Traum und Wirklich­keit

Farbenfroh: Gudrun Brüne vor ihrer Version des „Abendmahls“ von Christus und seinen Jüngern.
Farbenfroh: Gudrun Brüne vor ihrer Version des „Abendmahls“ von Christus und seinen Jüngern.

Jakob-Kemenate ist der zentrale Ort der Ausstel­lung von Gudrun Brünes teils verstö­renden Puppen- und Masken­bil­dern.

Aquarelle, Still­leben und immer wieder Puppen – die Bilder der Künst­lerin Gudrun Brüne sind ausdrucks­stark und facet­ten­reich. In der Ausstel­lung „Traum und Wirklich­keit“ sind ihre Werke erstmals in Braun­schweig zu sehen.

Bekannt geworden ist die Künst­lerin aus dem Havelland vor allem durch ihre teils sehr verstö­renden Puppen- und Masken­bilder. Sie sind ein wesent­li­cher Teil der Ausstel­lung, die in der Jakob Kemenate und an fünf weiteren Orten in Braun­schweig gezeigt werden. Berge von Puppen, Köpfe, Arme und Beine häufen sich etwa in dem dreige­teilten Werk „Und immer wieder Guernica“, das vor Picassos flächigem Gemälde von der Zerstö­rung der baski­schen Stadt Guernica entstanden ist. Zentraler Blickfang in der Jakob Kemenate ist jedoch Brünes monumen­tales und farben­frohes Werk „Zum letzten Abendmahl“, das sie im Auftrag der Stiftung Prüsse gemalt hat. Unter dem Auge Gottes haben sich die Jünger versam­melt, in leuch­tenden Gewändern und mit starren Masken vor den Gesich­tern, ein Verräter ist nicht zu erkennen. Jesus selbst bleibt völlig gesichtslos.

Die 76-Jährige gehört zur Leipziger Schule und zählt zu den bedeu­tenden bildenden Künstlern der Gegenwart. „Gudrun Brüne trifft mit ihren Werken den Nerv unserer Zeit“, sagte die Bamberger Kunst­his­to­ri­kerin Prof. Ada Raev bei der Eröffnung der Ausstel­lung in der Braun­schweiger Marti­ni­kirche. Sie würdigte die präzise und dezidiert figura­tive Malerei der Künst­lerin, die mit ihrer Kunst immer wieder auf gesell­schaft­liche Ereig­nisse reagiert. Dr. Annette Boldt-Stülze­bach vom Kultur­in­stitut der Stadt Braun­schweig lobte die „Ausnahme-Künst­lerin“, deren Werke in einer zum Nachdenken anregenden Ausstel­lung zu sehen sind.

Für Gudrun Brüne ist die Ausein­an­der­set­zung mit sich selbst, mit Wegge­fährten, Persön­lich­keiten der Zeitge­schichte und vor allem mit Künst­le­rinnen und Künstlern ein wichtiger Bestand­teil ihres künst­le­ri­schen Schaffens, sagte Raev. Wahlver­wandt­schaften entwi­ckelt sie etwa zu Leonardo da Vinci, Paula Modersohn-Becker, Otto Dix, Frida Kahlo und zu Pablo Picasso, der sie bis heute immer wieder heraus­for­dert. Besonders intensiv war der Dialog von Gudrun Brüne mit ihrem 2011 verstor­benen Ehemann Bernhard Heisig, dem streit­baren Maler, Lehrer und „Vater“ der Neuen Leipziger Schule. Gudrun Brüne hat ihr gleicher­maßen enges wie spannungs­volles Verhältnis zu Bernhard Heisig in den letzten Jahren wieder­holt thema­ti­siert. So entstanden zwei Doppel­bild­nisse, die ebenfalls in der Ausstel­lung zu sehen sind.

Die Künst­lerin hat eine an Otto Dix geschulte, detail­ge­naue Malerei entwi­ckelt als Grundlage für eine strenge, klare und buntfar­bige Bildsprache. Diese prägt etwa ihre großfor­ma­tigen Still­leben, die mit erlesener Eleganz und schmerz­li­cher Schönheit bezaubern. Seit den 1980er Jahren sind Puppen und Masken zum Marken­zei­chen der Künst­lerin geworden.

Fakten: Die Ausstel­lung „Traum und Wirklich­keit“ ist bis zum 1. Dezember 2017 zu sehen, Schirm­herr ist Braun­schweigs Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth. Es sind ein Katalog zum Preis von 10 Euro und eine Sonder-Edition mit einer Druck­grafik der Künst­lerin erschienen.

Ausstel­lungs­orte: Jakob-Kemenate, Kemenate Hagen­brücke, Augus­tinum, Bankhaus Löbbecke, Haupt­bahnhof und Stadt­halle.

Begleit­pro­gramm zur Ausstel­lung in der Jakob-Kemenate: Persön­liche Führungen mit Gudrun Brüne am 11. Oktober., 9. und 21. November, jeweils um 15 Uhr. Musika­li­sche Führungen mit dem Songwriter Till Seiffert am 18. Oktober und am 16. November, jeweils um 18 Uhr, Führungen mit dem Schau­spieler Andreas Jäger am 23. Oktober und am 6. November um 18 Uhr sowie eine Talkshow mit Gudrun Brüne am 3. Oktober um 15 Uhr.

Homepage: kemenaten-braunschweig.de

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