Gemeinsam gegen Graffiti-Schmie­re­reien

An den Innenmauern der ehemaligen Markthalle ist das Sprayen erlaubt. Foto: Der Löwe
An den Innenmauern der ehemaligen Markthalle ist das Sprayen erlaubt. Foto: Der Löwe

Stadt, Polizei, der Verein Graffiti-ex und die Richard Borek Stiftung haben den illegalen Sprayern in der Stadt den Kampf angesagt.

Tag für Tag tauchen neue Graffiti-Schmie­re­reien in Braun­schweig auf und verschan­deln das Stadtbild. Die Sprayer vergreifen sich dabei gedan­kenlos an fremdem Eigentum und begehen Straf­taten. Nicht selten sind private Eigen­tümer betroffen, die gerade erst die Fassade ihres Hauses für viel Geld saniert und neu gestri­chen haben. Oft sind es aber auch öffent­liche Gebäude oder Gegen­stände wie Strom­kästen, die ohne Sinn und Verstand beschmiert werden. Jahr für Jahr gibt es tausende Sachbe­schä­di­gungen im Stadt­ge­biet. Und trotz dieser drama­ti­schen Zahlen steht Braun­schweig angesichts des gut funktio­nie­renden Netzwerks zwischen Stadt, Polizei, dem Verein Graffiti-ex und der Richard Borek Stiftung immer noch deutlich besser da als die meisten anderen deutschen Großstädte.

Hoher Verfol­gungs­druck

Seit 2003 ist die eigen­stän­dige Ermitt­lungs­gruppe der Polizei mit Sitz im Heidberg zur Bekämp­fung von illegalem Graffiti einge­setzt. Sie hält den Verfol­gungs­druck auf die Szene hoch und dämmt so Schmie­re­reien ein. „Im Schnitt werden rund 700 Taten pro Jahr angezeigt. Etwa jede dritte Tat können wir aufklären“, sagt Fred Meyer, Leiter der Ermitt­lungs­gruppe. Im vergan­genen Jahr gelang es sogar jede zweite Anzeige mit einem Verfahren abzuschließen. Den Kreis der aktiven Sprayer in Braun­schweig schätzt er deswegen auf vergleichs­weise wenige 30 Personen. Viele seien ausge­wi­chen, um in anderen Städten ihre Misse­taten zu vollbringen.

Kein Kavaliers­de­likt

Geschä­digten rät Fred Meyer, unbedingt Straf­an­zeige zu stellen. Denn oftmals könnten Taten auch nach längerer Zeit noch rekon­stru­iert werden. Vor einiger Zeit hätten gleich 70 Schmie­re­reien in einer Nacht einer einzigen Täter­gruppe zugeordnet werden können. Schaden­wie­der­gut­ma­chung, Geldstrafe, Jugend­ar­rest über das Wochen­ende oder im Wieder­ho­lungs­fall und bei Erwach­senen auch schon mal eine Gefäng­nis­strafe sind vor Gericht die Folgen. Viele Sprayer zahlten noch über Jahre für ihre angerich­teten Schäden. „Illegale Graffiti zu sprayen, ist kein Kavaliers­de­likt“, warnt Fred Meyer. Die Aufklä­rungs­quote in Braun­schweig liegt dank der Spezia­li­sie­rung der Ermitt­lungs­gruppe deutlich über dem Bundes­durch­schnitt.

Die Sprayer sind nach polizei­li­chen Erkennt­nissen nicht überwie­gend dem Jugend­recht (bis 21 Jahre) zuzurechnen. Oft seien sie geschei­terte Existenzen und bereits jenseits der 30, berichtet Meyer. Es handelt sich bei illegalen Graffiti um ein schon lange währendes Problem. Es hielt mit dem Überschwappen der Hip-Hop-Bewegung aus den Ghettos in New York Einzug in den 1980er Jahren Einzug in Europa. Graffiti-Writing gehört wie Rapmusik und Break­dance dazu. Das erklärt die Alters­struktur. Der Nachwuchs wird weniger. So gab es 2019 mit 560 angezeigten Taten einen Rückgang. Der Gesamt­schaden, den illegale Sprayer in der Stadt anrichten, liegt Jahr für Jahr im hohen sechs­stel­ligen Eurobe­reich.

