Verbor­gene Schätze aus den Tresoren befreit

Blick in die Ausstellung „Schatz aus der Tiefe – Silbermedaillen der Welfen“. Foto: Kathrin Ulrich/Herzog Anton Ulrich-Museum

Histo­ri­sche Münzfor­schungs­samm­lung ist in das Herzog Anton Ulrich-Museum umgezogen.

Das Herzog Anton Ulrich-Museum (HAUM) ist um eine Attrak­tion reicher: Die Braun­schwei­gi­sche Landes­spar­kasse und die Braun­schwei­gi­sche Sparkas­sen­stif­tung haben ihre histo­ri­sche Münzfor­schungs­samm­lung dem Museum als Dauer­leih­gabe zur Verfügung gestellt. Bislang lagen die mehr als 8.000 Münzen und Medaillen als verbor­gene Schätze in Tresoren. Nun sollen sie in Ausstel­lungen präsen­tiert und für Forschungs­zwecke genutzt werden. Im Erdge­schoss des Museums werden in einem neuen, speziell gesicherten Ausstel­lungs­be­reich künftig regel­mäßig wechselnde Themen präsen­tiert.
Bei der Münzfor­schungs­samm­lung handelt es sich um Exponate der Welfen­her­zöge aller Linien, der im welfi­schen Terri­to­rium gelegenen Städte, insbe­son­dere Braun­schweigs, und der mit den Welfen verbun­denen Bistümer, Abteien und Stifte. Die Ursprünge der Münzfor­schungs­samm­lung reichen ins 19. Jahrhun­dert zurück und liegen in Münzbe­ständen der Braun­schwei­gi­schen Staats­bank. Die Mehrzahl der Objekte wurde zwischen den 1960er und 1990er Jahren von der NORD/LB erworben.
Speziell für den Bereich der Braun­schweiger Welfen­prä­gungen seit dem Jahr 1500 sucht die Sammlung ihres­glei­chen. Sie erhält beispiels­weise eine umfang­reiche und einzig­ar­tige Sammlung von Lösern und Schau­münzen des 16. bis 18. Jahrhun­derts. Beim Aufbau der Sammlung wurden unter wissen­schaft­li­chen Gesichts­punkten gezielt die Münzaus­gaben aller Jahrgänge zusam­men­ge­stellt, zudem wurde bewusst auch nach Beson­der­heiten wie Abschlägen, Fehlprä­gungen und Varianten gesucht, was für unser Verständnis der frühneu­zeit­li­chen Münzprä­gung von Bedeutung ist und wichtige wirtschafts­his­to­ri­sche Forschungen ermög­licht.

Enormer materi­eller Wert

Ausstel­lungs­an­sicht aus dem Münzka­bi­nett. Foto: Kathrin Ulrich/Herzog Anton Ulrich-Museum

Der materi­elle Wert der Sammlung ist enorm. Eine Schätzung von vor 20 Jahren ergab einen hypothe­ti­schen Verkaufs­wert von etwa 5,8 Millionen D‑Mark. Dementspre­chend aufwendig waren die Vorbe­rei­tungen, um die Münzfor­schungs­samm­lung als Dauer­leih­gabe zu übernehmen. „Da die Inventare der Sammlung nicht vollständig waren, mussten sämtliche Objekte nochmals einzeln überprüft und dokumen­tiert werden. Zur Vorbe­rei­tung auf den Transport mussten alle Münzen und Medaillen auf geeignete Weise gelagert und gesichert werden“, erläu­terte Johannes Wienand, Leiter des Münzka­bi­netts des HAUM.
Um den Zustand vor der Überfüh­rung zu dokumen­tieren, wurden sämtliche Münzen außerdem digital fotogra­fiert. Über die nächsten Jahre soll die gesamte Münzfor­schungs­samm­lung im virtu­ellen Münzka­bi­nett des Herzog Anton Ulrich-Museums (www.virtuelles-muenzkabinett.de) zugäng­lich gemacht werden. Bereits jetzt können ausge­wählte Münzen und Medaillen durch hochwer­tige Fotos von Vorder- und Rückseite begut­achtet und bis ins kleinste Detail unter die Lupe genommen werden.

