Es ist Zeit für den Wieder­aufbau des Acker­hof­por­tals

Konzeptstudie des Ackerhofportals, Blick von Ölschlägern, Ecke Schlossstraße des Architekturbüros Dr. Richi+Opfermann+Partner aus dem Jahr 2004. Foto: RBS

Vor 50 Jahren wurde das Denkmal abgetragen und trotz seiner­zei­tiger Zusage der Stadt bis heute nicht wieder aufgebaut.

Es erinnert stark an eine unend­liche Geschichte: Das histo­ri­sche Acker­hof­portal, 1972 im Zuge des Horten-Baus abgetragen, fristet nun schon seit einem halben Jahrhun­dert ein trauriges Dasein auf dem Städti­schen Bauhof, dabei könnte und sollte es schon seit Jahrzehnten wieder ein wichtiger Faktor für Braun­schweigs Identität sein und das Stadtbild aufwerten. So war es jeden­falls seiner­zeit von der Stadt verspro­chen worden. Das Acker­hof­portal, das einst im Magni­viertel stand und den Eingang zum herzog­li­chen Marstall bildete, ist nie aus dem Gedächtnis der Braun­schweiger Bevöl­ke­rung verschwunden. Aktuell haben mehrere Leserinnen und Leser nach der Lektüre unseres Beitrags „Die Residenz war mehr als das Schloss“ in unserer Serie „Verschwun­dene Kostbar­keiten“ nachge­fragt, wie der aktuelle Stand ist, wann und wo das Denkmal wieder aufgebaut wird. An der Zeit wäre es.

Rekon­struk­tions- und Restau­ra­ti­ons­plan des Archi­tek­tur­büros Dr. Richi+Opfermann+Partner aus dem Jahr 2004. Foto: RBS

Stadt sieht keinen Handlungs­druck

Eine baldige Lösung für das Schmuck­stück ist dennoch nicht in Sicht. „Das ehemals am Ackerhof befind­liche Portal ist in einem guten Erhal­tungs­zu­stand. Es ist in seine Bestand­teile zerlegt, dauerhaft gesichert und einge­la­gert. Es gibt daher nach Ansicht der Verwal­tung keinen Handlungs­druck. Derzeit gibt es keine konkreten Überle­gungen zu einem Wieder­aufbau“, antwortet die Stadt­ver­wal­tung auf unsere Anfrage. Ein Wieder­aufbau am histo­ri­schen Ort in Höhe des heutigen Rizzi-Hauses als Eingang ins Magni­viertel wird offenbar aus verkehr­li­chen und auch aus stadt­ge­stal­te­ri­schen Erwägungen ausge­schlossen. Ein Wieder­aufbau des Ackerhof-Portals würde zudem mit Sicher­heit einen sehr hohen sechs­stel­ligen Betrag kosten, heißt es in der Antwort auf unsere Fragen.

Die Innen­breite des Acker­hof­por­tals beträgt 3,42 Meter, die Höhe 5,94 Meter. Es gab in der Vergan­gen­heit bereits Gedan­ken­spiele, die Zu- und Abfahrten zum Magni­viertel neu zu konzi­pieren. Das Büro Welp von Klitzing, Archi­tekten und Stadt­planer PartnerGmbH schlug 2019 eine ringför­mige Einbahn­stra­ßen­re­ge­lung vor. Mit einer so charmanten Lösung wäre die Fahrt durch das Acker­hof­portal selbst für Lastwagen einspurig problemlos möglich. Laut Straßen­ver­kehrs­ord­nung darf ein LKW einschließ­lich Ladungs­träger nicht breiter als drei Meter und nicht höher als vier Meter sein.

Grüne und SPD für Wieder­aufbau

Plan der Südan­sicht im Rahmen des Baus der Schloss-Arkaden. Foto RBS

Die Grünen hatten sich im Bezirksrat Innen­stadt 2017 für den Wieder­aufbau stark gemacht (2017) und für ihr Ansinnen eine einstim­mige Mehrheit erhalten. Helge Böttcher erklärte: „Das Acker­hof­portal ist ein Schatz, der das Stadtbild wieder sehr berei­chern kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass es entweder am ursprüng­li­chen Standort im Bereich der Einfahrt in das Magni­viertel an der Georg-Eckert-Straße, oder im östlichen Eingangs­be­reich des Viertels, am Kurt-Seeleke-Platz, wieder aufge­stellt wird.“ Ein Jahr später hatte die SPD-Ratsfrak­tion nochmals eine entspre­chende Anfrage an die Stadt gerichtet. Die Vorsit­zende des Planungs- und Umwelt­aus­schusses, Nicole Palm (SPD), hatte seiner­zeit erklärt: „Wünschens­wert wäre ein Wieder­aufbau an der histo­ri­schen Stätte am Rizzi-Haus.“

2018 hatte die Richard Borek Stiftung daraufhin bereits Visua­li­sie­rungen beim Archi­tek­tur­büro Dr. Richi+Opfermann+Partner in Auftrag gegeben und der Stadt übermit­telt. Auch im Zuge der Sanierung des Fachwerk­ensem­bles Ackerhof 2 (2019) gab es erneut Gespräche zu dem Thema mit der oben erwähnten Konzept­studie als Ergebnis. Über den Status der Prüfung und städti­schen Bemühungen auf Sparflamme ging es dennoch nie hinaus. Die Richard Borek Stiftung ist dagegen unver­drossen weiter bereit, einen Teil der entste­henden Kosten für den künftigen Wieder­aufbau zu übernehmen. Sie engagiert sich dafür seit Jahrzehnten.

