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Weltklasseathlet ohne jegliche Starallüren

Rudolf Harbig. Foto: Archiv Eintracht Braunschweig
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Große Sportpersönlichkeiten, Folge 8: Rudolf Harbig zwischen Weltrekorden und Training mit der Jugend.

Dem aktuellen Deutschen Meister über 400 Meter, Manuel Sanders von der LG Olympia Dortmund, hätte er sich nur knapp geschlagen geben müssen. Sanders lief im Eintracht-Stadion am 9. August dieses Jahres gerade einmal zwei Zehntelsekunden schneller als Rudolf Harbig 81 Jahre zuvor am 12. August 1939 in Frankfurt/Main. Damals bedeuteten die sensationellen 46,0 Sekunden allerdings Weltrekord. Harbig, gebürtiger Dresdener und später für Eintracht startender Mittelstreckler, lief sie im Gegensatz zu Sanders auf einer Aschenbahn statt auf einer modernen Kunststoffbahn. Das relativiert.

Drei Einzel-Weltrekorde

Harbig hatte überragendes Talent und paarte das mit enormem Trainingsfleiß. Aus diesem Konglomerat sind Weltklasseathleten gemacht. In einem denkwürdigen Lauf gegen den Italiener Mario Lanzi stellte er 1939 in Mailand mit 1:46.6 Minuten über 800 Meter einen weiteren Fabelweltrekord auf. Nicht von ungefähr hatte diese Bestmarke weltweit 16 Jahre lang Bestand. Als Einträchtler stand er in jener deutschen 4 x 800-Meter-Staffel (7:30,4 Minuten.), die 1941 im Eintracht-Stadion einen neuen Weltrekord aufstellte. Bereits ein Jahr zuvor war es Harbig gelungen, im Eintracht-Trikot über 1000 Meter in 2:21,5 Minuten einen weiteren, seinen dritten Weltrekord in einem  Einzelrennen aufzustellen.

Als Sportler verehrt, als Freund geachtet

Obwohl er nur von 1940 bis zu seinem Tod am 5. März 1944 in Russland zur Eintracht-Familie gehörte, hinterließ er tiefe Spuren. Gewissermaßen als Weltstar war er gekommen. In die Region hatte ihn die Versetzung zum Fallschirmjäger-Bataillon nach Wolfenbüttel verschlagen. Eintrachts Verantwortliche schalteten damals schnell und gewannen das Idol für ihre Leichtathletik-Abteilung. Harbig entpuppte sich als bodenständiger, ausgesprochen sympathischer Mann ohne jede  Starallüren. Er wurde als Sportler verehrt und als Freund geachtet.

Harbig trainierte in seiner Zeit bei Eintracht auch in benachbarten Vereinen und in Schulen den Nachwuchs, um seine Erfahrung, sein Wissen und vor allem seine Begeisterung für den Sport an die Jugend weiterzugeben. Er verhalf Eintrachts Leichtathletik in jenen Jahren zu einem ungeahnten Aufschwung, stellte gleich reihenweise Vereinsrekorde auf, die zum Teil mehr als ein halbes Jahrhundert hielten. Sein Nachfolger über 400 Meter wurde Kai Karsten. Der lief bei seinem Titelgewinn 1993 in Erfurt in 46,10 Sekunden übrigens eine Zehntelsekunde langsamer als Harbig 1939.

Talent beim Volkslauf entdeckt

Rudolf Harbig wurde am 8. November 1913 in Dresden geboren. Sein Talent war 1934 beim „Tag des unbekannten Sportsmannes“ entdeckt worden. Untrainiert gewann er den 800 Meter-Lauf in 2:04,0 Minuten. Der berühmte Trainer Woldemar Gerschler – Ende der 1940er Jahre selbst in Braunschweig als Leichathletik-Trainer und für kurze Zeit auch als Trainer der Eintracht-Fußballer tätig –  nahm den jungen Harbig unter seine Fittiche und formte ihn zu einem Athleten, der zu seiner Zeit der Konkurrenz um Längen voraus war.

Sieg nach 14 halben Mett-Brötchen

1936, nur zwei Jahre nach seiner Entdeckung, nahm Harbig bereits an den Olympischen Spielen in Berlin teil. Wegen einer Fischvergiftung verpasste er mit 1:54,1 min. den 800-Meter-Endlauf nicht erreichen. In der 4 x 400 m-Staffel gewann er jedoch die Bronzemedaille. Sechs Jahre in Folge wurde er Deutscher Meister und 1938 Europameister über 800 m. Zudem stellte er einen kuriosen Braunschweiger Rekord auf: Zunächst verspeiste er 14 halbe Mett-Brötchen und wurde anschließend Bezirksmeister um Waldlauf.

Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis

Rudolf Harbig war eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Leichtathletik. Ihm zu Ehren wird seit 1950 der Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis an einen „würdigen und verdienten Leichtathleten, der in Haltung und Leistung als Vorbild für die Jugend gelten kann“, verliehen. Zu den Preisträgern zählen so bekannte Athleten wie Harald Norpoth (1970), Heide Rosendahl (1973), Ulrike Meyfarth (1983), Heike Henkel (1992), Christian Schenk (1995), Lars Riedel (2003) und Frank Busemann (2004).

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