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Preußische Sparsamkeit schlägt Braunschweigische Qualität

Kartenblatt Bad Harzburg (24a) der TK10 HBS. Reproduktions-Maßstab ca. 1:24.000, Digitales Archiv der LGLN, Sign. HBS24a
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Archivfund ermöglicht Digitalisierung der Gesamtausgabe der topographischen Landeskarte für das Herzogtum Braunschweig, die zwischen 1896 und 1907 erschien.

Im Kartenarchiv des Landesbetriebs für Geoinformation und Landesvermessung Hannover (LGLN) wurden im Spätsommer 2018 25 Kartenblätter der topographischen Landeskarte für das Herzogtum Braunschweig, die zwischen 1896 und 1907 erschienen war, entdeckt.  Zusammen mit dem Blatt Wolfenbüttel und zwei Sonderblättern für den Bereich Bad Harzburg mit forstlicher und wandertouristischer Thematik, die im Landesarchiv Wolfenbüttel aufbewahrt werden, liegen damit alle erstellten und im Druck erschienen Blätter des Kartenwerks vor.

Eine Kooperation zwischen dem Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen sowie der Abteilung Wolfenbüttel des Niedersächsischen Landesarchivs ermöglichte die Digitalisierung der Karten. Sie sind im Internetshop der LGLN zum kostenlosen Download eingestellt. Ein 53seitiges Erläuterungsheft von Hans-Martin Arnoldt, Dieter Kertscher und Heinfried Spier ist jetzt erschienen und enthält Informationen zur Vorgeschichte, zum Hintergrund und zur Durchführung der Landesaufnahme, es steht ebenfalls zum kostenfreien Download im Internetshop der LGLN bereit.

Preußische Landesaufnahme mit Mängeln

Aufgrund der Militärkonvention zwischen Braunschweig und Preußen überzog die Preußische Landesaufnahme das Herzogtum Braunschweig in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts mit einem trigonometrischen Netz. Auf dieser Basis erschienen topographische Karten im Maßstab 1:25.000, die sogenannten „Preußischen Messtischblätter“. Doch als die ersten Blätter des braunschweigischen Harzgebietes erschienen, mehrte sich Kritik an dem Projekt, da die Darstellung die geographische Orientierung erschwerte. Daher kam es im Jahre 1892 zur Einberufung einer Landesvermessungskommission sowie zur Gründung der Braunschweigischen Landesaufnahme mit dem Ziel, eine eigene, grundrissgetreue Karte für das Herzogtum Braunschweig im Maßstab 1:10.000 zu veröffentlichen.

Schweizer Erfahrung in Braunschweig

Die Leitung dieser Landesaufnahme und der damit zusammenhängenden Arbeiten lag in den Händen von Prof. Carl Friedrich Koppe. Koppe war seit 1881 Inhaber des Lehrstuhls für Geodäsie und Astronomie an der Technischen Hochschule Carolo Wilhelmina in Braunschweig und konnte seine Erfahrungen als Geometer beim Bau des St. Gotthard-Tunnels einbringen. Er orientierte sich an den vorzüglichen Schweizer Reliefkarten. 1892 bewilligte der Braunschweigische Landtag Haushaltsmittel für das Projekt.

Die Neue Topographische Landeskarte 1:10.000 entsprach laut Koppe einer „Volkskarte“ mit „ziviltechnischem Charakter“, im Gegensatz zu den preußischen Messtischblättern im Maßstab 1:25.000, die er als „militär-topographische Karten“ bezeichnete. Die Landeskarte sollte von Privatpersonen, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft genutzt werden können, kurzum „verwendbar mehr oder weniger für jedermann“ sein.

In der Fachwelt anerkanntes Kartenwerk

Die Karten boten Informationen zu Bodenkultur, Siedlungsflächen und deren Bebauung, wirtschaftlichen und technischen Anlagen aller Art, Straßen-, Eisenbahn- und Kanalbauten, zum Gewässernetz sowie eine genaue Höhendarstellung. Für die Gestaltung wählte man den Dreifarbendruck mit den Farben Schwarz für den Grundriss, Blau für die Gewässer und Braun für die Topographie. In den Jahren 1902 bis 1907 erschienen insgesamt 26 Blätter des in der geodätischen Fachwelt Deutschlands hoch anerkannten Kartenwerkes. Sie decken Teile der Landkreise Gandersheim und Wolfenbüttel ab, außerdem wurden zwei Sonderblattschnitte für das Gebiet um Bad Harzburg herausgegeben.

Einstellung des Projektes aus finanziellen Gründen

Im Jahr 1900 wurde im Braunschweigischen Landtag über die Bewilligung der weiteren Finanzmittel diskutiert, in den Verhandlungen zum Haushalt der Finanzperiode 1904 bis 1906 war der Abbruch des Projektes bereits erkennbar. Auch die von Koppe eingeholten fachlichen Gutachten konnten das Braunschweigische Staatsministerium nicht zur Fortführung des Kartenwerkes bewegen. Die Braunschweigische Landeszeitung vom 20. Februar 1906 berichtete, „dass die Rücksicht auf die gegenwärtige ungünstige Finanzlage des Staates ausschlaggebend gewesen ist […] und dass trotz der dem Werke innewohnenden hohen kulturellen Bedeutung die Landeskarte 1:10.000 nicht als unbedingtes Bedürfnis des Staates anzusehen sei“. Zudem sei die Einstellung zu verkraften, da die preußische Landesaufnahme inzwischen vollendet war und auch das Herzogtum Braunschweig abdeckte – das Projekt wurde, obwohl besser als die preußische Konkurrenz, beendet, ohne dass die Aufnahme abgeschlossen worden war.

Informationen

Hans-Martin Arnoldt, Dieter Kertscher, Heinfried Spier: Die Neue Topographische Landeskarte des Herzogtums Braunschweig 1:10.000 und ihre Landesaufnahme – Kartenwerk, Umfeld und kartographische Situation. Erläuterungsheft zur LGLN-Neuausgabe des Kartenwerks, Hannover 2021, 53 Seiten, Illustrationen.

Alle Kartenblätter sind im Internetshop des LGLN zum Download eingestellt. Sie können dort blattweise gegen Kostenerstattung als hochauflösendes Digitalisat oder als analoger Kartenplot bestellt werden. Das Herunterladen von Arbeitskopien in durchaus passabler Auflösung ist kostenfrei: https://www.lgln.niedersachsen.de/startseite/geodaten_karten/historische_karten/neue_topographische_landeskarte_des_herzogtums_braunschweig_1_10_000/neue-topographische-landeskarte-des-herzogtums-braunschweig-1-10-000-183180.html.

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