Chance 2004/2005 verpasst

Die Stein­quader des Acker­hof­por­tals liegen auf dem Städti­schen Bauhof. Foto: RBS

Vielleicht am weitesten fortge­schritten waren die Wieder­aufbau-Pläne im Paket mit der Schloss­re­kon­struk­tion. Damals lagen auch für das Ackerhof-Portal fertige Rekon­struk­tions- und Restau­rie­rungs­pläne vor. Die Wieder­auf­stel­lung des Acker­hof­por­tals sollte inklusive Gründung 2004/2005 rund 250.000 Euro kosten. Im Haushalts­ent­wurf waren seiner­zeit sogar Mittel vorge­sehen, doch im tatsäch­li­chen Haushalt fehlte die Summe dann.

Der kürzlich verstor­bene Stadt­baurat Wolfgang Zwafelink erklärte dazu in einem Schreiben: „Ich teile Ihre Auffas­sung, dass die Stadt Braun­schweig aus heutiger Sicht im Jahr 1971 eine Fehlent­schei­dung getroffen hat, indem sie das ehemalige Schloss-Portal am Ackerhof Anfang 1972 abbrechen ließ. Dennoch muss ich Ihnen mitteilen, dass die Höhe der Kosten für den Wieder­aufbau des Portals unter den bekann­ter­maßen schwie­rigen Haushalts­be­din­gungen ein zurzeit so schwer­wie­gendes Argument darstellen, dem man aus histo­ri­scher, ästhe­ti­scher und stadt­ge­stal­te­ri­scher Sicht nichts Gleich­wer­tiges entge­gen­setzen kann.“ Über den Wieder­aufbau des Portals an einem geeig­neten Standort solle zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Mal wieder, und auch das ist nun schon wieder 18 Jahre her. Ein Versuch, das Portal am Städti­schen Museum auf den auf dem Kurt-Seeleke-Platz aufzu­bauen, schei­terte wegen Sicher­heits­be­denken bei Feuer­wehr­ein­sätzen.

„Verspre­chen gebrochen“

Wird abgebaut und restau­riert in der Nähe wieder errichtet, lautete die Unter­schrift zu diesem Foto von Helmuth Wesemann in der Braun­schweiger Zeitung vom 9. Dezember 1971. Foto: RBS

Zum Abbau hatte die Stadt vor 50 Jahren erklärt, dass das Portal selbst­ver­ständ­lich wieder aufgebaut werden sollte, sobald der Horten-Bau (später Galeria-Kaufhof) nach zwei Jahren fertig­ge­stellt wäre. Angebote für Abbau, Renovie­rung und Wieder­aufbau lagen bereits im Rathaus vor. 100.000 D‑Mark sollte alles zusammen damals kosten. Selbst Architekt Helge Bofinger, der das Kaufhaus geplant hatte, hatte das Acker­hof­portal bereits wieder in seinen Visua­li­sie­rungen berück­sich­tigt, übrigens auch die mit dem Portal zurück­ge­bauten Reste der einstigen Wagen­re­mise. „Verspre­chen gebrochen“, schrieb der damalige stell­ver­tre­tende Chefre­dak­teur der Braun­schweiger Zeitung, Eckhard Schimpf, im Juli 1991. Die Überschrift gilt bis heute, leider.

Fakten:

Das früh klassi­zis­ti­sche Portal wurde zwischen 1773 und 1775 vom herzog­li­chen Kammerrat Wilhelmvon Gebhardi als Allee-Eingang zum Schloss­garten des 1830 abgebrannten Schlosses „Grauer Hof“ entworfen. Zwischen 1791 und 1807 wurde es an den Ackerhof versetzt, wo es den Eingang zum Marstall bildete und seither als Acker­hof­portal bezeichnet wurde. Das einem römischen Triumph­bogen nachemp­fun­dene Portal hatte für den König von Westfalen, Jérôme Bonaparte, der in Kassel residierte, einen wuchtigen Aufsatz mit Sieges­kranz und den Insignien HNR (Hyronimus Napoleon Rex) erhalten. 1972 wurde das Portal wegen des Horten-Baus und der Anlage der Georg-Eckert-Straße abgetragen und einge­la­gert. Die Stein­quader sind numme­riert und zu etwa 80 Prozent vollzählig. Das zwischen­zeit­lich verlo­ren­ge­glaubte schmie­de­ei­serne Tor wurde 1985 zufällig in Bauschutt gefunden und restau­riert. Es lagert ebenfalls im Städti­schen Bauhof.

Das Acker­hof­portal mit schmie­de­ei­sernem Tor. Foto: Aus Hannover und Braun­schweig, Esslingen 1913

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