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Platz für viele Träume vom großen Abenteuer

Blick in das Arbeitszimmer von Friedrich Gerstäcker. Foto: Museum
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„Kris“-Sonderausstellung eröffnet im kleinen, aber feinen Friedrich-Gerstäcker-Museum an der Wolfenbütteler Straße.

Im Gegensatz zum berühmten Karl May hat Friedrich Gerstäcker die Schauplätze seiner Abenteuerromane tatsächlich besucht. Der Schriftsteller Gerstäcker war ein wahrer Weltenbummler, seine Bücher wie „Die Regulatoren in Arkansas“ (1846) oder „Die Flußpiraten des Mississippi“ (1847) sind authentisch, seine Landschaftsbeschreibungen inspirierend und seine Erzählungen humorvoll. Und doch steht er im Schatten des Winnetou- und Old Shatterhand-Erfinders. Vielleicht wäre er vollends in Vergessenheit geraten, wenn er nach seiner letzten großen Reise nicht nach Braunschweig zurückgekehrt wäre.

Denn in der Stadt in der er als junger Mensch das Martino Katharineum besuchte, gibt es seit 1982 das Friedrich-Gerstäcker-Museum an der Wolfenbütteler Straße unmittelbar neben dem historischen Schloss Richmond. Und natürlich gibt es seit 1947 den von der Stadt gestifteten Friedrich-Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur. Es ist der älteste Jugendbuchpreis Deutschlands und wird alle zwei Jahre vergeben. Seit 1979 gibt es auch die vom Gerstäcker-Biographen Thomas Ostwald gegründete Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V.

Im Gerstäcker-Museum, eine Initative der Gerstäcker-Gesellschaft, werden auch in wechselnden Ausstellungen Leben und Werk Friedrich Gerstäckers dargestellt, seine Reisen lebendig und die Erinnerung an seine Epoche wachgehalten. Von Montag, 29. Oktober an, wird nun eine Sonderausstellung zu der immer wieder in Gerstäckers Erzählungen auftauchenden Waffe eröffnet. Bei der Stoßwaffe mit Klinge und einem abgerundeten Knauf handelt es sich um den Kris.

Die Erzählung „Der malaiische Kris“ führt die Waffe sogar als Titel. Besonders interessant Ist die Geschichte, weil dort Europäer auf einer Auktion einen solchen Dolch kaufen. „Es war eine Auktion in einem der großen, düsteren Gebäude, und zwar nicht von importierten europäischen Waren oder veralteten Gütern oder von inländischen Produkten, wie sie die Maatschappji oft hält – oder gar von spanischen Dollars, wie sie vor noch gar nicht so langer Zeit hier ebenfalls stattgefunden hatte, sondern nur von Naturalien, Waffen, Vogelbälgen, Gerätschaften, Anzügen und Instrumenten der benachbarten Inseln, die den Nachlass eines verstorbenen deutschen Naturforschers bildeten und jetzt hier, da kein Testament vorlag, öffentlich versteigert werden sollten“, beschreibt Gerstäcker.

„In der malaiischen Kultur kommt dem Kris sogar spirituelle Bedeutung zu“, berichtet Thomas Ostwald, der mit seinem enormen Einsatz dazu beiträgt, dass das Gerstäcker-Museum sich zu einem wahren Kleinod entwickelte. „Manchen dieser Dolche wird eine Seele nachgesagt. Der Sage nach war zum Beispiel der malaysische Nationalheld Hang Tuah wegen seines Kris` unbesiegbar“, erzählt er weiter. Zehn solcher Waffen gibt es aktuell im Gerstäcker-Museum zu sehen.

Die mit viel Liebe und Sinn fürs Detail zusammengestellte Dauerausstellung „Nach Amerika! In der Ferne eine neue Heimat….“ ermöglicht ein Abtauchen in die Welt der Amerika-Auswanderer im 19. Jahrhundert. Neben vielen Exponaten wird auf übersichtlichen Schautafeln Wissenswertes von der Lebenswirklichkeit der Menschen damals vermittelt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Auswanderung aus dem Herzogtum Braunschweig mit der intensiven Verbindung zu Friedrich Gerstäckers Werken. Darin werden die Weltoffenheit Gerstäckers zu fremden Kulturen, seine Toleranz und seine Wertvorstellungen deutlich.

