Mit leichtem Gepäck raus aus dem Alltag

Klosterkirche Riddagshausen erwartet viele Pilger. Foto: Meike Buck
Klosterkirche Riddagshausen erwartet viele Pilger. Foto: Meike Buck

Am Pfingst­montag lädt die Kloster­kirche Riddags­hausen zum ökume­ni­schen Stern­pil­gern ein. Von sechs Ausgangs­punkten in der Stadt führen geleitete Wege nach Riddags­hausen, wo der Tag mit einem festli­chen Gottes­dienst im Kloster­garten gefeiert wird.

Menschen pilgern seit vielen Jahrtau­senden, in allen Weltre­li­gionen ist die Pilger­reise eine besondere Suche nach Gott und ein Weg zu sich selbst. Unterwegs sein auf der Suche nach Gott, sich selbst und anderen, als eine Auszeit vom Alltag und als Möglich­keit, neue Erfah­rungen zu sammeln und Unbekanntem zu begegnen, für viele sind das die Beweg­gründe, sich auf den Weg zu machen.

Die Kloster­kirche Riddags­hausen lädt nun im Namen des Dekanats Braun­schweig und der Ev.-luth. Propstei Braun­schweig sowie der Ev.-luth. Landes­kirche in Braun­schweig und des Bistums Hildes­heim am Pfingst­montag zu einem ökume­ni­schen Pilgertag und Pilger­fest in den Kloster­garten der Kloster­kirche ein.

„Das Programm zum Refor­ma­ti­ons­jahr ist mit vielen Vorträgen eher kopflastig – wir wollten etwas anderes beitragen“, erklärt Pastor Bernhard Knoblauch, dessen Kloster­kirche Gastgeber des Pilger­festes sein wird. Das Motto „Leichtes Gepäck“ sei dabei in zweifa­cher Weise zu verstehen. „Ganz materiell: wir sorgen an dem Tag für das leibliche Wohl der Pilger, niemand muss einen schweren Rucksack mit Proviant tragen. Aber auch im übertra­genen Sinne: das Gepäck des Alltags zuhause lassen, sich freima­chen und den inneren Weg ohne Last gehen.“

Dabei ist das Pilgern gar keine Bewegung der Refor­ma­tion, im Gegenteil, Martin Luther verspot­tete es als „Narren­werk“. Vor dem Jakobsweg warnte er: „Lauf nicht dahin, man weiß nicht, ob Sankt Jakob oder ein toter Hund daliegt.“ „Er kriti­siert den Anlass des Pilgerns: aus Buße, zur Vergebung der Sünden. Zudem war es zu Luthers Zeit stark kommer­zia­li­siert, ähnlich dem Ablass­handel“, konkre­ti­siert Knoblauch. Das habe sich jedoch gewandelt, heute pilgern Menschen, um sich eine Auszeit zu nehmen, sich auch innerlich vom Ballast des Alltags zu befreien.

Die Initia­tive des Pilger­tages sei bei beiden Kirchen auf frucht­baren Boden gefallen. „Die katho­li­sche Kirche hat eine lange Tradition mit Wallfahrten und Prozes­sionen“, berichtet Martin Wrasmann, stell­ver­tre­tender Leiter des Seelsor­ge­amtes des Bistums Hildes­heim. Für ihn gilt das Motto des Pilger­tages auch in theolo­gi­scher Hinsicht. „Die beiden Kirchen tragen seit Jahrhun­derten so viel mit sich, was sie trennt. Das wollen wir an dem Tag einfach vergessen und gemeinsam Pfingsten feiern.“

An fünf Punkten im Braun­schweiger Stadt­ge­biet und in Veltheim treffen sich am Pfingst­montag Gruppen, um nach Riddags­hausen zu laufen. „Unterwegs gibt es Gebete, Orte zum Innehalten, Schwei­ge­ab­schnitte, aber auch Gelegen­heit für gute Gespräche und gemein­sames Singen“, beschreibt Dieter Prüschenk, Projekt­leiter des Braun­schweiger Jakobs­weges, den Ablauf. Neben den gelei­teten Wegen kann jeder natürlich auch seinen eigenen Weg gehen – alleine oder mit anderen. Zudem bieten viele Kirchen­ge­meinden gemein­same Touren an.

