Bereits damals wurde Braunschweigs Bedeutung herabgestuft, obwohl das Herzogtum Braunschweig (1235-1918) und das Land Braunschweig (1918-1946) national und bisweilen international anerkannt gewesen waren.

Marketing fürs Braunschweigische

„Um einen neuen Namen wie ‚Region Braunschweig-Wolfsburg‘ überhaupt erfolgreich durchsetzen zu können, wären viele Millionen Euro für das Marketing notwendig, ohne dass es tatsächlich einen spürbar positiven Effekt für das Braunschweiger Land, die Wirtschaft oder die Gebietskörperschaften geben würde. Natürlich würden aber die Stadt Wolfsburg und die Volkswagen AG von einem von Braunschweig ausgehenden Imagegewinn profitieren“, erklärt Glogowski. Um international zu reüssieren, könne Wolfsburg jedoch die Bezeichnung der bereits 2005 gegründeten Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg nutzen.

Seit Jahrhunderten ein Begriff

Der Name „Region Braunschweig-Wolfsburg“, wie ihn Werbeexperte Martin Bretschneider und PR-Experte Martin K. Burghartz als Ersatz für das Braunschweiger Land in der Braunschweiger Zeitung vom 12. Juli vorschlugen, ist keineswegs neu. Er wurde bereits mehrfach als Wunschvorstellung von interessierter Seite genannt. Jetzt wurde er lediglich mal wieder aufgegriffen und auf einem medial breiten Forum postuliert.

„Der Name ‚Braunschweiger Land‘ ist seit Jahrhunderten ein Begriff und unverändert zutreffend für die Region Braunschweig zwischen Harz und Heide. Ihn zu ändern, wäre kontraproduktiv“, sagt Richard Borek, Vorstandsvorsitzender der gleichnamigen Stiftung

Die Mehrheit der Menschen im Braunschweigischen außerhalb Wolfsburgs würde eine solche Bezeichnung aber nicht akzeptieren, ist Richard Borek überzeugt. „Der Name ‚Braunschweiger Land‘ ist seit Jahrhunderten ein Begriff und unverändert zutreffend für die Region Braunschweig zwischen Harz und Heide. Ihn zu ändern, wäre kontraproduktiv. Vielmehr müsste er stärker identitätsstiftend nach Innen und werbewirksam nach Außen verwendet werden. Diese Debatte sollte der Beginn sein für eine Werbekampagne für das Braunschweiger Land, finanziert von der Stadt Braunschweig und braunschweigischen Stiftungen“, ergänzt Richard Borek, Unternehmer und Vorstandsvorsitzender der Richard Borek Stiftung.

Mit dem bundesweit bekannten Namen ‚Braunschweiger Land‘ ließe sich die historische und auch die aktuelle Bedeutung sowie die vorhandene enorme Lebensqualität in idealer Weise vermarkten. „Die aktuellen Querschüsse schaden der Region“, meint er.

Richard Borek, Vorstandsvorsitzender der Richard Borek Stiftung. Foto: Der Löwe

Richard Borek verweist unter anderem auf die Braunschweigische Landschaft in der die Stadt Wolfsburg seit der Gründung 1990 Mitglied ist. Auch der Wikipedia-Eintrag führt Wolfsburg wie selbstverständlich als Teil des Braunschweiger Landes. Seit 1949 gehört Wolfsburg auch zum Arbeitgeberverband Braunschweig. Im Regionalverband Großraum Braunschweig ist Wolfsburg seit 1973 organisiert. Der Name Großraum Braunschweig wurde vom Niedersächsischen Landtag beschlossen. Der Gerichtsbezirk Braunschweig umfasst Wolfsburg ebenfalls.

Als Richard Borek vor 30 Jahren die „Initiative Werbung für die Region“ startete, habe seinerzeit Martin Bretschneider von der Agentur Gingco, heute einer der Befürworter des Namens „Region Braunschweig-Wolfsburg“, vorgeschlagen, als effektivste Lösung in den Radiosendern immer wieder Spots mit „Braunschweig, Braunschweig, Braunschweig“ zu schalten. Von Wolfsburg sei keine Rede gewesen, erinnert sich Richard Borek.

Zweidrittel-Mehrheit nötig

„So eine neue Namensgebung für eine ganze Region kann ja nur funktionieren, wenn alle Beteiligten, die Städte und Landkreise damit einverstanden wären, wenn sie Emotionen wecken würde und die Menschen sie aus vollem Herzen befürworten würden. Das kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen“, meint Gerhard Glogowski und hält eine solche Namensänderung für nicht durchsetzbar. Für eine Umbenennung des Regionalverbands beispielsweise wäre eine Zweidrittel-Mehrheit in der Verbandsversammlung notwendig.

Richard Borek streicht dazu die für das Braunschweiger Land identitätsstiftenden Fakten heraus: angefangen bei Heinrich dem Löwen über Kaiser Otto IV. zu den bedeutenden Braunschweiger Herzögen, die große Zeugnisse ihres Wirkens im Braunschweiger Land hinterlassen haben, zum ältesten öffentlich zugänglichen Museum des europäischen Kontinents, dem Herzog Anton Ulrich-Museum, über die  Uraufführung von Goethes Faust bis hin zu den bedeutenden Bundesbehörden wie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Julius-Kühn-Institut, dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und anderem mehr. „Hinter all dem können sich die Menschen im Braunschweiger Land unverändert einheitlich versammeln“, sind Gerhard Glogowski und Richard Borek überzeugt und erteilen einer Namensänderung eine unmissverständliche Absage.

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