Gegossen, getrieben, graviert

Der Deckel der Oberharzer Bergkanne zeigt Bergleute bei der Arbeit. Foto: Richard Borek Stiftung/Sierigk
Der Deckel der Oberharzer Bergkanne zeigt Bergleute bei der Arbeit. Foto: Richard Borek Stiftung/Sierigk

Jochen Blume, Inhaber der Gold- und Silber­schmiede Th. Blume in Hildes­heim, klärt über die Repro­duk­tion der Oberharzer Bergkanne vor mehr als 100 Jahren auf.

Die fünf Repliken der Oberharzer Bergkanne zählen zu den wertvollsten und bedeu­tendsten Exponaten der Ausstel­lung „Schatz­kammer Harz“, die noch bis zum 3. März 2017 im Schloss­mu­seum Braun­schweig zu sehen ist. Das Original aus dem Jahr 1652 wird als Leihgabe der TUI ebenfalls präsen­tiert. Mindes­tens acht Nachbil­dungen wurden einst davon produ­ziert – alle in der Gold- und Silber­schmiede Th. Blume in Hildes­heim. Die hochwer­tigste Replik stellt jene Bergkanne dar, die dem Herzogs­paar Victoria Luise von Preußen und Ernst August von Hannover 1913 anläss­lich ihrer Hochzeit überreicht wurde.

Jochen Blume leitet die Hildes­heimer Schmiede seit 2007 und klärt am Dienstag, 27. September, im Roten Saal des Schlosses (18.30 Uhr) in seinem spannenden Vortrag  „Die Repliken der Oberharzer Bergkanne und ihre Entste­hung“ über Hinter­gründe auf. Er beschäf­tigt sich insbe­son­dere mit dem Herstel­lungs­pro­zess. Seine Ausfüh­rungen sind nicht nur kunst­his­to­risch hoch inter­es­sant, sondern auch stark praxis­be­zogen. Veran­schau­licht wird das filigrane Kunst­hand­werk seiner Vorfahren anhand von Modellen und Formen, die bislang öffent­lich noch nicht zu sehen waren. Aktuell arbeitet bereits die fünfte Genera­tion in Werkstatt und Laden.

Vor mehr als 158 Jahren hatte der Goldschmied Theodor Blume sein Geschäft in Hildes­heim eröffnet. Zunächst  stand die Herstel­lung von Gebrauchs­ge­räten unter anderem aus Silber im Vorder­grund. Aber schon von 1906 spezia­li­sierte sich die Schmiede in zweiter Genera­tion auf die Nachbil­dung histo­ri­scher Metall­ar­beiten. Zur Kollek­tion gehörte auch die Oberharzer Bergkanne. Die Herstel­lung war extrem anspruchs­voll. Die Kanne wurde aus Silber gegossen, getrieben, graviert, teilver­goldet und teilweise mit Minera­lien versehen.

Für die Repro­duk­tion der Oberharzer Bergkanne, die Victoria Luise und Ernst August geschenkt wurde, hatte die Gold- und Silber­schmiede lediglich 3,5 Monate Zeit. Die Nachbil­dung ist dennoch ein überaus beein­dru­ckendes Kunstwerk geworden. Sie nahm eine Spitzen­stel­lung unter den Geschenken ein, die in der „Braun­schweiger Galerie“ des Berliner Stadt­schlosses ausge­stellt wurden. Die Replik unter­scheidet sich von den weiteren Nachbil­dungen durch Medaillen mit den Stadt­wappen der Harzer Bergstädte sowie einer persön­li­chen Widmung für das Herzogs­paar.

Die Oberharzer Bevöl­ke­rung konnte seiner­zeit „ihr“ Geschenk noch einmal für drei Wochen in den Bergstädten bewundern, bevor die Kanne Ende Juni 1913 in den herzog­li­chen Haushalt überging und bis 2005 in der Familie bewahrt wurde. Die originale Oberharzer Bergkanne aus dem Jahr 1652 sowie die Unter­harzer Bergkanne stehen auf der Liste des national wertvollen Kultur­guts und sind durch das Kultur­gü­ter­schutz­ge­setz geschützt.

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