Galka Scheyer und die „Blaue Vier“

Foto 1: Gesa Dierksen als Galka Scheyer. Foto: Klaus G. Kohn
Foto 1: Gesa Dierksen als Galka Scheyer. Foto: Klaus G. Kohn

Dokumen­tar­stück des Theaters Zeitraum und Gilbert Holzgang über die gebürtige  Braun­schwei­gerin, die die Ausstel­lungs- und Verkaufs­ge­mein­schaft „Die Blaue Vier“ mit Alexey Jawlensky, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Paul Klee gründete.

Es hätte Großes für die Kunst­szene  in Braun­schweig entstehen können. Aber leider haben sich Emmy Esther Scheyer, die sich später Galka nannte und unter diesem Namen berühmt wurde, und Otto Ralfs, dem Kopf der „Gesell­schaft der Freunde junger Kunst“,  nach kurzer Zusam­men­ar­beit im Streit getrennt. Dabei förderten beide die Kunst, insbe­son­dere die Expres­sio­nisten, ausge­spro­chen leiden­schaft­lich. „Galka Scheyer war die Pionierin. Sie hatte bereits 1916 den Maler Alexej von Jawlensky im Bauhaus in Weimar kennen­ge­lernt. Sie war es, die Ralfs Gemälde für die für Ausstel­lungen im Schloss vermit­telte. Anschei­nend gab es aber Streit, weil Ralfs keine Vermitt­lungs­pro­vi­sion für verkaufte Werke zahlen wollte. Das schrieb Emmy jeden­falls empört in einem Brief an Lyonel Feininger“, berichtet Regisseur Gilbert Holzgang, der mit „Galka Scheyers Fotoalbum“, aktuell schon das zweite Stück nach „Galka Scheyer und Lyonel Feininger“ mit dem Theater Zeitraum auf die Bühne bringt.

Mit dem Stück, das bis zum 2. Oktober noch sechsmal im Glies­ma­roder Thurm aufge­führt wird, und der Ausstel­lung Gesell­schaft der Freunde junger Kunst (26. September bis 30. August 2020) gibt es gleich zwei Ereig­nisse, die die großen Bauhaus-Maler und ihre Verbin­dungen nach Braun­schweig in den Fokus der Öffent­lich­keit rücken. Die Auffüh­rung wird unter anderem von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, der Richard Borek Stiftung und der Stiftung Prüsse

Das freischaf­fende Theater Zeitraum zählt zu den wenigen in Deutsch­land, das  dokumen­ta­ri­sche Stücke erarbeitet und aufführt. „Alle Stücke bauen auf origi­nalen Dokumenten auf. Es sind Montagen aus unter­schied­li­chen Quellen wie Briefe, Bücher, Zeitungs­be­richte oder Gespräche mit Zeitzeugen und vielem mehr“, erklärt Gilbert die Arbeit. Ziel ist es, bestimmte Themen der neueren deutschen Geschichte mit darstel­le­ri­schen Mitteln und mit Hilfe von Filmen sowie Musik szenisch zu gestalten. Für das aktuelle Stück hat er sich fünf Jahre lang auf die Spur von Galka Scheyer begeben und unter anderem Kontakt zu ihren Nachfahren in den USA und England gehabt. „Galka Scheyer war eine faszi­nie­rende Person“, sagt er. Ausgangs­punkt für seine erneute Recherche war ein Buch über ihre Korre­spon­denz mit den Malern der sogenannten „Blauen Vier“, das ihm eine Freundin zum Lesen gegeben hatte. Erst fand er es sehr speziell, aber mit der Zeit fesselnd wie einen Krimi.

So ist auch das Stück geraten, das Galka Scheyers Zeit in Deutsch­land bis 1924 im Kern beleuchtet. Darge­stellt werden ihre Kindheit und Jugend in Braun­schweig, England und Frank­reich, ihre Ausbil­dung als Malerin in München, Italien und Belgien sowie ihre Freund­schaften aus Künstl­rer­kreisen und ihre Aufent­halte im frisch gegrün­deten Bauhaus in Weimar.

Dort lernte sie Alexey Jawlensky, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Paul Klee kennen. Die Künstler hielten sich mehrfach auch in Braun­schweig auf und berich­teten in Briefen und Tagebü­chern darüber. Galka Scheyer gründete die Gruppe „Blaue Vier“, förderte von 1924 an Europas moderne Malerei in den USA und vermark­tete Klee, Feininger, Jawlensky und Kandinsky in den USA.

Galka Scheyer wurde 1889 in Braun­schweig als Tochter eines erfolg­rei­chen Konser­ven­fa­bri­kanten geboren. Vor genau 100 Jahren stellte sie eigene Bilder in Braun­schweig aus, einige davon werden – als Kopien – in der Auffüh­rung gezeigt. Die Originale sind weit verstreut. Einige sind in den USA, in Israel, Austra­lien, England und der Schweiz. Sie starb 1945 in Hollywood.

Zum Thema „Galka Scheyer“ sind in diesem Jahr noch zwei weitere  Veran­stal­tungen in Braun­schweig geplant. Am 26./27. November findet unter dem Titel „Galka Scheyer – A Jewish Woman in Inter­na­tional Art Business“ eine inter­na­tio­nale Tagung im Altstadt­rat­haus statt. Veran­stalter ist Bet Tfila – Forschungs­stelle für jüdische Archi­tektur an der TU (Dr. Katrin Keßler, Telefon: 0531/ 391 25 26, E‑Mail: k.kessler@tu-bs.de) statt.

Am 11. Dezember wird Gilbert Holzgang seine umfäng­li­chen Recher­chen in seinem Vortrag „Die Malerin und Kunst­för­derin Emmy Esther Scheyer, genannt Galka Scheyer (1889–1945)“ zusam­men­fassen (Jakob-Kemenate am Eiermarkt). Dafür sind  Anmel­dungen bei der Stiftung Prüsse erfor­der­lich (Telefon: 05306/95 95 26, E‑Mail: j.pruesse@stiftung-pruesse.de).

Fakten:

Auffüh­rungs­ter­mine: 20. September (19.30 Uhr), 21. September (19.30 Uhr), 27.September (19.30 Uhr), 28.September (19.30 Uhr), 29.September (11 Uhr), 2. Oktober (19.30 Uhr).

Ort: Gaststätte “Glies­ma­roder Thurm”, Berliner Straße 105, 38104 Braun­schweig

Besetzung: Gesa Dierksen, Kathrin Reinhardt, Jürgen Beck-Rebholz, Ronald Schober, Hans Stallmach in zahlrei­chen Rollen; Drama­turgie, Regie, Ausstat­tung und Bericht­erstat­tung: Gilbert Holzgang

Karten: Abend­kasse: 14 Euro (ermäßigt für Schüler und Studenten 11 Euro). Vorver­kauf: 11 Euro ( ermäßigt für Schüler und Studenten 9, Euro) zzgl. VVK-Gebühr bei Musika­lien Bartels, Schlos­s­pas­sage. Sitzplatz­re­ser­vie­rung: via Tel. 0531 79 83 98 oder E‑mail an: Gilbert.Holzgang@t‑online.de

Weitere Infos: www.theater-zeitraum.de

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