Käthe und ihre Schwes­tern

Renate Schäfer, Initiatorin der Ausstellung, mit einem Porträt von Käthe Loewenthal. Foto: Stiftung Prüsse
Renate Schäfer, Initiatorin der Ausstellung, mit einem Porträt von Käthe Loewenthal. Foto: Stiftung Prüsse

Bilder des aufge­henden Mondes gaben den Anstoß zu der Ausstel­lung in den Kemenaten und an anderen Orten in Braun­schweig.

Drei Bilder haben die Braun­schwei­gerin Renate Schaefer viele Jahre begleitet: Sie zeigen den aufge­henden Mond im Berner Oberland. Die „Mond-Bilder“ hingen immer über dem Bett ihrer Schwie­ger­mutter. „Die sind von Käthe Loewen­thal“, hieß es. Doch wer war diese Malerin? Und warum waren die Bilder der Schwie­ger­mutter so wichtig? Erst in den letzten Wochen ihres Lebens brach die alte Dame ihr Schweigen. Jetzt sind die „Mond-Bilder“ im Bankhaus Löbbecke zu sehen und sind ein Teil der Ausstel­lung „Käthe Loewen­thal und ihre Schwes­tern“, die noch bis zum 18. November in den Kemenaten und an anderen Orten in Braun­schweig gezeigt wird.

Den Anstoß zu der Ausstel­lung hat Renate Schaefer gegeben. Sie hat das Schicksal der jüdischen Malerin nicht mehr losge­lassen und sich auf Spuren­suche begeben. „Ich wollte alles über das Leben der Malerin wissen“, sagt Renate Schaefer. Und über das von deren Schwes­tern. Sie hat mit den Nachfahren Jürgen Friedrich und Prof. Wulf Herzo­gen­rath gespro­chen und Ausstel­lungen mit Bildern von Käthe Loewen­thal besucht, etwa im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück, in Halber­stadt und Solingen. Bei den Stiftern Karin und Jochen Prüsse hat sie mit dem Wunsch nach einer Ausstel­lung in Braun­schweig offene Türen einge­rannt.

Käthe Loewen­thal war in den 1920er Jahren eine anerkannte Künst­lerin in Deutsch­land, ihre Bilder waren in renom­mierten Museen und Galerien zu sehen. Doch sie war als Jüdin auch eine der ersten, die von den Natio­nal­so­zia­listen mit einem Malverbot belegt und verfolgt wurde. Die anderen beiden Loewen­thal-Schwes­tern waren ebenfalls künst­le­risch tätig. Susanne Ritscher malte, Agnes Schaefer, die Großmutter des Mannes von Renate Schaefer, fotogra­fierte. Die Spuren von Agnes Schaefer verlieren sich in 1930er Jahren in Griechen­land. „Über Agnes wurde kaum gespro­chen“, erinnert sich Renate Schaefer.

Jetzt sind die Fotogra­fien von Agnes Schaefer in der Jakob-Kemenate zu sehen. Portraits ihrer Kinder Wulf und Gertraudt, von griechi­schen Hirten­jungen, von einem Mönch und einem Schau­spieler. Daneben hängen stimmungs­volle Pastelle von Käthe Loewen­thal, aus dem Berner Oberland und dem Schwarz­wald, von der Schwä­bi­schen Alb und von der Insel Hiddensee. Auch Susanne Ritscher, die dritte Schwester, ist vertreten.

Die meisten Werke der Ausstel­lung stammen aber von Käthe Loewen­thal. Sie war in Bern eine Schülerin des Schweizer Malers Ferdinand Hodler, studierte bei dem Künstler Leo von König in Berlin, arbeitete im Künst­le­rinnen-Verband und bewegte sich im Umfeld des Malers Adolf Hoelzel, einem Wegbe­reiter der Moderne. Ein ungewöhn­li­cher Lebensweg für eine Frau, die im Jahr 1878 geboren wurde und im Kaiser­reich aufwuchs. „Die Widrig­keiten, als Frau überhaupt in Deutsch­land Bildende Kunst studieren zu können und die enorme Energie, sich gegen eine dominante Männer­welt zu behaupten, sind Grundzüge in den Biogra­phien der wenigen bekannten Künst­le­rinnen in dieser Zeit“, sagte Professor Wulf Herzo­gen­rath, Direktor der Sektion Bildende Kunst an der Berliner Akademie der Künste und ein Enkel von Agnes Schaefer, bei der Eröffnung der Ausstel­lung.

Leider ist nur ein kleiner Teil des Gesamt­werks von Käthe Loewen­thal erhalten geblieben. So konnte ein elfjäh­riger Nachbars­junge der Künst­lerin eine Mappe mit etwa 250 Werken, Pastellen, Aquarellen und Graphiken und Fotos von bis heute verschol­lenen Ölbildern in Sicher­heit bringen. Die Mappe lag jahrelang in einer Boden­kammer. Andere Bilder hatte der Stutt­garter Kunst­freund Albrecht Kämmerer während des Zweiten Weltkriegs versteckt, zusammen mit Werken anderer Künstler, etwa des Bauhaus-Meisters Oskar Schlemmer oder des Zeichners Willi Baumeister. Diese Bilder zerstörte jedoch ein Bomben­an­griff im Jahr 1943. Käthe Loewen­thal war bereits ein Jahr zuvor depor­tiert und im Vernich­tungs­lager Izbica in Polen ermordet worden. Den Holocaust überlebte nur ihre Schwester Susanne Ritscher.

Um den Nachlass der Künst­le­rinnen kümmert sich heute der Verein „Lebens­werk Käthe Loewen­thal“ mit dem Vorsit­zenden Jürgen Friedrich. Der Verein ist auch Leihgeber der Ausstel­lung in Braun­schweig. Für Renate Schaefer ist damit ein Herzens­wunsch in Erfüllung gegangen: „Für mich ist die Ausstel­lung ein Geschenk. Dieses Leben darf nicht vergessen werden.“

Info-Kasten
Die Ausstel­lung „Käthe Loewen­thal und ihre Schwes­tern“ ist bis Sonnntag, 18.November, in der Jakob-Kememante, in der Kemenate Hagen­brücke, im Augus­tinum Braun­schweig, im Bankhaus Löbbecke und im Haupt­bahnhof Braun­schweig zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Öffnungs­zeiten Jakob-Kemenate, Eiermarkt 1B, Montag bis Sonnabend 11 – 17 Uhr, Sonntag 12–17 Uhr, Kemenate-Hagen­brücke, Montag bis Sonnabend 11–17 Uhr, Sonntag 12 ‑17 Uhr.

Parallel zur Ausstel­lung wird ein Begleit­pro­gramm mit Führungen und Vorträgen angeboten, unter anderem von Jürgen Friedrich, dem Vorsit­zenden des Vereins „Lebens­werk Käthe Loewen­thal.

Es gibt einen reich bebil­derten Katalog zum Preis von 10 Euro.

Die Termine für Führungen und Vorträge finden sich auf der Inter­net­seite unter www.kemenaten-braunschweig.de/veranstaltungen.

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