Intensive Forschung möglich

„Wir freuen uns sehr, dass unsere Münzfor­schungs­samm­lung nicht länger in den Tresor­räumen der Bank ruht, sondern in ihrem neuen Zuhause sowohl der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht wird als auch intensive Forschung an den Exponaten betrieben werden kann“, freute sich Lars Dannheim, Vorstands­mit­glied der Braun­schwei­gi­schen Landes­spar­kasse und der Braun­schwei­gi­schen Sparkas­sen­stif­tung während der symbo­li­schen Übergabe.
2015 hatte die Braun­schwei­gi­sche Sparkas­sen­stif­tung das Eigentum der Münzfor­schungs­samm­lung übernommen. Es gab bereits seit Längerem Pläne zu einer Dauer­leih­gabe, die nun im März dieses Jahres mit dem Umzug in das Haupthaus des Herzog Anton-Ulrich-Museums vollzogen wurde. „Die Dauer­leih­gabe erweitert unsere bereits hochbe­deu­tende Sammlung gerade auf dem Gebiet der Münzen und Medaillen des Welfen­hauses ganz entschei­dend“, sagte Museums­di­rektor Thomas Richter. In gut aufbe­rei­teten numis­ma­ti­schen Ausstel­lungen ließe sich ein ganzer Kosmos an erstaun­li­chen Geschichten erschließen, fuhr er fort.

Silber aus dem Harz

Aktuell wird ein Teil der Münzfor­schungs­samm­lung in der Ausstel­lung „Schatz aus der Tiefe – Silber­me­daillen der Welfen“ vorge­stellt. Seit Beginn des 16. Jahrhun­derts wurden im Harz die neuen Silber­berg­werke eröffnet und erste Silber­taler geprägt. Bald mussten die Welfen aber auf den Import von Silber aus dem neu entdeckten Amerika reagieren: Um die Inflation zu bekämpfen, ließ Herzog Julius gegen Ende des Jahrhun­derts die großen Löser prägen. Aus dem Bildpro­gramm dieser außer­ge­wöhn­li­chen Stücke entstanden die welfi­schen Silber­me­daillen. Gezeigt werden 50 dieser Münzen und Medaillen.
Das gesamte Münzka­bi­nett des Herzogs Anton Ulrich-Museums umfasst 30.000 Münzen, Medaillen und münzähn­liche Stücke von der Antike bis zur Neuzeit. Einige heraus­ra­gende Stücke wurden bislang in der Burg Dankwar­derode ausge­stellt, die aus techni­schen Gründen bis auf Weiteres für Publi­kums­ver­kehr geschlossen ist. Einige der Objekte wurden aus diesem Grund bereits in das HAUM überführt. Wo die Ausstel­lungen des bishe­rigen Münzka­bi­netts später grund­sätz­lich gezeigt werden, ist noch offen.

Silber­me­daille aus der Ausstel­lung. Foto: Kathrin Ulrich/Herzog Anton Ulrich-Museum

Antike Münzen

Das Münzka­bi­nett geht in ihren Ursprüngen auf die Herzöge des Hauses Braun­schweig-Wolfen­büttel zurück. Mehrere der Welfen­her­zöge legten seit Mitte des 17. Jahrhun­derts Münzsamm­lungen an, die seit 1754 in das von Herzog Carl I. gegrün­dete Kunst- und Natura­li­en­ka­bi­nett zu Braun­schweig zusam­men­ge­führt wurden. Der damaligen Sammlungs­tra­di­tion und den Inter­essen am Fürstenhof entspre­chend waren zunächst vor allem antike Münzen gesammelt worden sowie die Münzen und Medaillen der Welfen.

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