Braun­schweig mit einem der eindrucks­vollsten spätmit­tel­al­ter­li­chen Stadt­bilder in Deutsch­land

Altstadtmarkt um 1895. Foto: Bestand Arnhold

Braun­schweigs Plätze, Folge 12: Der Altstadt­markt ist mit St. Martini, Altstadt­rat­haus, Gewand­haus und Markt­brunnen bauliches Zeugnis der Blütezeit der Hanse.

Wie herrlich ist es doch samstags ganz früh über den Wochen­markt auf dem Braun­schweiger Altstadt­markt zu schlen­dern! Welch‘ beein­dru­ckende Kulisse bietet Braun­schweigs vielleicht schönste Tradi­ti­ons­insel, die sich vermut­lich seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhun­derts entwi­ckelt hat. 

Darauf lassen jeden­falls archäo­lo­gi­sche Ausgra­bungen an der Echtern­straße im Jahr 2003 schließen. Die Pracht an dieser Stelle der Stadt kommt dabei nicht von ungefähr, denn der Altstadt­markt bildete das Zentrum des größten und reichsten Weich­bildes im mittel­al­ter­li­chen Braun­schweig, zu dem auch Kohlmarkt mit Poststraße und der Platz An der Marti­ni­kirche gehören.

Das Gesamt­ensemble sei ein einzig­ar­tiges Zeugnis mittel­al­ter­li­cher Stadt­bau­kunst, meint Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger Elmar Arnhold. Gemeinsam mit ihm stellt „Der Löwe – das Portal für das Braun­schwei­gi­sche“ Braun­schweigs Innen­stadt-Plätze in monat­li­cher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung heraus­ge­ge­benen Buch „Braun­schweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestal­tungs­pläne für den Hagen­markt. Heraus­ge­kommen ist ein attrak­tives Standard­werk.

Zeugnis wirtschaft­li­cher Bedeutung

Der Parade­blick auf den Altstadt­markt mit Marti­ni­kirche, Marien­brunnen und Altstadt­rat­haus. Foto: Arnhold

„Der Altstadt­markt bietet eines der eindrucks­vollsten spätmit­tel­al­ter­li­chen Stadt­bilder in Deutsch­land. Trotz umfas­sender Zerstö­rungen im Zweiten Weltkrieg gehört die städte­bau­liche Kompo­si­tion von St. Martini, Altstadt­rat­haus, Gewand­haus und Markt­brunnen zu den bedeu­tenden baulichen Zeugnissen aus der Blütezeit der Hanse“, schreibt Arnhold. Während der Burgplatz die mittel­al­ter­liche Herzogs­re­si­denz wider­spie­gele, zeuge der Altstadt­markt von der Bedeutung Braun­schweigs als Wirtschafts­zen­trum und einer der führenden Hanse­städte im 14., 15. und 16. Jahrhun­dert.

Der Altstadt­markt ist der älteste und tradi­ti­ons­reichste Wochen­markt Braun­schweigs. Erstmals erwähnt wurde er vor mehr als 800 Jahren. Auf dem Platz fand einst alles statt, was spekta­kulär war: Reiter­spiele, Huldi­gungen, Prozes­sionen, Hinrich­tungen, und Jahrmärkte. Ein Rathaus als Zeichen städti­scher Selbst­ver­wal­tung ist bereits um das Jahr 1253 nachweisbar. Es war der Vorgän­gerbau des bis heute erhal­tenen Altstadt­rat­hauses, von dessen Balkon während Eintrachts Meister­feier 1967 Klaus Meyer tausenden Anhängern zurief: „Wollt ihr den Europa­pokal?“ Daraus wurde bekannt­lich nach dem 0:1 im Berner Entschei­dungs­spiel gegen Juventus Turin bekannt­lich nichts.

Fast alles war zerstört

Bomben hatten den Altstadt­markt im Zweiten Weltkrieg nahezu komplett zerstört. Sämtliche Gebäude mit Ausnahme von St. Martini und dem „Haus zu den sieben Türmen“, das seinen Namen wegen des Giebel­re­liefs erhielt und heute eine Bank beher­bergt, auf der Ostseite des Altstadt­markts brannten aus. Komplett dem Feuer­sturm zum Opfer fielen die Fachwerk­bauten, die an das Gewand­haus angebaut worden waren und einst auch als Verkaufs­räume für den Messe­handel dienten. Selbst das Becken des Marien­brun­nens schmolz und der berühmte Ostgiebel des Gewand­hauses stürzte arg in Mitlei­den­schaft gezogen während eines Orkans im Herbst 1946 in sich zusammen. Der 1590 entstan­dene und von 1948 bis 1950 wieder­auf­ge­baute Ostgiebel gilt als das bedeu­tendste Werk der Renais­sance­bau­kunst in Braun­schweig.

„Schon in den ersten Überle­gungen für den Wieder­aufbau Braun­schweigs war vorge­sehen, dass der Altstadt­markt in Anlehnung an seine einstige Gestalt wieder herge­stellt werden sollte. Ein Plan Friedrich Wilhelm Kraemers zeigte ihn bereits im Sommer 1945 auf einem Stadt­grund­riss neben dem Burgplatz als erhal­tens­werte Tradi­ti­ons­insel. Der bekannte Hochschul­lehrer plante und leitete schließ­lich selbst den Wieder­aufbau des Gewand­hauses (1948–1952) als Erwei­te­rung der Industrie- und Handels­kammer. Man verzich­tete auf eine Neube­bauung vor der Gewand­haus-Nordfas­sade“, führt Elmar Arnhold in seiner Schil­de­rung über den Altstadt­markt aus. Aller­dings wurde ein Fachwerk­haus aus Teilen des ehema­ligen Zollhauses aus Rüningen angebaut, das eben auch an die ehemalige Fachwerk­zeile erinnern soll.

Mit der Wieder­her­stel­lung des Altstadt­rat­hauses wurde 1947 begonnen. Heute wird der Pracht­saal des Gebäudes, die Dornse, als gute Stube der Stadt bezeichnet. Die Arbeiten an der Marti­ni­kirche nahmen einen längeren Zeitraum in Anspruch: Nachdem die Türme 1956 mit flachen Bedachungen versehen worden waren, erhielten sie erst 1980 ihre gotischen Turmspitzen zurück. Seit den frühen 1950er Jahren erfolgte der Wieder­aufbau an der Nord- und Ostseite des Marktes.  Das Stechi­nel­li­haus wurde in leicht verän­derter Form neu errichtet.

Das könnte Sie auch interessieren