„War und ist Krieg“

Doppelbelichtung: Hintergrund ist ein Foto des Großvaters aus dem 2. Weltkrieg Krieg, vorne ist Yvonne Salzmann (Mitte) in Zeiten des Wirtschaftswunders zu sehen. Foto: Yvonne Salzmann

In der Fotoaus­stel­lung in der Maler­ka­pelle Königs­lutter beschäf­tigen sich Yuliia Shkvarchuk und Yvonne Salzmann mit den Folgen des Krieges in ihren jewei­ligen Heimat­län­dern.

Die beiden Fotogra­finnen Yuliia Shkvarchuk aus Ivano-Frankivsk in der Ukraine und Yvonne Salzmann aus Schan­delah stellen unter dem Titel „War und ist Krieg“ vom 23. September bis zum 3. Oktober gemeinsam in der Maler­ka­pelle Königs­lutter aus (Öffnungs­zeiten und Anschrift s.u.). Die beiden Künst­le­rinnen sind sich noch nie begegnet, aber sie eint das Thema. „In ihren Arbeiten beschäf­tigen sie sich mit den Folgen des Krieges in ihren jewei­ligen Heimat­län­dern“, erläutert Lino Heissen­berg, Kurator und Vorstands­mit­glied des Vereins Förder­kreis Maler­ka­pelle am Elm. Die Eröffnung findet am 23. September um 17 Uhr statt. Die Ausstel­lung wird von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Braun­schwei­gi­schen Stiftung gefördert.

Famili­en­ge­schichte in Bildsprache. Foto: Yvonne Salzmann

Die Heran­ge­hens­weise der beiden Fotogra­finnen ist sehr unter­schied­lich, gleich ist wieder, dass beide Arbeiten auf familiärer Basis entstanden sind. Yvonne Salzmann reflek­tiert in ihren Arbeiten die Einflüsse des Krieges auf eine intime Art und Weise, indem sie Aufnahmen aus dem in der Wohnung ihrer Großmutter vorge­fun­denen Fotoal­bums ihres Großva­ters aus dem 2. Weltkrieg mit Bildern aus späteren Jahren, teils ihrer eigenen Jugend in den Siebzi­gern, überblendet. So stellt sie eine unbequeme Nähe her zwischen einer scheinbar unbeschwerten Zeit wirtschaft­li­chen Aufschwungs und dem, was nur wenige Jahrzehnte zuvor derselben Familie widerfuhr. Eine Situation, die sich in vielen deutschen Familien in der Nachkriegs­zeit darstellte, aber oft verschwiegen, nicht thema­ti­siert wurde.

Eine Unter­füh­rung in Chernihiv mit Sandsä­cken gesichert. Foto: Yuliia Shkvarchuk

Yuliia Shkvarchuk dokumen­tiert dagegen die Szenerie in der ukrai­ni­schen Stadt Chernihiv, die im Februar von russi­schen Truppen überfallen wurde. Sie hatte ihre Paten­tante besucht und mit ihrer Kamera festge­halten, was von der Stadt übrig­ge­blieben ist. Zu sehen ist auf einem ihrer Fotos, wie ein Mann sich auf einer Parkbank sonnt, neben ihm zerbombte Wohnungs­kom­plexe. Oder wie Menschen vorbei an Schutt und Asche in den Super­markt gehen. Vermeint­lich normale Situa­tionen, wenn da nicht die Zerstö­rung wäre. Shkvarchuks Arbeiten werden als Postkarten präsen­tiert und auch vor Ort käuflich zu erwerben sein: Ein Seiten­hieb auf Katastro­phen­tou­rismus. Die Einnahmen gehen an die Stadt Chernihiv.

Ausgangs­punkt für Yvonne Salzmanns Arbeiten war die Suche nach Erinne­rungs­fotos anläss­lich des 80. Geburts­tags ihrer Mutter. „Was ich fand war ein verstö­rendes Fotoalbum aus dem 2. Weltkrieg mit Fotos aus Norwegen, wo mein Großvater statio­niert war.  Es gab Bilder von lustigen Aufnahmen am Strand, im Schnee, unterwegs oder in den Quartieren, aber eben auch Bilder von Zerstö­rungen, Bränden und erahn­baren Gräuel­taten. Nach weiteren Nachfor­schungen entdeckte ich eine kleine Schatz­kiste mit Famili­en­do­ku­menten, bis hin zu meinen Ururgroß­el­tern, sowie einem Tagebuch meines Urgroß­va­ters aus dem 1. Weltkrieg mit dem Titel ‚Mein Erleben in Frieden und Krieg‘, beginnend im Oktober 1913“, berichtet Yvonne Salzmann in ihrem Vorwort des Ausstel­lungs­ka­ta­logs.

Das alles ließ sie eintau­chen in die anderen Leben und Kriegs­er­leb­nisse ihrer  Vorfahren. Teils erschre­ckend, teils bei mir großes Mitgefühl auslösend. Ich schrieb Briefe an sie beide, Fragen tauchten auf. Opfer und oder Täter? Ich selbst war plötzlich sehr verstört.  Daraufhin setzte ich mich mit dem Thema in meiner Sprache – der Bildsprache – ausein­ander.“

Ein zerstörter Panzer, auf dem Blumen abgelegt wurden. Foto: Yuliia Shkvarchuk

Kontakt:

Maler­ka­pelle

Samuel-Hahnemann-Straße 5

38154 Königs­lutter

Öffnungs­zeiten

Samstag, 24.9., und Sonntag, 25.9., von 14–18 Uhr

Donnerstag, 29.9., bis Montag 3. 10., von   14–18 Uhr

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