Rund 9.000 Kästen beschmiert

Für die schnelle Entfer­nung im öffent­li­chen Raum ist die Stadt zuständig. Die Statistik für 2019 weist rund 9.000 beschmierte graue Kästen sowie 210 gerei­nigte Bushal­te­stellen und 63 gesand­strahlte Brücken­un­ter­füh­rungen aus. Für die Stadt sind Mitar­beiter der VHS Arbeit und Beruf GmbH unterwegs, um die Verschand­lungen zu besei­tigen. Dazu gehört übrigens auch die Entfer­nung von Aufkle­bern. Knapp 40.000 waren es im vergan­genen Jahr.

„Ruhm und Ehre“, nennen Experten die Motiva­tion der Sprayer. Bleiben so genannte Tags (Signa­turen) möglichst lange sichtbar, erhalten Sprayer kuriosen Respekt in der Szene. Einige gehen teilweise hohe Risiken ein und seilen sich teilweiser sogar ab, um an die schwie­rigsten Stellen zu kommen. Beispiels­weise prangte ein Graffiti schon hoch oben auf dem „Affen­felsen“ am Rebenring. Um solche Schmie­re­reien wieder zu entfernen, müssen Fachun­ter­nehmen beauf­tragt werden.

Versi­che­rung gegen Farbvan­da­lismus

Ein solcher Betrieb ist die Malerei Borrmann. Senior­chef Hanspeter Borrmann, seiner­zeit Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung in Braun­schweig, war bereits 1997 gemeinsam mit dem heutigen Präsi­denten der IHK Braun­schweig, Helmut Streiff, Initiator von Graffiti-ex. Der Verein existiert noch heute und hat rund 300 Mitglieder. „Für sie übernehmen wir gegebe­nen­falls die Fassa­den­rei­ni­gung“, erklärt der Vereins­vor­sit­zende Hans Ochmann. Graffiti-ex ist für die Säuberung von Gebäuden zuständig. Die meisten Mitglieder gehören dem Verein mit einem Gebäude an. Hinzu kommen aber auch große Beitrags­zahler wie die Stadt Braun­schweig sowie die Wohnungs­bau­ge­sell­schaften Niwo und BBG. Eine Mitglied­schaft, die bereits für 95 Euro im Jahr für eine Immobilie möglich ist, ist gewis­ser­maßen eine Versi­che­rung gegen Farbvan­da­lismus.

Projekt für das Uni-Viertel

Früh hat sich als vierte Instanz des Netzwerks die Richard Borek Stiftung für die Entfer­nung illegaler Graffiti einge­setzt. Sie war es auch, die die intensive Zusam­men­ar­beit zwischen dem Verein Graffiti-ex und der Polizei initi­ierte. Bis heute unver­än­dert nimmt die Stiftung mit Hans-Joachim Zeddies an den monat­li­chen Netzwerk­sit­zungen teil. „Ein sauberes Braun­schweig ist ein Anliegen der Richard Borek Stiftung. Deswegen bringen wir uns auch aus voller Überzeu­gung ein und wollen dort helfen, wo die Maßnahmen der Stadt und des Vereins nicht greifen“, erläutert Zeddies. Die Stiftung unter­stütze Einzel­ak­tionen und sei offen für Anfragen. Aktuell hat die Richard Borek Stiftung der TU Braun­schweig eine Förder­zu­sage zur Entfer­nung der Graffiti im Uni-Viertel gegeben.

Erlaubt sind Graffiti in Braun­schweig an den Innen­wänden der früheren Markt­halle und an der Brücken­un­ter­füh­rung Münchenstraße/Broitzemerstraße. Legale Graffi­ti­kunst ist unter anderem mit dem Burglöwen und dem Dom in Schapen (Hauswand Hordorfer Straße/Schapenstraße) oder dem Käfer gegenüber dem Kreuz­teich in Riddags­hausen zu sehen.

Kontakt:

Telefon: 0531/470 – 3578
E‑Mail: info@graffiti-ex-braunschweig.de

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