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Das kann Stadtplanung

Der Kohlmarkt wurde als Autoparkplatz missbraucht, um 1960. Foto: Stadtarchiv
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Braunschweigs Plätze, Folge 9: Der Kohlmarkt entwickelte sich vom Autoparkplatz in den 1960er Jahren zu einem der beliebtesten urbanen Zentren Braunschweigs.

Unter dem Diktat der Nachkriegsjahre, eine vor allem autogerechte Stadt zu formen, litt der Kohlmarkt bis in die 1970er Jahre enorm. Nichts war es mit schönen Außenflächen, ansprechender Gastronomie, Sitzplätzen zum entspannten Verweilen in fast mediterranem Flair wie heute. Damals prägten Benzingeruch, Abgase und ein Auto neben dem anderen geradezu frevelhaft eine der frühesten und geschichtsträchtigsten Siedlungszellen Braunschweigs. Welch ein Segen, dass ein Umdenken einsetzte, dass im Zuge der Schlossrekonstruktion und der Ansiedlung der Schloss-Arkaden der Kohlmarkt als starker Fixpunkt der Innenstadt erkannt und aufgewertet wurde.

Strahlkraft dank Fußgängerzone

Der Kohlmarkt heute mit seinem mediterranen Flair. Foto: Stadtmarketing /Daniel Möller

Der Kohlmarkt heute mit seinem mediterranen Flair. Foto: Stadtmarketing /Daniel Möller

„Bereits mit der Schaffung einer Fußgängerzone in der Braunschweiger Innenstadt erfuhr auch der Kohlmarkt eine umfassende Neugestaltung. Seit den 1980er Jahren gehört er zu den beliebtesten Freiräumen der Stadt. Parallel zur Platzneugestaltung ließ die Stadt seinerzeit ein Gutachten zum weiteren Umgang mit der historischen Bebauung des Kohlmarkts erarbeiten. Auf seiner Grundlage konnten die Gebäude nach und nach in ihrem Erscheinungsbild verbessert werden. Auf dieser Basis gelang 2005 die weitere Aufwertung“, beschreibt Stadtteilheimatpfleger und Bauhistoriker Elmar Arnhold den entscheiden Impuls für die jetzige Strahlkraft des Kohlmarkts.

Gemeinsam mit Elmar Arnhold stellt „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“ Braunschweigs Innenstadt-Plätze in monatlicher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung herausgegebenen Buch „Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestaltungspläne für den Hagenmarkt. Herausgekommen ist ein attraktives Standardwerk.

Den Anschub für die weitere Attraktivitätssteigerung des Kohlmarkts lieferte Prof. Walter Ackers 2004 mit seinem Gutachten „Vielfalt als Qualität – Integration der Einzelhandelsbereiche“ zur Stärkung der Braunschweiger Innenstadt im Zusammenhang mit der Ansiedlung der Shopping-Mall „Schloss-Arkaden“, die in diesem Jahr seit 15 Jahren geöffnet ist. Das Gutachten entstand in Zusammenarbeit mit der Stadt Braunschweig und der Industrie- und Handelskammer Braunschweig. Ziel war es der damals befürchteten „Staubsaugerwirkung“ der „Schloss-Arkaden“ zu begegnen und Verknüpfungsräume herauszuarbeiten.

Auf dem „Weg der schönen Plätze“

Einer dieser Verknüpfungsräume ist der „Weg der schönen Plätze“ bei dem der Kohlmarkt eine wichtige Rolle spielt. Ein Ergebnis des Gutachtens ist seine Inszenierung durch Licht- und Klanginstallationen, die insbesondere die historischen Bauten in den Fokus rücken. Bei der Neupflasterung wurden die Umrisse der einst auf dem Kohlmarkt stehenden Kirche (St. Ulrici bis 1544) durch die Verwendung hellerer Steine kenntlich gemacht. Archäologische Grabungen hatten dort bereits vor der ersten Umgestaltung 1978/79 stattgefunden.

Der Kohlmarkt (von links) mit dem „Haus zur Sonne, dem „Haus zur Rose“ und dem „Haus zum Stern“, um1893. Das „Haus zum Stern“ (hier noch Fachwerk) wurde 1894 abgerissen und durch das heute noch stehende Steinhaus ersetzt. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel

Der Kohlmarkt (von links) mit dem „Haus zur Sonne, dem „Haus zur Rose“ und dem „Haus zum Stern“, um1893. Das „Haus zum Stern“ (hier noch Fachwerk) wurde 1894 abgerissen und durch das heute noch stehende Steinhaus ersetzt. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel

Zu den erhaltenen, besonderen Gebäuden zählen das markante „Haus zum Stern“ (1894) an der Ecke zur Schuhstraße, das das einstige Fachwerkhaus aus dem Jahr 1356 ersetzte, sowie das unscheinbar links danebenstehende „Haus zur Rose“ mit seiner Renaissancefassade (1590) und das gegenüberstehende „Haus zur Sonne“ (1782/93). Die Südseite des Kohlmarkts ist von verputzten Fachwerkhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert geprägt. Bedeutend ist auch der Brunnen, der erst 1869 mit Schmuckornamenten versehen wurde. Zuvor diente der Kohlmarktbrunnen der Wasserversorgung. Er wurde durch unterirdisch verlegte Pipen (Leitungen aus Holz) vom „Jödebrunnen am Hohen Tore“ bis 1865 mit Wasser gespeist. Der Kohlmarkt blieb weitgehend von Kriegsschäden verschont und legt so bis heute Zeugnis über das „alte Braunschweig“ ab.

Siedlung aus dem 9. Jahrhundert

Entstanden ist der Kohlmarkt bereits Ausgang des 9. Jahrhunderts. Archäologische Ausgrabungen hatten Befunde von Grubenhäusern aus jener Zeit zutage befördert.  Das Weihedatum der einst dort befindlichen Kirche St. Ulrici wird auf 1036/38 datiert. „Damit ist es eine der frühesten Überlieferungen der Stadtgeschichte“, erläutert Bauhistoriker Elmar Arnhold. Das Areal des Kohlmarkts lag für eine Ansiedlung hochwassergeschützt unmittelbar an einem der heute nicht mehr sichtbaren innerstädtischen Okerarme. Von hier aus führte ein Flussübergang mit aufgeschütteten Wegen (Damm, Langedammstraße) auf die Ostseite der Oker. Diese Verbindung gehörte zu einer wichtigen mittelalterlichen Fernhandelsstraße.

Fakten:

Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Herausgeber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestaltung: Elmar Arnhold
Herstellung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978-3-9823115-0-0
Preis: 12,90 Euro

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