Wilhelm Raabe-Litera­tur­preis läuft im Radio

Christine Wunnicke. Foto: Monika Höfler
Christine Wunnicke. Foto: Monika Höfler

Der Not gehor­chend am 29. November im Deutsch­land­funk: Corona-bedingt kann die Stadt Braun­schweig Schrift­stel­lerin Christine Wunnicke nicht im Kleinen Haus des Staats­thea­ters auszeichnen.

Für ihren Roman „Die Dame mit der bemalten Hand“ (erschienen 2020 im Berenberg Verlag) erhält Christine Wunnicke am Samstag, 29. November den von der Stadt Braun­schweig und dem Deutsch­land­funk gestif­teten Wilhelm Raabe-Litera­tur­preis. Corona-bedingt wird der Preis diesmal nicht vor Ort im Kleinen Haus des Staats­thea­ters verliehen, sondern im Rahmen einer Radio­sen­dung im Programm des Deutsch­land­funks (20.05 Uhr / Wieder­ho­lung 29, November, 00.05 Uhr). Die Sendung wird zudem unter deutschlandfunk.de im Internet abrufbar sein. Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert.

Laudatio, Lesung Diskus­sion

Die Laudatio hält Prof. em. Michael Stolleis, der an der Johann Wolfgang Goethe-Univer­sität Frankfurt am Main lehrte und bis Ende 2009 Direktor des Max-Planck-Instituts für europäi­sche Rechts­ge­schichte war. Neben der Dankes­rede der Preis­trä­gerin Christine Wunnicke kommen auch Braun­schweigs Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth und Deutsch­land­funk-Intendant Stefan Raue zu Wort. Darüber hinaus wird Schau­spieler Werner Eng aus „Die Dame mit der bemalten Hand“ lesen. Die Sendung schließt eine Diskus­sion der Jurymit­glieder Katharina Teutsch (u.a. Frank­furter Allge­meine und Die Zeit), Thomas Geiger (Litera­ri­sches Collo­quium Berlin) und Hubert Winkels (Deutsch­land­funk) ab.

Mit der Verlei­hung dieses Preises zeichnen die Stadt Braun­schweig und Deutsch­land­funk seit dem Jahr 2000 jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzäh­le­ri­sches Werk aus. Mit der Auszeich­nung soll exempla­risch das bis zum Zeitpunkt der Preis­ver­lei­hung publi­zierte litera­ri­sche Schaffen gewürdigt werden. Von Christine Wunnicke erschienen unter anderem „Fortes­cues Fabrik“ (1998), „Die Kunst der Bestim­mung“ (2003), „Missouri“ (2006), „Nagasaki“ (2010), „Selig & Boggs. Die Erfindung von Hollywood“ (2013) und „Der Fuchs und Dr. Shimamura“ (2015).

Der bislang größte Erfolg

Wilhelm Raabe. Foto: Wikipedia, gemeinfrei
Wilhelm Raabe. Foto: Wikipedia, gemein­frei

Ihr Roman „Die Dame mit der bemalten Hand“ ist ihre bislang erfolg­reichste Veröf­fent­li­chung. Sie kam damit auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises und die Besten­liste des Südwest­rund­funks. Christine Wunnicke lebt in München und erhielt in diesem Jahr auch den Litera­tur­preis der Landes­haupt­stadt München für ihr Gesamt­werk. Für die Biografie des Kastra­ten­sän­gers Filippo Balatri, „Die Nachti­gall des Zaren“ war sie bereits mit dem Bayeri­schen Staats­för­de­rungs­preis für Literatur (2002) und für den Roman „Serenity“ mit dem den Tukan-Preis (München/2008) prämiert worden.

„Christine Wunnicke hat über Jahrzehnte hinweg ein eigen­stän­diges Werk geschaffen, in dem sich die Gattungen mischen. Gelehrte Groteske. Histo­ri­scher Minia­tur­roman. Wissen­schafts­sa­tire. Sie beherrscht die Wissens­jar­gons verschie­dener Zeiten, mytho­lo­gi­sche und religiöse Idioma­tiken und poetische Aufschwünge ebenso wie deren Parodien. Immer arbeitet sie auf der Grenze zwischen beiden. Am Kipppunkt von Wahn in Wissen und umgekehrt; von Bericht und Karikatur eines Berichts. Aus dem zufäl­ligen Zusam­men­treffen einzel­gän­ge­ri­scher Helden der Wissen­schafts- und der Weltge­schichte schlägt sie helle Funken der Erkenntnis und der Komik“, heißt es in der Begrün­dung der Jury des Raabe-Preises.

Scherben eines Kommu­ni­ka­ti­ons­de­sas­ters

„Die Dame mit der bemalten Hand“ spielt im Jahr 1764 in Bombay. Dort begegnen sich die so unter­schied­li­chen Forschungs­rei­senden Carsten Niebuhr aus dem Bremi­schen, obwohl er doch in Arabien sein sollte und Meis­ter Musa, persi­scher Astro­la­bi­en­bauer aus Jaipur, der eigent­lich in Mekka sein wollte. Beide kommu­ni­zieren schwer­lich auf Arabisch und streiten freund­schaft­lich über Stern­bilder zu streiten. Wo der der eine eine Frau erkennt, sieht der andere lediglich deren bemalte Hand. „Aus den Scherben eines Kommu­ni­ka­ti­ons­de­sas­ters baut Christine Wunnicke neue bizarr-schöne Gebäude“, meint die Jury zum Buch.

Namens­geber des Preises ist der Braun­schweiger Schrift­steller Wilhelm Raabe (1831 – 1910). Der Name Raabe steht für gesell­schafts­kri­ti­sche Erzäh­lungen und Romane. Zu seinen bedeu­tendsten Werken zählt „Pfisters Mühle“. Darin machte er auf die Umwelt­ver­schmut­zung durch die Indus­tria­li­sie­rung aufmerksam. Raabe lebte 40 Jahre in der Stadt und war tief verwur­zelt. Er gehörte unter anderem zu den „Kleider­sel­lern“. An sie erinnert der Kleider­seller Weg in Riddags­hausen. Im Ausflugs­lokal „Grüner Jäger gibt es noch heute einen nach Raabe benannten Veran­stal­tungs­raum. An Raabe erinnert vor allem das Museum im Raabe-Haus an der Leonhard­straße.

Cover „Die Dame mit der bemalten Hand“. Foto: Berenberg Verlag
Cover „Die Dame mit der bemalten Hand“. Foto: Berenberg Verlag

Die Jury:

  • Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel (Präsident der inter­na­tio­nalen Raabe-Gesell­schaft e.V.),
  • Prof. Dr. Moritz Baßler (Germa­nis­ti­sches Institut der Univer­sität Münster),
  • Alexander Cammann (Die Zeit), Thomas Geiger (Litera­ri­sches Collo­quium Berlin),
  • Dr. Anja Hesse (Dezer­nentin für Kultur und Wissen­schaft der Stadt Braun­schweig),
  • Dr. Michael Schmitt (3sat), Prof. Dr. Renate Stauf (Germa­nis­ti­sches Institut, TU Braun­schweig),
  • Katharina Teutsch (u.a. Frank­furter Allge­meine und Die Zeit),
  • Dr. Hubert Winkels (Deutsch­land­funk).

Das Buch:

Christine Wunnicke
Die Dame mit der bemalten Hand
168 Seiten
ISBN 978–3‑946334–76‑7
22 Euro

Mehr zum Raabe-Haus erfahren Sie in der sechsten Folge unserer Serie über Braun­schweigs Museen.

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