Erd- und Himmels­globus sind verschwunden

Die Gaußbrücke im Jahr 1905. Foto: Stadt Braunschweig
Die Gaußbrücke im Jahr 1905. Foto: Stadt Braunschweig

Braun­schweigs Brücken, Folge 1: Die Gaußbrücke zeichnet sich durch ihre Gestal­tung in den Formen des Jugend­stils aus.

Braun­schweig ist eine Stadt der Brücken. Der Okerum­flut­graben war einst Bestand­teil der Befes­ti­gungs­an­lagen. Als sie aber unnötig wurden und die Stadt sich jenseits der Wallan­lagen auswei­tete, wurden immer mehr Übergänge in die Stadt benötigt. Heute gibt es 22 inner­städ­ti­sche Brücken. Der Löwe – das Portal der Braun­schwei­gi­schen Stiftungen stellt sie in monat­li­cher Folge auf der Grundlage von Texten Elmar Arnholds, renom­mierter Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger Innen­stadt, vor. Folge 1: die Gaußbrücke. Sie zeichnet sich durch ihre Gestal­tung in den Formen des Jugend­stils aus.

Ursprüng­lich ging der Brückenbau als Verbin­dung vom Inselwall zum Stadt­er­wei­te­rungs­ge­biet im Nordwesten der Innen­stadt von einer privaten Initia­tive aus. So entstand 1891 zunächst eine hölzerne Fußgän­ger­brücke. Als 1893 ein Kanal­düker unter dem Okerbett errichtet wurde, ließen die städti­schen Behörden aber gleich­zeitig die Funda­mente für eine bereits geplante, später zu erbauende Straßen­brücke anlegen. Diese Brücke wurde schließ­lich 1902 als Teil der seit 1887 existie­renden Bammels­burger Straße errichtet. Sie erhielt ihren Namen nach dem berühmten Mathe­ma­tiker Carl Friedrich Gauß (1777–1855), einem der berühm­testen Söhne Braun­schweigs.

Die Gaußbrücke wurde als flache Beton­bo­gen­brücke errichtet, um laut dem damaligen Stadt­baurat Ludwig Winter eine möglichst geringe Konstruk­ti­ons­höhe zu erzielen und so Baukosten zu sparen. Heute erweist sich das durchaus als ästhe­ti­scher, jedoch seiner­zeit nicht abseh­barer Nachteil, denn die modernen Versor­gungs­lei­tungen konnten nicht im Baukörper unter­ge­bracht werden, sondern mussten an der Seite entlang geführt werden. Deswegen werden die Jugend­stil­ele­mente in der Südwest­an­sicht weitest­ge­hend verdeckt. 2014 wurde die Gaußbrücke umfassend saniert. Die Fahrbahn- (7 m) und die Gehweg­breite (je 2,60 m) entspre­chen aber weiterhin ebenso dem histo­ri­schen Vorbild wie der Straßen­belag aus Gussasphalt.

Die Gaußbrücke war wegen starker Beweh­rungs­kor­ro­sion nicht mehr tragfähig Der Beton-Gewöl­be­bogen erhielt im Zuge der General­in­stand­set­zung an der Unter­seite eine neue Spritz­be­ton­schale, um die Stand­fes­tig­keit zu bewahren. An der Oberseite wurde der Bogen mit zusätz­li­cher Bewehrung gesichert und anschlie­ßend neu abgedichtet. Der Tragbogen war durch mehrere breite Trenn­risse in Brücken­längs­rich­tung stark beschä­digt. Trotz der Sanierung dürfen aus stati­schen Gründen weiterhin nur Fahrzeuge bis 12 Tonnen zuläs­sigem Gesamt­ge­wicht die Brücke queren.

Der Brücken­bogen wird im oberen Abschluss von flachen Wandstreifen betont. In den Zwickeln befinden sich Blüten­re­liefs in den Formen des Jugend­stils. An den Brücken­köpfen stehen Rusti­ka­pfeiler mit Posta­menten für Laternen. Auf den Mittel­pos­ta­menten wurden einst die Verdienste von Carl Friedrich Gauß in der Landes­ver­mes­sung und der Astro­nomie durch einen Erd- und einen Himmels­globus gewürdigt. Beide Globen sind seit dem zweiten Weltkrieg ebenso wenig erhalten wie die histo­ri­schen Straßen­la­ternen. Das eiserne Brücken­ge­länder, das den Formen­schatz des Jugend­stils zeigt, und die Stuck­ar­beiten an den Stirn­mauern sind jedoch erhalten und wurden saniert. Die Gaußbrücke ist als Baudenkmal geschützt.

Fakten

Länge: 36,80 m

Breite: 11,50 m

Stütz­weite: 24,80 m

Fotos

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