„EinTRACHTEN“ zieht durch die Braun­schweiger Lande

Mitglieder des Broistedter Motorrad-Clubs. Foto: Yvonne Salzmann

Eröffnung auf dem Magni­kirch­platz: Fotoaus­stel­lung mit Arbeiten von Nina Stiller und Yvonne Salzmann sowie Ali Altschaffel und Sascha Griese.

Unter dem Titel „EinTRACHTEN“ beschäf­tigt sich die Braun­schwei­gi­sche Landschaft seit zwei Jahren intensiv mit der Frage, welchen Einfluss tradi­tio­nelle, histo­ri­sche oder regio­nal­ty­pi­sche Kleidung auf die regionale Identität hat. Unter­stützt von Vereinen, Museen und vielen Ehren­amt­li­chen hat das Projekt Gestalt angenommen. In einer ersten Phase wurden unter­schied­liche Trachten, histo­ri­sche und moderne gleicher­maßen, und samt ihrer Träger fotogra­fisch dokumen­tiert. Nina Stiller und Yvonne Salzmann sowie Ali Altschaffel und Sascha Griese begaben sich auf Motiv­suche. Ihre Ergeb­nisse münden nun in einer Wander­aus­stel­lung, die in Braun­schweig am Freitag (29. April) um 17 Uhr auf dem Magni­kirch­platz eröffnet und weitere fünf Stationen (s.u.) haben wird.

Identität und Zugehö­rig­keit

Eintracht ist blaugelb. Foto Nina Stiller

In der Fotoaus­stel­lung stehen die tradi­tio­nellen Kleidungs­stücke von Karne­va­listen und Volks­tanz­gruppen denen von Fußball-Fans und Motorrad-Clubs gegenüber. Alle eint, dass Farben und Abzeichen elementar sind für die Identi­fi­ka­tion ihrer Träger. Egal, ob es das mit Blumen bestickte Schul­ter­tuch einer Frauen­tracht oder der blaugelbe Eintracht-Schal, die Motorrad-Jacke mit aufge­nähtem Kreuz oder der Ehren-Husaren-Orden an der Karne­vals­uni­form ist, alles dient nur dem einen Zweck: Identität und Zugehö­rig­keit mit Stolz nach außen zur Schau zu stellen. Und genau das zeigen die ausge­stellten Fotos.

Ausgangs­punkt Bortfelder Tracht

Ausgangs­punkt war die tradi­ti­ons­reiche Bortfelder Tracht. Und das kam so, berichtet Anja Hesse, Vorstands­mit­glied der Braun­schwei­gi­schen Landschaft und Kultur­de­zer­nentin der Stadt Braun­schweig: „Vor zwei Jahren war ich mit der Leiterin unserer Geschäfts­stelle, Anna Lamprecht, im Depot des Städti­schen Museums Braun­schweig. Dort zeigte uns Dr. Peter Joch, der Museums­di­rektor, in blüten­weißes Seiden­pa­pier gehüllte Trachten und Fragmente. Unter anderem auch die sogenannte Bortfelder Tracht: Mit feinstem Relief­muster, auf kleinster Nadel gestrickte Strümpfe, prächtig verzierte Mieder, üppig bestickte Röcke. Farben­pracht, wohin man schaut. Handwerk­liche Kunst, die größten Respekt abnötigt. Wie also, haben wir uns gefragt, schafft man es, den Blick in die Zukunft der Trachten zu richten, ohne auf die histo­ri­schen Vorbilder zu verzichten, oder sie zu stark in den Mittel­punkt zu rücken.“

Frauen der Bortfelder Volkstanz- und Trach­ten­gruppe. Foto: Sascha Griese

Der Begriff der Tracht werde oft mit Rückwärts­ge­wandt­heit, besten­falls mit Heimat­liebe verbunden, meint Anja Hesse. Aber Trachten sei weit mehr als das. Trachten seien Zeugnis für Identi­fi­ka­tion, für Zugehö­rig­keit, für Gemein­schaft, vielleicht auch für eine Form von Abgren­zung.

Überra­schende Perspek­tiven

Die Projekt­lei­terin Julia Eschment, Modede­si­gnerin aus Braun­schweig, machte sich also auf die Suche nach zeitge­nös­si­schen, regio­nal­ty­pi­schen Kleidungs­stü­cken und Gruppen, die bestimmte Farben, Muster und Ornamente tragen und sich besonders der Region zugehörig fühlen. Fündig wurde das Projekt­team bei einem Motorrad-Club (Fotos von Yvonne Salzmann), bei Karne­va­listen (Fotos von Ali Altschaffel), bei Fußball-Fans (Fotos von Nina Stiller) und bei einer Trach­ten­gruppe (Fotos von Sascha Grierse).  Es entstanden neue, überra­schende Perspek­tiven für den Blick auf Trachten.

Mittel der Abgren­zung

Braun­schweiger Karne­va­listen. Foto: Ali Altschaffel

Es lohnt ein Blick zurück: Trachten sind über lange Zeit hinweg gewach­sene, oft festde­fi­nierte Kleidungs­sys­teme. Sie dienten vor allem im ländli­chen Raum als Medium der gesell­schaft­li­chen Identi­fi­ka­tion, für Zugehö­rig­keit, für Gemein­schaft, waren aber auch Mittel der Abgren­zung und sozialer Zuordnung. Beinahe jede Region in Deutsch­land besitzt eine eigene Trach­ten­kultur, deren Spektrum weit über das allseits bekannte Dirndl und den omniprä­senten Schwarz­wälder Bollenhut hinaus­reicht.

Auch das Braun­schweiger Land kennt Trachten. Ihre Blütezeit fällt in etwa in die Zeit zwischen 1780 und 1850. Davon zeugen vor allem die vom Städti­schen Museum Braun­schweig verwahrten Gemälde von Carl Schröder (1802–1867). Sie dokumen­tieren auf hervor­ra­gende Weise das ganze damalige Panorama von Kleidung und bäuer­li­chem Leben im Braun­schweiger Land.

Weitere Ausstel­lungs­orte und ‑termine:

  • Salzgitter:
    Städti­sches Museum Schloss Salder
    10. Mai – 16. Juni
  • Wolfsburg:
    Schloss­park Wolfsburg (Schloss Wolfsburg)
    19. Juni bis 30. Juni
  • Helmstedt:
    Kreishaus 1
    3. Juli bis 25. August
  • Dettum:
    Kultur­haus und Wolff­scher Hof
    28. August bis 25. September
  • Bortfeld:
    Bauern­haus­mu­seum
    29. September bis 31.Oktober

Kontakt:

Braun­schwei­gi­sche Landschaft e.V.
Anna Lamprecht, Geschäfts­stel­len­lei­tung
Löwenwall 16
38100 Braun­schweig

Mail: Iamprecht@braunschweigischelandschaft.de
Tel: 0531–280 19 750
Inter­net­seite: www.braunschweigischelandschaft.de

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