Seit einigen Jahrzehnten wird das Pilgern in Europa von einer breiten Öffent­lich­keit wieder­ent­deckt. 1987 wurde der Jakobsweg vom Europarat zur europäi­schen Kultur­route erhoben und ausdrück­lich empfohlen. Im vergan­genen Jahr wanderten 300 000 Menschen auf dem „Camino“ nach Santiago de Compos­tela. „Neben religiösen Motiven und der Selbst­fin­dung steht bei vielen die Sehnsucht nach Einfach­heit in der modernen Wohlstands­ge­sell­schaft“, berichtet Prüschenk, der für die Evange­li­sche Akademie regel­mäßig geführte Touren anbietet und viele Pilger kennen­ge­lernt hat. „Ob religiös motiviert oder nicht – jeder Pilger ist auf der Suche: nach sich selbst, nach Gott. Und jeder kann dabei seine Heraus­for­de­rungen suchen und Grenzen erfahren.“

Der Weg ist beim Pilgern das Ziel, aber in diesem Fall lockt es ganz besonders: im Kloster­garten wird ein kosten­loser Pilger­topf zur Stärkung serviert. Pröpstin Uta Hirschler und Propst Reinhard Heine feiern einen ökume­ni­schen Gottes­dienst, bei dem auch das aus Anlass des Tages von Regio­nal­kantor Bernhard Schneider und Domkantor Gerd-Peter Münden kompo­nierte Pilger­lied urauf­ge­führt wird.

Abschlie­ßend gibt es die Möglich­keit zur Begegnung und zum Austausch mit anderen. Landes­bi­schof Dr. Christoph Meyns (Braun­schweig) und Bischof Norbert Trelle (Hildes­heim) werden im Kloster­garten über Pfingsten, Pilgern, die Ökumene und andere Themen disku­tieren. Für den Rückweg fährt ein Shuttlebus von der Ebert­allee zum Rathaus und zum Bahnhof.

Das Organi­sa­ti­ons­team ist der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, der Richard Borek Stiftung und der Braun­schweiger Verkehrs AG für ihre Unter­stüt­zung sehr dankbar. „Ohne diese Hilfe wäre der Tag nicht möglich. So können ihn ganz viele Menschen genießen“, hoffen sie auf möglichst viele Teilnehmer. Und gutes Wetter. „Doch egal, wie schwer oder leicht das Gepäck ist, viele Pilger erkennen: ‚Gott geht meine Wege mit!‘“, da ist sich Wrasmann sicher.

Infor­ma­tionen

Stern­pil­gern zum Kloster Riddags­hausen mit Pilger­fest im Kloster­garten

Pfingst­montag, 5. Juni 2017

Geleitete Pilger­wege

  • Eintracht­sta­dion – Startzeit 12 Uhr
  • LAB Kralen­riede – Startzeit 12 Uhr
  • Diskothek Jolly Time – Startzeit 12 Uhr
  • Schloss­platz – Startzeit 12.30 Uhr
  • Welfen­platz – Startzeit 12 Uhr
  • Pilger­her­berge Veltheim – Startzeit 10 Uhr

15 Uhr ökume­ni­scher Pilger­got­tes­dienst im Kloster­garten

Ab ca. 16:30 kosten­loser Busshuttle in die Innen­stadt, zum Rathaus und zum Haupt­bahnhof

Eine Anmeldung ist nicht erfor­der­lich. Bei widrigen Wetter­be­din­gungen findet der Pilgertag in der Kloster­kirche Riddags­hausen statt.

Mehr Infos unter http://www.leichtes-gepaeck.eu/

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