Besonders beeindruckend sind dargestellte Szenen. Gleich auf dem Flur des Museums trifft der Besucher auf die Teildarstellung eines Schiff-Zwischendecks. Gezeigt wird der Raum, den eine dreiköpfige Familie auf der Schiffspassage nach Amerika beanspruchen durfte. Es muss eine grauenvolle Enge geherrscht haben auf den mehrwöchigen Überfahrten. Ein zeitgenössischer Stich bestätigt diese Einschätzung.

Der Raum „Trading Post“ zeigt einen amerikanischen Handelsposten, gefüllt mit Handelswaren, Pelzen, Fässern, Fallen und vielem mehr. Und der Ausstellungsraum „Heimat“ erinnert an das Arbeitszimmer, wie es bis zu seinem Tod in Braunschweig eingerichtet war. In den Vitrinen und im Bücherschrank finden sich Erstausgaben und Zeitschriftenbände, auf dem Schreibtisch sind Familienbilder aufgestellt. Der Raum soll dem Besucher den Eindruck vermitteln, als hätte der Weltreisende noch bis vor kurzem hier gearbeitet. Dazu wird noch dauerhaft eine imposante Sammlung zeitgenössischer Waffen gezeigt.

Ab 1837 unternahm Gerstäcker regelmäßig ausgedehnte Reisen in ferne Länder. So führte ihn seine erste Reise, die bis 1843 andauerte, von Kanada nach Arkansas, Mississippi, Missouri, Louisiana und Texas. Seine zweite große Reise führte ihn 1849-52 nach Südamerika, Kalifornien, in die Südsee, nach Australien und Java. Es folgten weitere Reisen nach Südamerika (1860-61), nach Afrika (1862) und erneut nach Nordamerika, Mexiko, Ecuador, zu den Westindischen Inseln und nach Venezuela (1867).

Das Museum wird ohne öffentliche Zuschüsse betrieben. Ob es dauerhaft an der Wolfenbütteler Straße bleibt, ist fraglich. Denn die Verbindung zur Fux Anatol Buchholtz-Stiftung für Kunst und Architektur eröffnet neue Perspektiven. Wenn sich geeignete Räume in stadtnaher Okerlage finden lassen, ist ein Umzug das erklärte Ziel. Hintergrund ist, dass die Stiftung ihren Sitz von Kampen/Sylt nach Braunschweig verlagern will. Der verstorbene Künstler Anatol Buchholtz hatte in seinen Anfängen ein Atelier in der Geysostraße und besuchte die Werkkunstschule. Der Bruder will nun das Erbe seines verstorben Bruders nach Braunschweig bringen. Buchholtz hatte in den 1950er Jahren die Plakette für den Friedrich-Gerstäcker-Jugendbuchpreis der Stadt Braunschweig entworfen. So schließt sich der Kreis.

Der Friedrich-Gerstäcker-Preis 2014 wurde der Schriftstellerin Anna Kuschnarowa für ihr Buch „Kinshasa Dreams“, erschienen im Beltz & Gelberg Verlag,verliehen.

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag von 15-18 Uhr, sonntags (nicht an Feiertagen) 10-13 Uhr.

Eintritt frei! Für Gruppen ab 5 Personen gibt es Sonderführungen auch außerhalb der normalen Öffnungszeit. Der Preis dafür richtet sich nach der Personenanzahl, beträgt aber mindestens 25,– €.

Kontakt:
Infotelefon: 0531 – 35 40 92 64
Geschäftsstelle: 0531 – 35 01 89

Anschrift:
Friedrich-Gerstäcker
Gesellschaft e.V.
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig

Weitere Informationen:
http://www.gerstaecker-museum.de/

Fotos

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