Ein neuer Pilz in Riddags­hausen

Der Dickschalige Kartoffelbovist mit den vier Parasitischen Röhrlingen. Foto: Lukas Wolf

Der Dickscha­lige Kartof­felb­o­vist ist giftig und bietet eine diffe­ren­zierte Sympto­matik mit Übelkeit und Erbrechen.

Riddags­hausen mit seinem Natur­schutz­ge­biet und dem Landschafts­schutz­ge­biet Buchhorst sind mykolo­gisch gut unter­sucht. So veröf­fent­lichten Autor Harry Andersson, Klaus und Knut Wöldecke ihre Funde und publi­zierten sie in den Braun­schweiger Natur­kund­li­chen Schriften des Natur­his­to­ri­schen Museums der Jahrgänge 2002, 2005 sowie 2013. Weit mehr als 600 Pilzarten wurden in den Beiträgen für Riddags­hausen dokumen­tiert.

Im Rahmen des Biologie-Studiums

Seit mehreren Jahren wird das Landschafts­schutz­ge­biet Buchhorst, das zum Vermögen der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz gehört, einmal im Jahr für etwa einein­halb Stunden von Studen­tinnen und Studenten der TU Braun­schweig, Fachrich­tung Biologie, im Rahmen ihrer Ausbil­dung unter Anleitung von Chris­tiane Baschien nach Pilzfrucht­kör­pern abgesucht. Der Speise­wert spielt dabei keine Rolle.

Im Vorder­grund stehen Syste­matik, Artbe­stim­mung, spezielle Eigen­schaften sowie ökolo­gi­sche Gesichts­punkte. Der Nachmittag ist insbe­son­dere der Labor­ar­beit mit Fachli­te­ratur und Mikroskop gewidmet. Mit dabei waren in diesem Jahr mehrere junge Wissen­schaft­le­rinnen und Wissen­schaftler des Helmholtz Zentrums für Infek­ti­ons­for­schung aus der Forschungs­gruppe Mikro­bielle Wirkstoffe von Professor Marc Stadler.

60 verschie­dene Pilzarten

Ansicht von unten. Foto: Lukas Wolf

Die Fundliste vom 8. Oktober wies 60 verschie­dene Pilzarten aus. Ein Fund fand sofort die Aufmerk­sam­keit aller: Ein Kartof­felb­o­vist, aus dem vier kleine Frucht­körper eines anderen Pilzes, eines Röhrlings, heraus­ragten. Der Dickscha­lige Kartof­felb­o­vist (Sclero­derma citrinum Pers.) ist ein mehr oder weniger rundli­cher, Ei- bis Apfel-großer Frucht­körper, der seine Sporen im Innern bildet. Das Vorkommen deutet auf sauren, wenigs­tens oberfläch­lich versau­erten Boden, wie er zum Beispiel unter Nadel­bäumen entsteht.

Er ist giftig und bietet eine diffe­ren­zierte Sympto­matik mit Übelkeit und Erbrechen. Die Senkung von Herzfre­quenz und Blutdruck wurden ebenfalls beobachtet. Auch gelegent­liche Sehstö­rungen bis zum rever­si­blen Ausfall des Farbse­hens oder zeitli­ches Erblinden sind möglich.
Aus diesem Kartof­felb­o­vist wuchsen vier kleine Röhrlinge, die aufgrund des beson­deren Substrates sofort als Parasi­ti­scher Röhrling (Pseudo­bo­letus parasi­ticus (Bull.) Sutara) angespro­chen werden konnten. In den Jahrzehnten zuvor wurden sie je nach Auffas­sung der Autoren in unter­schied­li­chen Gattungen einge­ordnet; so zum Beispiel als Boletus, Suillus, Xerocomus, Cerio­myces oder Versi­pellis.

Parasi­ti­scher Röhrling gefährdet

Der Autor hat den Parasi­ti­schen Röhrling jeweils nur einmal 1981 im Landkreis Peine sowie 2019 bei Wolfsburg gefunden. Als damaliger Anfänger in Sachen Mykologie (Wissen­schaft von den Pilzen) vor mehr als 40 Jahren hat er den Pilz gebraten und symptomlos verspeist – allein vom Gedanken des Natur­schutzes heute nicht mehr denkbar. Pseudo­bo­letus parasi­ticus ist sehr selten, obwohl sein Substrat, der Dickscha­lige Kartof­felb­o­vist häufig, in den sandigen Nadel­wäl­dern zum Beispiel um Gifhorn sogar ein Massen­pilz ist. Die Rote Liste der gefähr­deten Großpilze Deutsch­lands bewertet den Parasiten mit G = Gefähr­dung unbekannten Ausmaßes.

Harry Andersson ist Pilzsach­ver­stän­diger aus Braun­schweig.

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