Wegen der Stadt­hy­giene musste die Oker unter die Erde

Ruhfäutchenplatz, Postkarte um 1910. Foto: E. Arnhold
Ruhfäutchenplatz, Postkarte um 1910. Foto: E. Arnhold

Braun­schweigs Plätze, Folge 5: Der Ruhfäut­chen­platz entwi­ckelte sich erst im frühen 20. Jahrhun­dert zu einem reprä­sen­ta­tiven Raum.

Der Ruhfäut­chen­platz geht in seiner heutigen Form auf den reprä­sen­ta­tiven Stadt­umbau im späten 19. Jahrhun­dert zurück. Er hat jedoch eine weitaus ältere Geschichte. Für den seit dem 18. Jahrhun­dert überlie­ferten Namen existiert eine wohl zweifel­hafte Erklärung: Die Passanten mussten auf dem unbefes­tigten Platz angeblich ihr Schuhwerk mit zusätz­li­chen „rauen“ Überschuhen schützen, erläutert der renom­mierte Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger Innen­stadt Elmar Arnhold.

Gemeinsam mit ihm stellt „Der Löwe – das Portal für das Braun­schwei­gi­sche“ Braun­schweigs Innen­stadt-Plätze in monat­li­cher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung heraus­ge­ge­benen Buch „Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestal­tungs­pläne für den Hagen­markt. Heraus­ge­kommen ist ein attrak­tives Standard­werk.

Früher gab es eine Mühle

Ursprüng­lich bestand hinter der Burg kein städti­scher Platz. Dort verlief der natür­liche Hauptarm der Oker, der gleich­zeitig als Burggraben diente. Das Okerufer war feuchtes Niede­rungs­ge­biet. Um 1160 begann mit der Gründung des Weich­bilds Hagen die Bebauung. Im 14. Jahrhun­dert wurde östlich der Burg ein Domini­ka­ner­kloster gegründet. Im Südteil des heutigen Platzes entstand im Spätmit­tel­alter eine Mühle, die die Bezeich­nung „Burgmüh­len­graben“ begrün­dete.

Mit dem Stadt­umbau im späten 19. Jahrhun­derts änderte sich das Bild der Freifläche grund­le­gend. Es entstand die Münzstraße, Dankward­straße und später die Caspa­rist­raße. Auch am Ruhfäut­chen­platz verschwand die Oker unter die Erde und wurde durch Kanäle geleitet. „Nachweis­lich spielten dafür auch Gründe der Stadt­hy­giene eine Rolle. Die offenen Fluss­läufe waren längst stark verschmutzt und übelrie­chend“, erklärt Elmar Arnhold.

Reprä­sen­ta­tives Quartier

Nach 1880 entwi­ckelte sich das Quartier so reprä­sen­tativ, wie wir es heute kennen. Es wurden Gebäude für die Adminis­tra­tion des Herzog­tums und der Stadt errichtet.  1896/97 entstand das „Deutsche Haus“, 1900/05 das „Neue Rathaus“ und 1913 anstelle des abgebro­chenen Domini­ka­ner­klos­ters das Regie­rungs­ge­bäude, in dem heute Landes­be­hörden und die Landes­spar­kasse unter­ge­bracht sind. Im Zweiten Weltkrieg erlitten viele Bauten um den Ruhfäut­chen­platz schwere Schäden. Während die ausge­brannten Wohn- und Geschäfts­häuser durch Neubauten ersetzt wurden, wurden die reprä­sen­ta­tiven Bauten wieder herge­stellt. In der Burg wurden die letzten Schäden im heute wieder zugäng­li­chen Ritter­saal bis 1995 behoben.

Eine weitere Aufwer­tung erfuhr der Ruhfäut­chen­platz 2006 mit der vom Braun­schweiger Bildhauer geschaf­fenen Säule „2000 Jahre Chris­tentum“. Die Skulptur wurde von der Richard Borek Stiftung finan­ziert.

Fakten:

Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Heraus­geber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestal­tung: Elmar Arnhold
Herstel­lung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978–3‑9823115–0‑0
Preis: 12.90 Euro

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