Der alte Glanz ist verblasst

Friedrich-Wilhelm-Platz mit Blick zum Bankplatz und erster Lochschienen-Pferdebahn, 1879. Foto: Wikipedia, gemeinfrei
Friedrich-Wilhelm-Platz mit Blick zum Bankplatz und erster Lochschienen-Pferdebahn, 1879. Foto: Wikipedia, gemeinfrei

Braun­schweigs Plätze, Folge 8: Der Friedrich-Wilhelm-Platz hatte von 1877 an als Bahnhofs­vor­platz große Bedeutung.

Der Friedrich-Wilhelm-Platz galt einst als die Visiten­karte der Stadt. Denn er empfing bis 1960 die Gäste, die mit der Eisenbahn nach Braun­schweig kamen. Links mit Blick­rich­tung Norden sahen sie die hochherr­schaft­liche Villa von Amsberg, rechts das damals beste Haus am Platze, das Hotel Monopol, und geradeaus das reprä­sen­ta­tive im Stil der deutschen Renais­sance gehaltene Gebäude der Commerz­bank. Heute hat der Friedrich-Wilhelm-Platz diese Bedeutung nicht mehr. Er liegt vielmehr am Rande der Innen­stadt, wird weit weniger frequen­tiert als zu seinen Glanz­zeiten.

„Bis zur Verroh­rung der inner­städ­ti­schen Fluss­läufe war gegenüber dem Bahnhofs­ge­bäude noch kein Platz ausge­bildet. Vom Kalenwall ausgehend führte an der Westseite der Oker eine Straße über das ehemalige Bruchtor in das Stadt­zen­trum. Erst mit der Erschlie­ßung der Innen­stadt durch das neue Straßen­system Friedrich-Wilhelm-Straße und Münzstraße von 1877 an entstand über dem ursprüng­li­chen Okerlauf der Friedrich-Wilhelm-Platz“, erläutert Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger Elmar Arnhold.

Volksheld als Namens­geber

Namens­geber für den Platz war Herzog Friedrich Wilhelm (1771 – 1815), der Schwarze Herzog. Er fiel in der Schlacht von Quatre-Bras im Kampf gegen Napoleon. Friedrich Wilhelm genoss in der Bevöl­ke­rung Helden­status. Sein Name der Schwarze Herzog stammt von der schwarzen Uniform, die er und seine Soldaten, die Schwarze Schar, trugen. Der Sarg des Schwarzen Herzogs wurde 2015 in akribi­scher Klein­ar­beit restau­riert und ist in der Gruft des Doms zu besich­tigen. Friedrich Wilhelm war in seiner Zeit europä­isch bedeutend. Der Friedrich-Wilhelm-Platz wurde mehr als 60 Jahre nach seinem Tod nach dem beliebten Herzog benannt.

Gemeinsam mit Elmar Arnhold stellt „Der Löwe – das Portal für das Braun­schwei­gi­sche“ Braun­schweigs Innen­stadt-Plätze in monat­li­cher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung heraus­ge­ge­benen Buch „Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestal­tungs­pläne für den Hagen­markt. Heraus­ge­kommen ist ein attrak­tives Standard­werk.

Reprä­sen­ta­tive Neubauten

Neben der Villa von Amsberg wurden nach der Platz­ge­stal­tung 1877 reprä­sen­ta­tive Neubauten im Stil des Histo­rismus errichtet. Besondere Beachtung verdient dabei das Eckge­bäude des ehema­ligen Hotels Monopol, das 1889 vom Braun­schweiger Archi­tek­tur­pro­fessor Constantin Uhde (1836 – 1905) erbaut wurde. Nach der 1960 erfolgten Verlegung des Haupt­bahn­hofes verlor das Hotel aller­dings seinen Stand­ort­vor­teil und musste den Betrieb in den 1970er Jahren einstellen. Das Haus soll zukünftig nach entspre­chenden Umbau­ar­beiten jedoch wieder als Hotel genutzt werden.

Die von Hofbau­meister Peter Josef Krahe (1758 – 1840) für den Gründer der Braun­schwei­gi­schen Staats­bahn, Philipp August von Amsberg, 1827 gebaute Villa war eine der ersten, die auf dem heute Braun­schweig prägenden Wallring entstand. Später war das Gebäude Sitz der Privat­bank Meyers­feld, danach auch Café und Bürohaus. Eigen­tümer ist die Braun­schwei­gi­sche Landes­spar­kasse.

Blick vom Friedrich-Wilhelm-Platz zum alten Hauptbahnhof mit Eingangsrotunde und Eisenbrücke über den Umflutgraben, um 1880. Foto: Stadtarchiv
Blick vom Friedrich-Wilhelm-Platz zum alten Haupt­bahnhof mit Eingangs­ro­tunde und Eisen­brücke über den Umflut­graben, um 1880. Foto: Stadt­ar­chiv

Antike Triumph­bögen

Das erste Bahnhofs­ge­bäude gegenüber entstand 1838, das zweite 1845. Beide hatte der braun­schwei­gi­sche Hofbau­meister Carl Theodor Ottmer (1800 – 1843) entworfen. Die zur Innen­stadt ausge­rich­tete Pracht­fas­sade mit ihrem an antike Triumph­bögen erinnernden Tormotiv ist bis heute an dieser Stelle stadt­bild­prä­gend. Der Haupt­zu­gang zu den Gleisen erfolgte jedoch über die heute nicht mehr existie­rende Westseite der Bahnhofs­halle.

Die Halle fiel nach schweren Bomben­tref­fern, vor allem während des letzten Liftan­griffs der Alliierten auf Braun­schweig am 31. März 1945, der Umgestal­tung nach 1960 mit der Verlegung des Haupt­bahn­hofs zum Opfer. Immerhin wurde Ottmers Kopfbau gerettet und in den Gebäu­de­kom­plex der Braun­schwei­gi­schen Landes­spar­kasse integriert. Die vom Archi­tek­tur­büro Wester­mann erarbei­tete Lösung wurde 1966 mit dem Peter Joseph Krahe-Preis ausge­zeichnet.

Fakten zum Buch

Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Heraus­geber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestal­tung: Elmar Arnhold
Herstel­lung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978–3‑9823115–0‑0
Preis: 12.90 Euro

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