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Schluss mit dem Tropenklima im „kleinen Dom“

Die Kirche St. Nikolai in Melverode. Foto: Löwe
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Historische St. Nikolai-Kirche in Melverode wird wieder mit einer Empore ausgestattet.

In der St. Nikolai-Kirche in Melverode haben die Arbeiten für den Wiedereinbau einer Empore und zur Verbesserung des Raumklimas begonnen. Bis zum Ende des Jahres sollen sie abgeschlossen sein. Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz investiert als Baulastträger einen mittleren sechsstelligen Betrag, um einerseits die denkmalgeschützte Substanz und die Nutzbarkeit des Gebäudes für Veranstaltungen zu erhalten und andererseits den Anforderungen des Arbeitsschutzes für Wartungsarbeiten der Glocken zu genügen. Die Bauaufsicht hat das Staatliche Baumanagement Braunschweig.

90 Prozent Luftfeuchtigkeit

Ausgangspunkt für die notwendige Sanierung waren zunächst Luftfeuchte-Messungen in der spätromanischen Kirche, nachdem eine feuchte Stelle in einer Außenwand entdeckt worden war. „Es wurden bis zu 90 Prozent Luftfeuchtigkeit registriert. Der Grund für diesen dramatischen Wert war der Ausfall eines in den 1960er Jahren eingebauter elektrischer Lüfter im Dachboden“, erläutert Architektin Verena Mocha vom Staatlichen Baumanagement. Deswegen wird ein neuer Lüfter installiert, so dass die Luftfeuchte wieder auf angenehme 50 bis 55 Prozent sinken wird.

Innenansicht vor dem Umbau in den 1960er Jahren noch mit Empore. Foto: aus „Kaiser Otto IV. kleines Gotteshaus in Melverode“

Innenansicht vor dem Umbau in den 1960er Jahren noch mit Empore. Foto: aus „Kaiser Otto IV. kleines Gotteshaus in Melverode“

Eine „normale“ Luftfeuchtigkeit ist nicht nur für Besucher und Nutzer wichtig, sondern auch für Mauern und Ausmalungen dieser besonderen Kirche. Der Bau ist bereits im „Atlas zur Geschichte der deutschmittelalterlichen Baukunst“ 1844 erwähnt und mit zwei Abbildungen vertreten. Für Braunschweigs Stadtbaurat Ludwig Winter (1843 – 1930) war St. Nikolai eine kunstgeschichtlich und architektonisch sehr beachtenswerte Kirche, wie in der von der SBK herausgegeben, umfangreichen Broschüre „Kaiser Otto IV. kleines Gotteshaus in Melverode“ (Autoren: Ingrid Weiss, Hans-Henning Grote und Wolfgang Meibeyer). Die Kirche ist trotz ihrer geringen Abmessungen als Basilika gebaut und wird deswegen im Volksmund auch „kleiner Dom“ genannt.

Kein sicherer Zugang zum Glockenturm

Zweiter wesentlicher Aspekt für die im März begonnenen Arbeiten ist, der Hinweis der Glockenbauer, dass sie die Wartung aus Arbeitsschutzgründen nicht mehr über eine zehn Meter hohe Leiter bewerkstelligen könnten und dürften. „Früher gab es dafür einen Zugang zum Glockenturm über eine Empore, die jedoch in den 1960er Jahren abgerissen wurde. Wir werden jetzt eine neue erreichten, damit der Zugang wieder möglich wird“, sagt Verena Mocha. Aktuell sind dafür Teile des Fußbodens aus Sandsteinplatten aufgenommen worden, um die Fundamente für die Empore herstellen zu können.

Neuer, attraktiver Windfang

Die Konzeption für die Konstruktion aus Stahl und Glas stammt vom Architekturbüro Kleineberg, zu dessen Kernkompetenzen die Sanierung denkmalgeschützter Bauten zählt. Das Glas für den Windfang wird von Peter Wentzler gestaltet. Geplant ist, die Außentür der Kirche offen stehen zulassen und Besucher den Weg in den geschlossenen Windfang zu ermöglichen, damit sie einen Blick in den besonderen Kirchenraum werfen können.

Die Entstehung der spätromanischen Kirche wird aufgrund 1903/04 freigelegter Reste mittelalterlicher Malereien, die in stilistischer und zeitlicher Nähe zu den Braunschweiger Domfresken stehen, ins 13. Jahrhundert datiert. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1237. Melverode selbst entstand im frühen 9. Jahrhundert. Frühgeschichtliche Siedlungsspuren gibt es jedoch schon aus der Jungsteinzeit und älteren Eisenzeit.

Holz wurde 1213 geschlagen

Die Wandmalerei mit Ritter und und Adler-Reichswappen. Foto: aus „Kaiser Otto IV. kleines Gotteshaus in Melverode“

Die Wandmalerei mit Ritter und und Adler-Reichswappen. Foto: aus „Kaiser Otto IV. kleines Gotteshaus in Melverode“

Ein dendrologisches Gutachten aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass das in der Kirche verbaute Eichenholz in den Jahren 1213 und 1214 geschlagen wurde. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der Bau zwischen 1214 und 1215 vollendet worden ist. Angesichts des Adlerschilds einer Ritterfigur auf einer Wandmalerei ist zudem davon auszugehen, dass Otto IV. tatsächlich Auftraggeber des Kirchenbaus war. Otto IV. war der Sohn von Braunschweigs Stadtgründer Heinrichs des Löwen.

Hintergrund für diese These aus der SBK-Broschüre ist, dass keine andere historische Persönlichkeit im welfischen Bereich als Herrscher mit dem Adler-Reichswappen zu verbinden ist. Es verbleibt also allein Otto IV. in seinem König- und Kaisertum als einzige Bezugsperson übrig. Der augenscheinlich mit Bedacht in der Nähe des Altars dargestellte Reichswappen versinnbildliche, so heißt es in der Broschüre, Ottos Geltungsanspruch als König und Kaiser. Die Fresken sind aktuell zum Schutz hinter Leinwänden verborgen.

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