Der Blick in den Utopie­spiegel

Im Stück „Der König bittet zum Tanz“ versucht der Rentner Herbert Tietze die Welt zu verändern. Foto: Andreas Hartmann
Im Stück „Der König bittet zum Tanz“ versucht der Rentner Herbert Tietze die Welt zu verändern. Foto: Andreas Hartmann

„auf probe – Alltags­utopie für das Braun­schweiger Land“: drei freie Künst­ler­gruppen setzten beim Koope­ra­ti­ons­pro­jekt des LOT-Theaters und der HBK Braun­schweig außer­ge­wöhn­liche Ideen um.

Der Vorhang senkt sich – und alle Betei­ligten können lautstark Beifall klatschen. Nach vier Jahren endete das Koope­ra­ti­ons­pro­jekt des LOT-Theaters und der Hochschule für Bildende Künste Braun­schweig „auf probe – Alltags­utopie für das Braun­schweiger Land“. Durch Theater­auf­füh­rungen und Insze­nie­rungen in öffent­li­chen Räumen hatten drei freie profes­sio­nelle Künst­ler­gruppen bereits Ende 2013 eindrucks­voll den hohen Wert der Ausein­an­der­set­zungen mit den Themen Utopie und regionale Zukunfts­ge­stal­tung unter Beweis gestellt. Die jetzt mit Projekt­ab­schluss vorge­legte Dokumen­ta­ti­ons­bro­schüre und die ihr beigelegten Filmdo­ku­men­ta­tionen unter­strei­chen eindrucks­voll, welche Tiefe das einmalige Kunst­pro­jekt erreichte.

„Wir haben uns die Frage gestellt, ob Utopien geeig­neter für Verän­de­rungen sind als Katastro­phen­sze­na­rien. Und ist Theater ein geeig­netes Medium, Utopien spannend zu erzählen“, berichtet Stefani Theis, zuständig für die Öffent­lich­keits­ar­beit beim LOT-Theater, über die Anfänge des Kunst-Koope­ra­tions-Projektes. 14 Bewer­bungen aus der nieder­säch­si­schen Theater­szene hatten 2010 vorge­legen, sechs Gruppen nahmen an einem Workshop teil, in dem sie ausführ­lich ihre Konzepte, Texte und Ziele definierten. Nach einer Auswahl durch die hochka­rä­tige Jury bestehend aus Anja Dirks (Theater­formen), Kathrin Thiede­mann (Forum Freies Theater Düssel­dorf), Prof. Stephan Rammler (HBK Braun­schweig) und Stefani Theis (LOT-Theater) gingen die Gruppen vierhuff theater­pro­duk­tionen, die Fräulein Wunder AG und Christian Weiß und Stefanie Bischoff in die Produk­tionen.

Christian Weiß und Stefanie Bischoff sind in Salzgitter geboren. Sie suchten nach einer Möglich­keit, sich künst­le­risch mit der Stadt ausein­an­der­zu­setzen. „Unsere Heimat­stadt hat sich mehr oder minder zum Negativen gewandelt“, so Christian Weiß, der künst­le­ri­sche Leiter des mehrsicht-Theaters in Braun­schweig. „Mit dem Projekt wollten wir nach dem utopi­schen Potenzial forschen und schauen, wie man positiver in die Zukunft gehen kann.“ Herauskam ein künst­le­risch hochwer­tiger Audiowalk mit Texten, positive Stimmung erzeu­gende Musik und Infor­ma­tionen, mit dem Gruppen unter anderem mit 3‑D-Brillen die Stadt Salzgitter erkun­deten und diese so – zum Teil von und an ungewöhn­li­chen Stand­orten – völlig neu kennen­lernten. Die Idee kam sehr gut an: Auch die Stadt Braun­schweig will in naher Zukunft Audio­walks mit den Künstlern erarbeiten.

Die Fräulein Wunder AG aus Hildes­heim fuhr mit einem Wohnwagen im Schlepptau durch das Land Braun­schweig. Sie war auf der Suche nach kleinen und größeren Visionen der Menschen der Region. Die Umsetzung erfolgte unter dem Begriff „Konferenz der Utopisten“ in einer vielschich­tigen und facet­ten­rei­chen Perfor­mance. Und vierhuff theater­pro­duk­tionen führten im LOT-Theater das Stück „Der König bittet zum Tanz“ auf. Die Story: Der Rentner Herbert Tietze versucht, als selbst­er­nannter König die Welt zu verändern, scheitert aber. „Das Stück hat bei mir eine besondere Emotio­na­lität ausgelöst“, so Nadine Wohlfahrt, eine Besucherin des im LOT-Theater aufge­führten Bühnen­stücks. „Ich fragte mich hinterher, warum sind wir nicht alle Herbert Tietze, also Super­helden, die die Welt gemeinsam zum Besseren verändern?“

„Bereits seit mehr als 20 Jahren begleiten und fördern wir die freie Theater­szene des Landes Braun­schweig. Doch diesmal war es etwas sehr Beson­deres, denn auch die Braun­schwei­gi­sche Stiftung ist Teil der Region. Wir haben das Projekt ‚auf probe –Alltags­utopie für das Braun­schweiger Land‘ sehr gerne gefördert“, sagte Axel Richter, Vorstands­mit­glied die Braun­schwei­gi­sche Stiftung. „Denn natürlich ist es auch für uns von aller­größtem Interesse, wie die Zukunft und die Vorstel­lungen der Menschen im Braun­schweiger Land aussehen und was wir eventuell aus dem Projekt für unsere Region ableiten können.“

„Es war super spannend, etwas ganz Neues zwischen Designern und Theater­gruppen auszu­pro­bieren“, zog auch Sarah Zerwas, zu der Zeit wissen­schaft­liche Mitar­bei­terin des Projekt­part­ners HBK, ein durchweg positives Resümee.

Info

Die Dokumen­ta­ti­ons­bro­schüre „auf probe –Alltags­utopie für das Braun­schweiger Land“ und eine Film-CD sind erhält­lich beim:

LOT-Theater
Stefani Theis
Kaffee­t­wete 4a
38100 Braun­schweig
Fon 0531–17303
Fax 0531–17363
stefani.theis@lot-theater.de
www.lot-theater.de

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